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[ 07. Mar 2005 ]

Monument für die Niederlage / Zeit der Befreiung 1945-1947

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1945 wurde Österreich von aussen befreit,- gewissermaßen von sich selbst. Und die Niederlage der Nazis ist doch ein Grund zu feiern!

 

Während die Regierung mit der von ihr in Auftrag gegebenen Gedenk-Eventreihe "25 Peaces" für Vergessen und Vermarktung sorgt, wird ein Projekt im öffentlichen Raum daran erinnern, dass das Jubiläumsjahr mit der Rolle Österreichs als NS-Nachfolgestaat in Verbindung steht. 1945 zu erinnern, heisst - auch wenn das in offiziellen Darstellungen oftmals vergessen wird - die Befreiung der Konzentrationslager zu erinnern.

Auf Druck der Besatzung der Alliierten waren fanden Entnazifizierungsprozesse statt. Die Prozesse der Österreichischen Volksgerichte haben in über 23.000 Verfahren 13.607 Personen schuldig gesprochen, 43 Todesurteile verhängt, von denen 30 vollstreckt wurden. Zwar existierte die Volksgerichtsbarkeit bis zum Abzug der alliierten Truppen 1955, jedoch wurde der Prozess der Entnazifizierung in Verbindung mit dem Kampf der Parteien um Wählerstimmen für die Wahlen 1949 zunehmend vernachlässigt.

Mit dem Argument "Fachkräfte für den wirtschaftlichen Wiederaufbau" zu benötigen und mit der Einforderung einer scheinbar "unumgänglichen politischen Reintegration der ehemaligen Nationalsozialisten" versuchten ÖVP und SPÖ bei den alliierten Besatzungsmächten eine Lockerung der Bestimmungen für die als "Mitläufer" und daher als "minderbelastet" eingestuften ehemaligen Mitglieder der NSDAP oder eines ihrer Verbände zu erreichen. 1948 verabschiedete der Nationalrat schließlich eine Amnestie für die "Minderbelasteten", die damit bei den Nationalratswahlen 1949 wieder stimmberechtigt waren.

Nach 1955 wurden Verbrechen aus der Zeit des Nationalsozialismus von den ordentlichen Geschworenengerichten abgeurteilt, wobei nur mehr in wenigen fällen Anklage erhoben wurde. Viele dieser Verfahren endeten mit skandalösen Freisprüchen. Den Schuldsprüchen folgten, "massenhafte" Begnadigungen. 1957 erließ die Österreichische Regierung eine Generalamnestie für die ehemaligen
Nationalsozialisten.

Die Ausblendung der justiziellen Ahndung der NS-Verbrechen aus dem öffentlichen Diskurs und dem gesellschaftlichen Bewusstsein steht in einem engen Zusammenhang mit der allgemeinen Ausblendung der NS-Verbrechen, die von Österreichern verÃŒbt wurden. Das "Monument für die Niederlage" wird demgegenüber eine Perspektive einnehmen, die zum Einen auf eine Auseinandersetzung mit der Rolle Österreichs als NS-Nachfolgestaat und zum Anderen auf den seine Verantwortung völlig ignorierenden geschichtspolitischen Umgang abzielt.

Die EnthÃŒllung des Monuments soll eine nachhaltige Auseinandersetzung mit den Entnazifizierungsprozessen auslösen und die bis heute unvollendete Entnazifizierung zum Thema machen. Das "Monument für die Niederlage" Rückt deshalb die Zeit der Befreiung von 1945-1947 in den Blick. Im Zentrum stehen jene ersten Nachkriegsjahre, in denen man in Österreich überhaupt von einer Entnazifizierung sprechen kann.

Das Projekt "Monument für die Niederlage" verweigert sich herkÃŒmmlichen Vorstellungen von DenkmÀlern und Monumenten. Nicht zuletzt durch die NichtFörderung staatlicher und stÀdtischer Stellen war es unmöglich ein Monument zu konzipieren, dass dauerhaft stehen bleiben würde. Bei der offiziellen "EnthÃŒllung" wird somit lediglich ein Sockel freigelegt werden. Im maßstab 1:1 versteht sich dieser Sockel als Forderung und Aufforderung, eine reale und dauerhafte Aufstellung eines Monumentes für die Niederlage zu reflektieren. Mit der EnthÃŒllung verbindet sich somit die Forderung an die Stadt Wien und/oder den Bund die Fertigstellung eines "Monuments für die Niederlage" zu realisieren und zu finanzieren (z.B. in Form eines offenen Wettbewerbes, zu dem KünstlerInnen, HistorikerInnen und BildhauerInnen
eingeladen werden). Bis es dazu kommt, verweist die Leerstelle über dem Sockel auf die Ausklammerung der Zeit der Entnazifizierung innerhalb der offiziellen Geschichtsschreibung, wie sie zum Beispiel auch in Österreichischen Schulbüchern (nicht) nachzulesen ist.

Da der Sockel an sich vielleicht innerhalb der kurzen Zeit seiner Aufstellung übersehen werden könnte, verbinden wir mit der EnthÃŒllung des Monuments eine Demonstration und Kundgebung für die "Errichtung eines Monuments für die Niederlage". Der Sockel wird so durch eine "soziale Plastik" erweitert. Im Rahmen der EnthÃŒllungsfeierlichkeiten werden verschiedene Personen und Gruppen, wie z.B. Studierende der Akademie der Bildenden Künste Wien und der Wiener Kunstschule Aktionen zum Monument konzipieren und realisieren.

Das "Monument für die Niederlage" ist Teil des Ausstellungsprojektes "Zone 2005. Zwischen repräsentativer Politik und politischer Repräsentation", das von 10. März bis 8. April in der Galerie der IG Bildende Kunst gezeigt wird und einen weiteren Beitrag zur Perspektivverschiebung des offiziellen "Jubiläumsjahres" leisten soll.

Die EnthÃŒllung des Monuments findet anlässlich der Finissage am 8. April 2005 um 12 Uhr im Ostarrichi-Park (zwischen Landesgericht und Nationalbank) statt.

Als "Modell" stellt das "Monument für die Niederlage" eine Auseinandersetzung mit bestehenden Formen der Denkmal- und Geschichtspolitik dar. Einer Denkmalpraxis, die einerseits von Sieger- und Heldenverehrung und andererseits vom "Gedenken an die Opfer" geprägt ist, stellt es eine Markierung der Reflexion auf die eigene NS-Geschichte gegenüber.

Monument für die Niederlage
Zeit der Befreiung 1945-1947

Martin Krenn, Charlotte Martinz-Turek, Nora Sternfeld, Luisa Ziaja