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[ 04. Jun 2002 ]

Freispruch für den Polizisten, der Imre B. erschoss

Am Dienstag, 4. Juni 2002 fand der Prozess gegen den Polizisten statt, der am 19. Mai 2002 Imre B. erschoss. Nach zweistündiger Verhandlung und Befragung von zwei Zeugen wurde der beschuldigte Polizist schließlich vom Vorwurf der "fahrlässigen Tötung" von Richterin Anja Zisak am Bezirksgericht Fünfhaus in Wien freigesprochen. Der Staatsanwalt legte Nichtigkeitsbeschwerde ein, das Urteil ist nicht rechtskräftig.

 

Die Richterin erwähnte bei ihrer Urteilsverkündung, dass die Beamten sich in einer Suchtgiftamtshandlung befanden (Anm: weder bei dem Toten noch in seinem Auto wurde Suchtgift gefunden) und erwähnte noch mal die Anklage, in der festgehalten wird, dass der Beamte den Finger fahrlässig am Abzug gehalten hätte. Eingen Angaben zufolge - es gibt keine weiteren ZeugInnen - hätte der Beamte, der Imre B. erschoss, den gekrÃŒmmten Finger nicht am Abzug gehabt, sondern die Waffe mit gestrecktem Finger gehalten. Es könne jedenfalls nicht nachgewiesen werden, dass der Finger am Abzug war.
"Wo der Finger am Abzug war, kann nur der Beschuldigte sagen. Und dass es so einen Reflex gibt, wurde in einem Gutachten bewiesen," meinte die Richterin.
Der Sachverständige Wolfgang Denk hätte eindeutig bestätigt, dass es zu Reflexen kommen kann. Es sei daher nicht auszuschließen, dass der Angeklagte beim Öffnen der Türe reflexmäßig abgedrückt hätte und "keineswegs bewusst".

Als Begründuing für den Freispruch gab die Richterin an, dass die Strafprozessordnung (StPO) eine strenge Beweislast verlange. Wenn nicht ohne Zweifel entschieden werden könne, bliebe nur ein Freispruch.

Lediglich der Umstand, dass der Angeklagte Imre B. nicht mit der Dienstwaffe, sondern mit seiner Privatwaffe erschossen hat, zeige einen "nicht ganz sorgfältigen Gebrauch mit Waffen."


Zivilrechtsklage gegen Republik Österreich

Die Kinder von Imre B. (11 und 13 Jahre) schlossen sich als Privatbeteiligten der Klage gegen den Beamten mit einer Forderung von 1.000 Euro Schmerzensgeld und Unterhaltsleistungen an. Ihr Vater Imre B. war zur Unterhaltleistung verpflichtet und kam dieser bis zu seinem Tod auch nach.
Die anwältin der Kinder verfügt vor Gericht als Opfervertreterin über so gut wie keine Rechte und ist nicht befugt, Einspruch gegen das Urteil zu erheben. Sie hätte nicht einmal einen Akt gehabt und gab auch an, dass die Anklage auf fahrlässige Tötung die minimalste Anklage in diesem Fall sei.
Da der Strafrahmen nur ein Jahr ausmachte, fand die Verhandlung an einem Bezirksgericht und nicht am Straflandesgericht statt.
Die anwältin kündigte jedenfalls an, eine Zivilrechtsklage gegen die Republik Österreich zu führen, um zumindest den Anspruch auf Unterhalt für die Kinder zu erstreiten. Die Republik Österreich haftet als Dienstgeberin des Todesschützen bei Amtshandlungen.