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[ 21. Apr 2012 ]

Aufruf zur Romaria - Wallfahrt in Solidarität mit Flüchtlingen

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Heraus zur Romaria 2012! Wallfahrt in Solidarität mit Flüchtlingen am Samstag, 28. April 2012

 

Die Idee der "Romaria - Wallfahrt in Solidarität mit Flüchtlingen" kommt aus Brasilien, wo die Landlosenbewegung MST (portugiesisch: Movimento dos Trabalhadores Rurais Sem Terra) derartige Wallfahrten mit tausenden Teilnehmer_innen abhält, um solidarisch für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung einzutreten. Die seit über 25 Jahren existierende MST kämpft vor allem gegen die extrem ungleiche Verteilung des Bodens, aber sie wendet sich auch gegen die Politik von internationalen Konzernen und westlichen Regierungen.

"Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört!"

Was aber hat dies mit Prekarisierung und Migration hierzulande zu tun? Sehr viel! Nicht zuletzt jene Politik ist es, welche die Lebensgrundlagen vieler Menschen im globalen Süden zerstört: sowohl über die Ausbeutung von Bodenschätzen (apropos: unsere Wallfahrt beginnt in Schwechat, an dieser Stelle sei an die Rolle der OMV z.B. im Sudan erinnert) als auch über die Politik der Verschuldung und Strukturanpassungsprogramme durch IWF und Weltbank. Angesichts solcher neokolonialen Verhältnisse ist es nur allzu verständlich, wenn Menschen aus ihren Ländern ausziehen, um ihren Anteil an Glück und materieller Sicherheit einzufordern!

Hier aber, in den reichen Ländern des Nordens, werden sie - so sie die Grenze der europäischen Frontex-Union mit ihren militärischen Sicherungsanlagen überwunden haben - nicht selten alleine aufgrund ihrer Anwesenheit für "illegal" erklärt. Der Zugang zum Arbeitsmarkt wird ihnen versperrt, ein Abdrängen in die Schattenökonomie ist die Folge. Undokumentierte Arbeit - d.h. arbeiten ohne Arbeits- und/oder Aufenthaltspapiere - bleibt vielfach die einzige Möglichkeit der Existenzsicherung. Doch undokumentierte Arbeit ist unsicher, schlecht bezahlt und gefährlich. Miserable Entlohnung, fehlende soziale Absicherung und massive Willkür seitens der "Arbeitgeber_innen" stehen an der Tagesordnung.

Paradebeispiele prekärer Lebens- und Arbeitsverhältnisse

Wer in einem rechtlichen Graubereich lebt und arbeitet, ist zudem ständig von Polizeikontrollen und oft von Schubhaft und Abschiebung bedroht. Gleichzeitig verdienen andere gut daran: Undokumentiert arbeitende Migrant_innen sind notwendig für das Funktionieren "unserer" Ökonomie. Viele wirtschaftliche Bereiche würden ohne migrantische Arbeit von heute auf morgen zusammenbrechen. Finanziell darauf angewiesen erlaubt andererseits auch noch die schlechteste Arbeit einen minimalen Grad an Autonomie.

Kein Mensch ist illegal, Bleiberecht jetzt!

So wie Landarbeiter_innen zu Besetzungen greifen, um auf prekäre Lebensbedingungen aufmerksam zu machen, haben in Europa sogenannte "Papierlose" - also Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus - wiederholt auf ähnliche Aktionsformen zurückgegriffen und Kirchen besetzt, um auf die durch Asyl- und sogenannte Fremdengesetze diskriminierende Lebenssituation in eigenen Worten hinzuweisen. Auch das Kirchenasyl, als Mittel von engagierten Kirchengemeinden selbst, hat in den vergangen Jahren in verschiedenen Ländern Europas die Abschiebung zahlreicher Familien in menschenunwürdige Lebensbedingungen verhindert.

2011 hat die Superintendentin der Diözese Salzburg und Tirol, Luise Müller, dem akut von Abschiebung bedrohten Lamin Jaiteh Kirchenasyl gewährt. Ein paar Jahre zuvor erlangte der Pfarrer von Ungenach, Josef Friedl, Bekanntheit, weil er Arigona Zogaj Unterschlupf gewährt hatte. Darüber hinaus sind Formen des "stillen Asyls" in zahlreichen Gemeinden in Österreich gelebte Praxis. Denn die Verschärfungen im Fremdenrecht und in Folge die Entrechtung von Flüchtlingen schreiten in Österreich, wie der gesamten EU, munter voran. So bleibt für Betroffene genauso wie für engagierte Bürger_innen selbst in einem der reichsten Länder der Welt oftmals als einziger Ausweg, Ungehorsam zu leisten und Gesetze dort zu brechen, wo Recht zu Unrecht wird.

Heraus zur Romaria 2012!

Vor diesem Hintergrund schließen wir uns dem Aufruf zur "Romaria 2012" an, die dieses Jahr bereits zum dritten Mal in Niederösterreich stattfindet. Initiiert von vornehmlich religiös motivierten Aktivist_innen, soll die Initiative zukünftig auch verstärkt von Gruppen und Einzelpersonen mitgetragen werden, deren antirassistisches Engagement sich aus anderen Motiven speist. Im Geiste der Kämpfe der MST für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung sollen darüber nicht bloß die Auseinandersetzungen um Prekarisierung und Migration auf eine breitere soziale Basis gestellt werden. Aus solidarischer und internationalistischer Perspektive möchten wir auch den Dialog zwischen den verschiedenen, in diese Auseinandersetzungen involvierten Akteur_innen - allen voran freilich den unmittelbar Betroffenen selbst - vertiefen. In diesem Sinn: Heraus zur "Romaria 2012"!


// Treffpunkt für die Wallfahrt:
Samstag, 28. April 2012, 8:00 Uhr, Pfarrkirche Schwechat (Hauptplatz 5)
Das genaue Programm der "Romaria - Wallfahrt in Solidarität mit Flüchtlingen" findet sich unter: http://www.fluechtlingswerk.at/files/romaria_2012.pdf
Es ist auch möglich, nur ein Stück des Weges mitzugehen!

// Treffpunkt für eine gemeinsame Anfahrt aus Wien:
Samstag, 28. April 2012, 7:30 Uhr, Praterstern (S7, Bahnsteig 3)

// Unterzeichner_innen dieses Aufrufs:
Beratungszentrum für Migranten und Migrantinnen (www.migrant.at)
Deserteurs- und Flüchtlingsberatung (www.deserteursberatung.at)
grundrisse. zeitschrift für linke theorie & debatte (www.grundrisse.net)
PrekärCafé (www.prekaer.at)
Aktivist_innen von no-racism.net (www.no-racism.net)

// Unterstützer_innen der Wallfahrt:
Caritas St. Gabriel, Caritas Haus Amadou, Caritas Karwan Haus, Evangelische Pfarrgemeinde Mödling, IMpulsLEBEN, Internationaler Versöhnungsbund, Katholische Jugend der Erzdiözese Wien, Katholische Jungschar Österreichs, Muslimische Jugend Österreich, PrekärCafè, Pfarrnetzwerk Asyl (Pfarre Alxingergasse, Pfarre Hernals, Pfarre Inzersdorf - Don Bosco, Pfarre St. Nepomuk und Pfarre Schwechat), Sale für Alle, Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis, Steyler Missionsschwestern.

Aufruf unterstützt von einigen Aktivist_innen von no-racism.net