ÖFFIS für ALLE! - Offener Brief an den FSW (Fond Soziales Wien) und die Wiener Linien von der IG DaF/ DaZ/ Basisbildung.
Wir, ein Zusammenschluss von Kursleiter_innen für Deutsch als Fremdsprache und Zweitsprache sowie der Basisbildung, die sowohl an verschiedenen Wiener Erwachsenenbildungseinrichtungen als auch ehrenamtlich tätig sind, erleben, dass seit Herbst 2015 viel mehr Deutschkurse nachgefragt werden als abgehalten - und erst recht als öffentlich finanziert - werden.
Abgesehen davon müssen wir leider feststellen, dass für viele Kursteilnehmer_innen die Fahrtkosten für öffentliche Verkehrsmittel eine finanzielle Belastung darstellt, was den regelmäßigen Besuch des Kurses gefährdet. Nicht selten sind Kursteilnehmer_innen gezwungen, längere Fußmärsche auf sich zu nehmen, um in den Deutschkurs oder an andere Orte zu gelangen. Da sich Menschen im laufenden Asylverfahren keine Zeitkarten leisten können, sind sie vielfach auf Fahrscheinspenden (siehe laufende Spendenaufrufe der diversen Hilfsorganisationen) angewiesen. Im besten Fall werden den Teilnehmer_innen die Kosten rückerstattet. Die damit verbundene bürokratische Prozedur übersteigt sowohl für die Betroffenen wie auch für die Betreuer_innen in den Notquartieren ein zumutbares Ausmaß.
Wir begrüßen die aktuell laufenden Verhandlungen zwischen FSW (Fond Soziales Wien) und den Wiener Linien und appellieren an dieser Stelle die Forderung nach FREIFAHRT möglichst schnell umzusetzen. Dabei geht es keinesfalls darum, eine ökonomisch benachteiligte Gruppe gegen die andere auszuspielen. Es ist völlig unrealistisch, dass Menschen, denen jeglicher Zugang zum Arbeitsmarkt oder der Anspruch auf Mindestsicherung verwehrt wird, für ihre Mobilität finanziell selbst aufkommen müssen.
Die Stadt Wien rühmt sich selbst als "Menschenrechtsstadt", die ihren Angaben nach auch den Bereich der "Mobilität" umfasst. Daher wäre ein Schritt in diese Richtung unseres Erachtens die Umsetzung der Freifahrt, anstatt sich einer rechten Politik zu beugen, die auf Hetze und (strukturellem) Rassismus aufbaut. Soziale Politik muss solidarisch gestaltet werden, sodass alle Menschen die hier leben, an der Gesellschaft teilnehmen können.
Als DaF_Z-Lehrende, Kursteilnehmer_innen, solidarische Menschen und Initiativen fordern wir Lösungen für die vielen anstehenden Probleme der Menschen, die sich im offenen Asylverfahren befinden auf struktureller bzw. politischer Ebene. Dazu gehört u.a. die Aufhebung des Erwerbsarbeitsverbots, Recht auf Mindestsicherung, die Entschärfung der Quartiersfragen, die Anerkennung der mitgebrachten Kompetenzen, etc…
Herausgreifen wollen wir das Recht auf Sprach(en)erwerb. Es stellt eine wichtige Voraussetzung für die Teilhabe an der Gesellschaft dar. Das Menschenrecht auf Bildung wird unnötig erschwert, wenn entsprechende Mittel zur Mobilität und Bewegungsfreiheit nicht gegeben sind.
Zugleich glauben wir, dass kommunale Servicebetriebe, die im öffentlichen Eigentum stehen, der Öffentlichkeit in ihrer Gesamtheit zur Verfügung stehen müssen. Grundsätzlich treten wir für die Freifahrt aller von Armut betroffenen Menschen unabhängig von Herkunft und Aufenthaltsstatus für alle öffentlichen Verkehrsmitteln ein.
Wir fordern die verantwortlichen Stellen auf, die laufenden Verhandlungen mit einem Resultat abzuschließen, das den Kursteilnehmer_innen die notwendige Mobilität ermöglicht. Hierbei darf keine Rücksicht auf jene Reaktionen von Teilen der Bevölkerung und der Hassposter-Gemeinde genommen werden, die Rassismus und Vorurteile schüren!
Vorgeschobene Ängste sind keine Argumente!
ÖFFIS SIND FÜR ALLE DA!
BILDUNG UND MOBILITÄT FÜR ALLE!
AN:
kontakt (at) fsw.at
post (at) wienerlinien.at
CC:
post (at) bmi.gv.at
buergerservice (at) bmi.gv.at
pressestelle (at) bmi.gv.at
menschenrechtsbuero (at) post.wien.gv.at (Menschenrechtsbüro der Stadt Wien)
karin.koenig (at) wien.gv.at (Abteilung Integration und Diversität (MA 17)