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[ 05. Dec 2004 // letzte änderung: 06. Dec 2004 ]

Massive Polizeipräsenz bei KPÖ-Parteitag

KPÖ-Finanzchef Graber mit zwei Polizeibeamten

Einige AktivistInnen die im Rahmen des KPÖ Parteitags in Linz auf den Verkauf des EKH an rechtsextreme aufmerksam machen wollten, wurden von KPÖ-OrdnerInnen teilweise unter Einsatz von körpergewalt daran gehindert. Die KPÖ Verantwortlichen rechtfertigen den Polizeieinsatz.

 

Ca. 20 Menschen besuchten am Samstag, 4. Dezember 2004 um ca. 14:30 den 33. Parteitag der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) im Volkshaus Linz Ebelsberg. Sie wollten damit auf den durch die Spitze der KPÖ durchgeführten Verkauf des Ernst Kirchweger Hauses (EKH) aufmerksam machen und die versammelten Delegierten über die Machenschaften der ParteiFührung informieren und zur Rede stellen.

Als die AktivistInnen das Volkshaus betraten, stellten sich einige Parteimitglieder, die als OrdnerInnen abgestellt wurden, den BesucherInnen entgegen. Die zwei Türen, die zum Sitzungssaal führten, wurden blockiert. Einige AktivistInnen wurden unvermittelt mit dem Einsatz von zum Teil massiver körpergewalt am Eindringen gehindert.

KPÖ ruft Polizei - schon wieder...


KPÖ-Finanzchef Graber rief die Polizei, die ohnehin das Volksheim observierte. Schnell sammelte sich Verstärkung vor dem Gebäude. Einige Beamte waren von nun an jedoch im Eingangsbereich des Volkshauses anwesend, was den großteil der DelegiertInnen offensichtlich nicht sTürte.

KPÖ-Pressesprecher Didi Zach zum Polizeieinsatz: "Polizei-Patroullien hab ich auch schon bei SP-Parteitagen, bei öGB-Kongressen etc. gesehen - und ausserdem lassen sich ja weder KPÖ-Mitglieder noch "FreundInnen des EKH", wie wir alle ja vielfach unter Beweis gestellt haben, durch "die Freunde und Helfer" verängstigen. Dass die Angelegenheit schließlich ohne Einschreiten der Polizei geregelt werden konnte, war nicht zuletzt der Geduld der Delegierten des KPÖ-Parteitags und den Verantwortlichen der KPÖ geschuldet."

Im Sitzungssaal



Die anwesenden Delegierten waren geschätzt zu 70 Prozent PensionistInnen, der Rest FunktionärInnen. Die Wiederwahl Baiers war schon vor Beginn des Parteitages ein ausgemachtes Spiel. Es gab nicht mal eineN GegenkanditatIn zum seit 1994 amtierenden Parteichef.

Einem Aktivisten gelang es, unbehelligt in den Sitzungssaal zu gelangen, während vor dem anderen Saaleingang weiterhin erfolgreich blockiert wurde. Dort wurde er sofort von einigen Parteimitgliedern umringt, die zum Teil versuchten, ihn aus dem Saal zu drängen.

Einige Parteimitglieder versuchten jedoch beruhigend zu wirken und rechtfertigten die Anwesenheit des unerwünschten Gastes damit, dass auch einige andere Leute als GÀstInnen geladen seien. Nach kurzen Versuchen des Hinausdrängens wurde ein dringlicher Antrag gestellt, einer/m VertreterIn der vor der Tür wartenden GÀstInnen zehn Minuten Redezeit zu gewähren. Dieser Antrag wurde mit 32 zu 10 Stimmen angenommen. Bei der Auszählung der Stimmen kam es zu einigen Unklarheiten, da von vier ZÀhlerInnen dann fünf Ergebnisse vorlagen, dies wurde dann jedoch geklärt.

Inzwischen verhandelte ein KPÖler mit den vor der Türe Wartenden über das Angebot eines zehnminötigen Redebeitrages. Zwei Frauen wurden daraufhin in den Saal gelassen. In der Folge wurden zwei Texte verlesen.

Reden an die Partei


Der erste Beitrag begann mit dem Hinweis auf die Frechheit, dass Personen mit einem Anliegen an den Parteitag physisch bedroht und ausgesperrt werden. Die im Standard vom 2.12.2004 kolportierte Meinung Baiers, dass sich die KPÖ von ihrem Selbstverständnis her als "pluralistische, feministische Partei, die sich sozialen Fragen widmet und eine internationalistische Perspektikve hat", positioniere, wurde in Frage gestellt.

Danach wurde die Geschichte des EKHs seit der Besetzung erläutert, darauf hingewiesen, wie der Verkauf abgewickelt wurde und an wen das Haus verkauft wurde. Die Situation der im EKH lebenden und aktiven Leute und Gruppen wurde erklärt und abschließend die antifaschistische Haltung der Partei zur Diskussion gestellt.

"Die KPÖ kann sich ihrer sozialen und politischen Verantwortung für das Polit-Sozial-Kulturzentrum Ernst Kirchweger Haus nicht entziehen! Wir fordern die KPÖ auf, ihre antifaschistische Grundhaltung und Tradition ernst zu nehmen. In der Konsequenz heißt das, den mit dem bekannten Rechtsextremen Machowetz abgeschlossenen Kaufvertrag juristisch anzufechten. Und zwar sofort! Alle aufrichtigen Linken haben mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln dafür zu sorgen, dass das EKH weiter bestehen kann. E.K.H bleibt! Muss bleiben!"

Während der Rede wurde ein von den EKH-SympathisantInnen mitgebrachtes Flugblatt an die DelegiertInnen verteilt.

Reaktionen der ZuhörerInnen


Die Reaktionen der ZuhörerInnen waren sehr aussagekräftig. Mit fortlaufender Rededauer wurde das Getratsche mehr und die Aufmerksamkeit unter den Angesprochenen weniger. Es waren vereinzelt Unmutsäußerungen zu hören, zum Teil wurde das Gesagte "belächelt". Als die Situation der in der Notschlafstelle des Flughafensozialdienst lebenden MigrantInnen erleutert und ein Angebot der KPÖ, diesen eine "Liegenschaft im Gebirge am Arsch der Welt" zur Verfügung zu stellen, kritisiert wurde, schüttelte eine anwesende Delegierte nur den Kopf.

Als klargestellt wurde, dass der Verein für Gegenkultur, der über gültige Hauptmietverträge über ca. 1/4 des Hauses verfügt und das Haus trotz der zu erwartenden Schikanen seitens der Hausverwaltung nur nach langjährigen Gerichtsverfahren und massiven Entschädigungszahlungen verlassen wird, nickte der Parteivorsitzende Walter Baier - zustimmend...

Lediglich fünf bis sechs Leute applaudierten nach Verlesung des ersten Redebeitrages.

Danach wurde ein Brief von Christine Werner an Claudia Kriegelsteiner (Wiener Stadtleitung der KPÖ) verlesen, der mit den Worten "Ernst Kirchweger wird sich (viele werden sich) im Grab umdrehen" begann. Die Angesprochene reagierte in keiner Weise auf die Kritik an ihrer Person - so als würde es sie gar nichts angehen.

Wieder applaudierten nur fünf bis sechs Leute nach Verlesung des zweiten Redebeitrages - es waren die gleichen wie zuvor.

Erst wird mit Polizei gedroht...


Nach den beiden Vorträgen wurden die drei Anwesenden und von der Mehrheit der Delegierten nicht willkommenen GÀstInnen gebeten, den Saal zu verlassen. Dieser Aufforderung wurde nicht nachgekommen. So wurden die drei gedrängelt und mehrmals mit der Polizei gedroht, die zu diesem Zeitpunkt schon längere Zeit und zahlreich anwesend war.

...dann dürfen Fragen gestellt werden


Nach längerem Hin und Her und Kompetenzstreitigkeiten unter der Parteispitze und einigen sich wichtig machenden DelegiertInnen wurde auf Anweisung des Parteivorsitzenden dem zuerst in den Saal gekommenen EKH-Sympathisanten gebilligt, drei Fragen an die Versammelten zu stellen. Auf die Ankündigung der Moderatorin, dem Gast eine Minute Redezeit zu gewähren, kam es zu zahlteichen Unmutsäußerung der versammelten Parteimitglieder.

Die drei Fragen wurden trotzdem gestellt. Wir versuchen, diese hier in etwa wiederzugeben:

1. Wer von den Parteimitgliedern ist im Vorhinein vom Verkauf des EKH informiert worden. Wer hat vom Verkaufspreis in der Höhe von 600.000 Euro und dem rechtsextremen Background des Vertragspartners gewusst?

2. Wisst ihr wie es angesichts des Verkaufes an Rechtsextreme um die antifaschistische Grundhaltung der KPÖ steht?

3. Sind sich die Parteimitglieder über die Konsequenzen ihres Vorgehens bewusst und denken die Mitglieder, dass die Mitarbeit einer KPÖ als Bündnispartnerin, z.B. in Sozialforen, erwünscht sein wird? Einer Partei, die willentlich ein Projekt wie das EKH zersTürt und die dort wohnenden Leute sowie ansÀssige linke Gruppen und Initiativen auf die strasse setzt? Die Antwort auf die letzte Frage wurde gleich mitgeliefert: Dies wird nicht so sein!

Nachdem diese drei Fragen gestellt wurden, verließen die AktivistInnen wie zuvor zugesichert den Sitzungssaal.

Dort wurde unter Aufsicht der Polizei noch einige Zeit diskutiert.

Draussen: Polizei mit Hunden


Während es zwei Aktivistinnen gelang einen Redebeitrag vor den versammelten DelegiertInnen zu halten, gab es im Foyer intensive Diskussionen mit Parteimitgliedern. Die herbeigerufe Polizei inklusive Hunden und einer handvoll Stapo-Beamten war bis zum Abgang der BesucherInnen gegenwärtig. In den Diskussionen kam immer wieder das unumstÌßliche Unverständnis bezüglich eines Weiterbestehens, des autonomen sozialen Zentrums EKH, zum Vorschein. Einige der KPÖlerInnen machten dezitiert die Aussage, die Tatsache, dass es sich bei dem Käufer um ein ehemaliges Mitglied der rechtsextremen Aktion Neue Rechte (ANR) handelt, spiele für sie keine Rolle. (sic!)

Die vorgebrachten, beweisbaren Fakten diesbezüglich wurden nicht nur ignoriert, sondern auch verleugnet! Das bekannte (Haupt)-argument war wie immer die angebliche finanzielle Notlage der Partei.

Es gab auch innerhalb der KPÖ einige SympathiesantInnen die sich mit dem EKH solidarisierten und sich dafür einsetzten. Einerseits dass die Redebeiträge durchgeführt werden konnten. Andererseits wurden physische Übergriffe ihrer GenossInnen abgewehrt.

Personalien werden aufgenommen


Nach dem Abschluss der Aktion verließen die SympatiesantInnen des EKH"s geschlossen, in Begleitung einiger KPÖlerInnen, das Volkshaus Ebelsberg. Dies schätzte jedoch nicht davor, dass die AktivistInnen sich am Rückweg mit einer polizeilichen Kontrolle konfrontiert sahen. Zwei Fahrzeuge wurden angehalten und einer "Fahrzeugkontrolle", sowie versuchten Ausweiskontrolle unterzogen. Die Beamten konnten jedoch keinen Grund für eine Identitätsfeststellung nennen. Sie argumentierten mit einer Anweisung ohne konkreter Anzeige oder Tatverdacht. Die Personaldaten der FahrzeuglenkerInnen wurden aufgenommen.

Torten und Gewalt


Auf die Anfrage wie die KPÖ-Verantwortlichen zu den Übergriffen durch ihre Parteifreunde stehen antwortete Didi Zach: "Was die auf Indymedia geschilderten "gewalttätigen Übergriffen durch KPÖ-Mitglieder auf EKH-SympatisantInnen" betrifft, so fallen mir dazu zwei Dinge ein. Die Tortung von Walter Baier und Claudia Krieglsteiner war allemal gewalttätiger als das vereinzelte Geschubse von beiden Seiten in Linz. Und zweitens: Gewalt im Allgemeinen sollte kein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein - durch Gewalt werden Probleme nicht gelöst. Daraus ergibt sich auch, dass Gewalt als Instrument der politischen Auseinandersetzung zwischen Gruppen, die sich selbst als Links definieren, jenseits von "Gut und BÃŒse" ist."

Grundlage für diesen Text ist der Artikel "KPÖ bleibt... - Besuch am Parteitag", der am 5. Dezember auf at.indymedia publiziert wurde.

Weitere Quellen:
www.n3tw0rk.org
www.ekhbleibt.info