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[ 04. Nov 2003 ]

Verfassungsgerichtshof hebt UVS-Bescheid auf: Rassismus-Vorwurf war nicht ernst genommen worden

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat ein angesichts der rassistischen Diskussionen über "SchwarzafrikanerInnen und Drogen" interessantes Erkenntnis gefällt. Ein Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien (UVS) wurde aufgehoben, mit dem die Beschwerde einer Frau abgewiesen wurde, die angegeben hatte, oftmalige Drogenkontrollen seien rassistisch motiviert gewesen. Der UVS habe gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, hielt der VfGH fest.

 

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat ein angesichts der rassistischen Diskussionen über "SchwarzafrikanerInnen und Drogen" interessantes Erkenntnis gefällt. Ein Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien (UVS) wurde aufgehoben, mit dem die Beschwerde einer Frau abgewiesen wurde, die angegeben hatte, oftmalige Drogenkontrollen seien rassistisch motiviert gewesen. Der UVS habe gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, hielt der VfGH fest.

Eine in Ghana geborene Frau, die seit 20 Jahren in Österreich lebt und seit fünf Jahren Staatsbürgerin ist, war im Juni 2001 mit ihrer vierjährigen Tochter im Zug aus den Niederlanden nach Wien unterwegs - und wurde im Zug, im Wachzimmer am Bahnhof und per Rüntgen im Spital auf Drogen kontrolliert, immer mit negativem Ausgang. Schon bei früheren Reisen mit diesem Zug war sie vier Mal kontrolliert worden, nie wurden Drogen gefunden.

Mit der Begründung, die Kontrollen seien offenbar nur wegen ihrer Hautfarbe und ihrer Herkunft durchgeführt worden, erhob die Frau (und das Kind) beim UVS Beschwerde wegen rassischer Diskriminierung. für den UVS war diese aber nicht gegeben: Die Kontrollen seien darauf zurückzuführen, dass sie binnen einiger Monate denselben Zug vier Mal benützt habe, ohne dass sie dafür eine plausible Begründung habe nennen können, meinte der UVS.

Die Frau wandte sich an den VfGH - und dieser stellte fest: Der UVS habe "Willkür geübt" und damit das Recht der Gleichheit aller StaatsbürgerInnen vor dem Gesetz verletzt. Die Beweise, die von grundlegender Bedeutung für den Vorwurf der rassischen Diskriminierung waren, habe der UVS nämlich gänzlich unbeRücksichtigt gelassen - und gleichzeitig seien die Sachverhaltsdarstellungen, mit denen dieser Vorwurf widerlegt werden sollte, aktenwidrig. Es sei "unverständlich", dass der UVS in seiner Rechtfertigung die Behauptung in den Raum gestellt habe, "der Hinweis auf einen Zusammenhang der bekämpften maßnahmen zwischen Hautfarbe und Einschreitungsgrund entbehre jeder Grundlage", heißt es im VfGH-Erkenntnis.

Die Beamten selbst hätten nämlich in der Verhandlung beim UVS über ihr Einschreiten im Zug erklärt: "Zunächst auf Grund von Erfahrungswerten; sehr viele Schwarzafrikaner wurden auf dieser Strecke schon angetroffen. Gemeint ist damit wegen Suchtgiftdelikten, falschen Dokumenten..." Und: "Einer der Gründe für unser Einschreiten war sicherlich auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin Schwarzafrikanerin ist, denn im Vorjahr waren unter den acht gestellten "bodypacker" insgesamt sieben Schwarze."

Das hatte der UVS ignoriert. für ihn sind die Kontrollen durch die häufigen Reisen nach Holland erklärt - für die es keine plausible erklärung gebe. Eine solche gab es laut VfGH allerdings doch: Die Frau selbst teilte mit, dass sie Freunde besuchte. Daran erinnerte sich auch einer der Beamten in der Verhandlung beim UVS - laut der Niederschrift. Im Bescheid steht anderes zu lesen: Der Beamte habe gesagt, sie habe Reisezweck und -ziel nicht genau angeben können. Das sei, so der VfGH, "aktenwidrig". Und dezidiert stellt das Höchstgericht fest: "Es kann im Übrigen dahinstehen, ob - wovon der UVS auszugehen scheint - eine wiederkehrende Reisetätigkeit für sich allein bereits das Einschreiten der Organe zu rechtfertigen vermag."

Nachdem der VfGH den Bescheid aufgehoben hat, muss sich der UVS nun noch einmal mit den Beschwerden der Frau und ihrer Tochter beschäftigen.