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[ 18. Nov 2004 ]

Zum Konrad Lorenz Kommers: Vogerltanz der Braunen

Konrad Lorenz

In Biologie Schulbüchern wird er oft zitiert, in der Öffentlichkeit hoch gelobt, bekannt ist er als Verhaltensforscher und Nobelpreisträger. In dieses Strahlemann-Image passt weniger, dass nun rechtsextreme Burschenschaften einen eigenen Kommers für den Wissenschafter abhalten.

 

Dass dies manche verwundert liegt wohl auch daran, dass gewöhnlich verdrängt wird, welche Ideologie Konrad Lorenz in seinen Arbeiten bedient hat. Gerade an seinem Beispiel zeigt sich, wie Kontinuitäten aus der Nazizeit unhinterfragt in der zweiten Republik weitergefuehrt werden konnten, und dass es niemals eine hinreichende Auseinandersetzung mit der Ideologie des Nationalsozialismus gab.

Entnazifizierung?


Das Beispiel von Konrad Lorenz zeigt nur zu deutlich, wie "gründlich" in Österreich entnazifiziert wurde. In der speziellen Österreichischen Nachkriegsordnung, die auf Verdrängen und Verdecken aufgebaut wurde, konnten Nazikarrieren in allen Bereichen beinahe nahtlos fortgesetzt werden. Zum Beispiel Heinrich Gross, der - trotz seiner Beteiligung an der Ermordung hunderter Kinder - eine Karriere als Gerichtsgutachter und Neuropathologe machte. Ein wenig bekannter Aspekt dieser Karriere ist die weitere "wissenschaftliche" Verwertung der Gehirne von Euthanasieopfern, die Heinrich Gross bis in die 70er-Jahre systematisch betrieb.

Viele Fakten über Lorenz" Nazivergangenheit sind spätestens seit der Kritik an der Verleihung des Nobelpreises 1973 an ihn bekannt. Trotzdem genoss und geniesst der Forscher weiterhin grosse Sympathien in weiten Teilen der Bevoelkerung. Als Rassenhygieniker liebt ihn die Rechte, als Umweltschuetzer haben ihn manche ökoaktivistInnen ins Herz geschlossen und als Mitbegründer der Vergleichenden Verhaltensforschung geniesst er nach wie vor Anerkennung in der Wissenschaft. Jegliche Kritik an Konrad Lorenz wird sofort zurückgeschmettert und diffamiert - so bezeichnete z.B. Bernd Loetsch, Umweltaktivist und Generaldirektor des Naturhistorischen Museums, KritikerInnen von Lorenz als "politische Amokläufer".

Und gerade weil Konrad Lorenz noch immer als der "gute Onkel" gilt, der mit den Tieren sprach, muessen die Fakten auf den Tisch:

Lorenz hegte sehr früh Begeisterung fuer den Nationalsozialismus, was durch zahlreiche von ihm geschriebene Artikel und durch persönliche Briefe dokumentiert ist. Seine Euphorie - und nebenbei wohl die Hoffnung, durch die Nationalsozialisten einen Karriereschub zu erhalten - fand im Juni 1938 durch die von ihm beantragte NSDAP-Mitgliedschaft ihren Ausdruck. Tatsächlich waren ihm Kontakte in die NS-Maschinerie nützlich: So liess er einen anderen Wissenschafter, der - so Lorenz - "Propaganda für Kreuzung von Menschenrassen", also "Rassenschande en gros" betrieb, ausschalten, in dem er ihn eiskalt mit dem Ziel, ihn mundtot zu machen, denunzierte. Nach 1945 leugnete Lorenz seine NSDAP-Mitgliedschaft - wie soviele andere ÖsterreicherInnen mit ihm.

"Ausmerzung ethisch Minderwertiger"


Doch die ideologische Nähe seiner Arbeit zum Nationalsozialismus ist - trotz seiner gegenteiligen Beteuerungen - nicht schwer auszumachen. Mit seinen Schriften lieferte er auch eine "wissenschaftliche" Rechtfertigung für das nationalsozialistische Euthanasieprogramm. Im Jahr 1940, in dem er zum Ordinarius fuer Psychologie an die Universitaet Künigsberg berufen wurde, schrieb er seine überlegungen zur "Degeneration bei Tier und Mensch" in dem Artikel "Durch Domestikation verursachte STürungen arteigenen Verhaltens" nieder. Darin schreibt er dezidiert von der "Ausmerzung ethisch Minderwertiger". Diese "Nebenmenschen" seien einer "Verhaustierung" ausgesetzt, was zu "Ausfaellen an Instinkthandlungen" fÃŒhre. In der Natur wuerden solche "Ausfallsmutanten" gnadenlos ausgemerzt werden, was in künstlichen Situationen verhindert sei. Deshalb muesse der "Volksarzt", wie es Lorenz nennt, "minderwertiges Menschenmaterial aus dem gesunden Volkskoerper schneiden". Doch gleichfalls würden die "gesunden Gefühle unserer Besten" eine "naTürliche Auslese" erzeugen. Schlussfolgernd meint Konrad Lorenz noch: "Der rassische Gedanke als Grundlage unserer Staatsform hat schon unendlich viel in dieser Richtung geleistet."

Als Lorenz 1973 in einem Interview auf diese Zitate angesprochen und damit konfrontiert wurde, dass dieser nach wie vor über "sozial minderwertiges Menschenmaterial" rede, reagierte er folgendermassen:

Jules Huf: Es gibt doch kein minderwertiges Menschenmaterial.
Konrad Lorenz: Doch.
Jules Huf: Ein Mensch ist doch niemals minderwertig.
Konrad Lorenz: Das würde ich leugnen. Ein Mensch mit ethischen
Verfallserscheinungen, deren es heute enorm viele gibt, ist tatsächlich wertphilosophisch nicht dasselbe wie ein vollwertiger, Anständiger Mensch.(...)


Die Karriere nach 1945


Nach der Niederlage des Nationalsozialismus konnte der Forscher an viele seiner Gedankengänge anknuepfen, freilich mit einer etwas entschärften Sprache und weniger ambitioniert für eine Eugenik streitend. Lorenz versuchte immer wieder, seine Nazivergangenheit mit dem Verweis auf seine Naivitaet herunterzuspielen. So schreibt er etwa in "Leben ist Lernen":

"Ich habe gehofft, dass der Nationalsozialismus etwas Gutes bringen wird, nämlich in Bezug auf die Hochschaetzung der biologischen Vollwertigkeit des Menschen, gegen Domestikation usw. Dass die Leute "Mord" meinten, wenn sie "ausmerzen" oder wenn sie "Selektion" sagten, das habe ich damals wirklich nicht geglaubt."

Er distanzierte sich damit aber nur von der Wortwahl, in keiner Weise jedoch vom Inhalt seiner Artikel. Stattdessen verteidigte er unaufhörlich seine Degenerationslehre, die er der Domestikation zuschrieb: dabei gleiche der Stadtmensch dem degenerierten Haustier. Der von ihm ausgemachte schönheitsinstinkt - ein angeborenes schönheitsempfinden - weist nicht zufÀllig in die Richtung des vom Nationalsozialismus propagierten schönheitsideals.

In seinem Buch "Die acht Todsünden der zivilisierten Menschheit" bedauert Lorenz 1971 den "genetischen Verfall" durch mangelnden "Selektionsdruck", sieht die "rebellierende Jugend" als soziale Parasiten und bemÀngelt das "Abreissen der Tradition".

Alles im allempredigt Lorenz ein faschistoides Menschenbild, in dem stramme naturverbunde Männer und Frauen "jene Freude" erleben, "die durch herbe Anstrengung beim überwinden von Hindernissen gewonnen werden kann" und
ihre Wünsche und Ziele hinter das Ueberleben der Gattung reihen. Er vertritt eine vollkommene fortschritts- und technikfeindliche Ideologie und sieht das Heil in Traditionen und Natur.

Der beliebteste Wissenschaftler Österreichs


Seine "Liebe zur Natur" machte ihn zum grossen Vorbild und Mitstreiter der Ökologiebewegung. Und so wurde der "Vater der GraugÀnse" auch noch zum - zumindest namentlichen - Vater des Volksbegehrens für die Hainburger Au. Seine häufigen Radio und Fernsehauftritte und seine darin vermittelten populaerwissenschaftlichen Inhalte machten ihn in Österreich zu dem wohl bekanntesten und beliebtesten Wissenschafter.

Seine "erdige" Art und die Tatsache, dass er als "echter" Österreicher einen Nobelpreis sein Eigen nennen durfte, erfüllt noch heute die Herzen der Österreicher mit Stolz und Patriotismus. Von seiner Rolle im Nationalsozialismus will fast niemand etwas wissen, und wenn doch jemand darüber das Schweigen bricht, dann wird sie/er brÃŒsk zurechtgewiesen. Auch Lorenz und seine Jünger liessen sich nicht lumpen und beschimpften KritikerInnen als "Drecksschleudern" und "Gsindel".

Warum diese Weigerung? Ist es, weil das Ansehen eines Volkshelden nicht beschmutzt werden darf? Oder vielleicht, weil in diesem Land noch immer zu viele den Theorien von Konrad Lorenz einiges abgewinnen koennen? Vielleicht hatte Konrad Lorenz doch recht, als er schrieb:" Ich glaube, wir Oesterreicher sind die aufrichtigsten und ueberzeugtesten Nationalsozialisten ueberhaupt!"

Konrad Lorenz im O-Ton


Aus dem Antrag von Konrad Lorenz zu seiner Aufnahme in die NSDAP:
Ich war als Deutschdenkender und Naturwissenschaftler selbstverstaendlich immer Nationalsozialist und aus weltanschaulichen Gründen erbitterter Feind des schwarzen Regimes (nie gespendet oder geflaggt) und hatte wegen dieser auch aus meinen Arbeiten hervorgehenden Einstellung Schwierigkeiten mit der Erlangung der Dozentur. Ich habe unter Wissenschaftlern und vor allem Studenten eine wirklich erfolgreiche Werbetätigkeit entfaltet, schon lange vor dem Umbruch war es mir gelungen, sozialistischen Studenten die biologische UnMöglichkeit des Marxismus zu beweisen und sie zum Nationalsozialismus zu bekehren. Auf meinen vielen Kongress- und Vortragsreisen habe ich immer und ueberall mit aller Macht getrachtet, den lügen der juedisch-internationalen Presse über die angebliche Beliebtheit Schuschniggs und über die angebliche Vergewaltigung Oesterreichs durch den Nationalsozialismus mit zwingenden Beweisen entgegenzutreten. Dasselbe habe ich allen ausländischen ArbeitsGästen auf meiner Forschungsstelle in Altenberg gegenueber getan. Schliesslich darf ich wohl sagen, dass meine ganze wissenschaftliche Lebensarbeit, in der stammesgeschichtliche, rassenkundliche und sozialpsychologische Fragen im Vordergrund stehen, im Dienste Nationalsozialistischen Denkens steht!

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