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[ 07. Jun 2004 ]

StudentInnen besetzen ehemaliges Facultas-Gebäude in Wien

Heute besetzten Studierende räumlichkeiten im Hof 1 des Campus der Universität Wien. Die räume wurden durch den Auszug der Facultas Universitätsbuchhandlung frei.

 

"Wir schaffen einen Ort, an dem Denken Platz hat, das nicht der Verwertungslogik der wirtschaftsdiktierten "WeltklasseUniversität" unterworfen ist. Wir wollen Raum für eine kritische Auseinandersetzung mit gesamtgesellschaftlichen Zusammenhängen jenseits des unreflektierten Weitertradierens des wissenschaftlichen Mainstreams."


Es soll versucht werden ein Gegenmodell zu hierarchischen Ausbildungsstrukturen zu schaffen, ein plurales Forum, in dem Widersprüche zugelassen und gesucht werden, in dem sozio-ökonomische und kulturelle Prozesse analysiert und kontroversiell diskutiert werden. für uns ist diese Auseinandersetzung nicht bloße Betrachtung abstrakter Prozesse, die uns nur als ZuschauerInnen interessieren. Theorie und Praxis stehen in direktem Zusammenhang - die theoretische Analyse soll Anleitung und Ausgangspunkt für emanzipatorisches Handeln sein, so die BesetzerInnen in einer Aussendung.

Zur Situation an der Universität Wien


"Die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei", heißt es in großen Lettern am Stiegenaufgang des Neuen InstitutsGebäudes. Die Freiheit die hier gemeint ist, kann wohl kaum die Freiheit kritischen Denkens sein. Die einzige Freiheit, die wir auf der Uni Wien erkennen können, ist die grenzenlose Freiheit des Marktes und damit die Unterwerfung des Denkens unter Profitmaximierung und Verwertbarkeitszwang.

Dies zeigt sich unter anderem in
- der Zunahme kommerzieller Werbung bis in die hörsÀle,
- der Exklusion großer Gruppen von Menschen von universitärer Bildung
durch Studiengebühren,
- der Anpassung von Lehrveranstaltungen an die Bedürfnisse des Kapitals
- der Beschneidung studentischer Mitbestimmung.

Die BesetzerInnen wollen mit der Besetzung des ehemaligen Facultas-Gebäudes und der geplanten Etablierung einer kritischen, selbstorganisierten Uni dieser Entwicklung entgegensteuern. Unserer Ansicht nach muss eine Universität sich gesamthaft mit den herrschenden Strukturen kritisch auseinandersetzen. Damit niemand vom Dialog ausgeschlossen wird, muss ein Raum geschaffen werden, der Allen zugänglich ist .

Eine kritische Universität


Seit vielen Jahren kämpfen Studierende für eine Demokratisierung der Universität. Zur Zeit scheint es, als ob bereits Errungenes wieder zersTürt wird. Das Universitätsgesetz 2002 und der Organisationsplan haben die bisher zumindest teilweise vorhandenen Mitspracherechte der Studierenden wie auch der Lehrenden und Forschenden abgeschafft und die Entscheidungsstrukturen der Universität zentralisiert.

Die Institute und ihre Angehörigen sind dem Diktat eines immer autoritärer agierenden Rektorates unterworfen und die Hierarchie zwischen Lehrenden und Studierenden wird noch verschärft anstatt sie endlich abzuschaffen. Auch wird keinerorts die Frage gestellt wer mittlerweile überhaupt noch die Möglichkeit hat, eine Universität zu besuchen.

spätestens seit den Studiengebühren können immer weniger Menschen studieren. Anstatt dies kritisch zu beleuchten und Rahmenbedingungen zu schaffen, die wirklich Allen den Zugang zum Studium ermöglichen, werden diese offensichtlichen Zugangshörden nicht nur aufrechterhalten sondern noch verschärft.

Selbstreflexion der Universität und ihrer gesellschaftlichen Funktion wird dadurch unmöglich gemacht: an der Universität wird alles erforscht, außer was "Universität" sein soll - und sein kann!

In der "Kritischen Universität" soll in den Blick geraten, was ohnehin augenscheinlich ist, aber nicht gesehen werden will. Ohne Bevormundung und Einschränkung durch ökonomische und außerökonomische ZwÀnge soll der gesellschaftliche Status quo analysiert und Alternativen entworfen werden.

Anm. no-racism.net: Nach massiven Räumungsdrohungen von Seiten eines Facultas-Vertreter wurde die Besetzung nach einigen Stunden beendet.