Unter den neun Kampagnen, bei denen der Werberat 2004 die beteiligten Unternehmen zu einem sofortigen Stop aufrief, finden sich nur zwei sexistische Werbekampagnen - viele Beschwerdeanträge wurden mit fadenscheinigen Begründungen abgewiesen.
"Wir sind problembewusst", sagte Walter Ruttinger, Fachgruppenchef Werbung in der Wirtschaftskammer Österreich gegenüber MedienvertreterInnen. Gemeint ist jedoch nicht das Problem reduzierender und stereotypisierender Frauendarstellungen. Im Moment scheint der Kampf "gegen Diskriminierung von Senioren" dem Werberat vergleichsweise wichtiger zu sein.
Via APA-Aussendung wurde vergangene Woche verkündet: "Die heimische Werbewirtschaft will künftig ausdrücklich eine diskriminierende Darstellung von älteren Menschen in der Werbung vermeiden." Wenn - wie zur Zeit - Sexismus in den Kampagnen von Triumph, Figurella oder Huber beanstandet werden, ist der Werberat jedoch auffallend zurückhaltend.
Auf zahlreiche Beschwerden die Huber-Kampagne betreffenden antwortet man immer im selben Wortlaut: "Der Werberat hat die Beschwerde geprüft und entschieden, dass kein Grund für ein weiteres Einschreiten besteht. Der Werberat prüft aufgrund seiner Statuten nicht die qualitative Umsetzung einer Kampagne sondern die Vereinbarkeit der Darstellung mit dem KODEX des Werberates. Diese Vereinbarkeit ist im konkreten Fall gegeben." Insgesamt sieben in den letzten Wochen eingegangene Beschwerden lehnte der Werberat mit dieser Begründung ab.
Auch Beschwerden gegen die derzeit laufende Kampagne der Unterwäsche-Firma Triumph, bei der Frauen mit Auto-Kriterien wie "Kurventreu. Geländegängig. Macht alles mit" versehen werden, schafften es nicht vom Werberates als gerechtfertigt erkannt zu werden. Dazu der Werberat: "Aus Sicht der Werberats-Mitglieder liegt kein Grund für ein Einschreiten gegen die Triumph-Kampagne vor." Auf die im Antrag vorgebrachten Argumente wird nicht näher eingegang und stattdessen festgehalten: "Dass (...) Dessous von einer attraktiven Frau präsentiert werden, liegt im selbstverständlichen Anspruch der Grundlagen der Werbung."
Wessen Brot ich ess - dessen Lied ich sing?
Die Mitglieder des Österreichischen Werberates werden vom Verein "Gesellschaft zur Selbstkontrolle der Werbewirtschaft" bestellt. Die ordentlichen Mitglieder des Vereines sind drei Kurien zugeteilt, - Auftraggeber, Medien und Werbewirtschaft wie etwa der Verband der Österreichischen Markenartikelindustrie, der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) oder der Direct Marketing Verband Österreich.
Somit besteht der Österreichische Werberat ausschließlich aus AuftraggeberInnen in Form der Werbewirtschaft und von Werbung finanzell abhängigen Medien. Auffällig ist dabei auch, dass sich unter den im vergangenen Jahr beanstandeten Kampagnen keine einzige eines heimischen großunternehmens fand. Eine von der Werbewirtschaft unabhängige Instanz für diskriminierende Werbung gibt es in Österreich nicht.
Verantwortung?
Indessen regt sich immer mehr Widerstand gegen die Verkommerzialisierung von weiblichen körpern durch die Werbeindustrie. Ein Beispiel dafür sind diese Plakatmontagen, die seit letzter Woche mancherorts in Wien zu sehen sind.
Bleibt nur zu hoffen, dass derartige Aktionen auch ihren Zweck erfüllen und einen Nachdenkprozess - sowohl bei KonsumentInnen als auch bei Werbenden - einsetzt. Es geht dabei nicht um die Bekämpfung nackter Haut im öffentlichen Raum, wie es KritikerInnen sexistischer Werbekampagnen immer wieder vorgeworfen wird. Sehr wohl geht es aber um die Thematisierung jener Frauenbilder, die letztendlich zu einem großen Teil von der Werbeindustrie geschaffen und etabliert wurden.
Für die Folgen dieser Frauen-Bilder, wie etwa die massive Zunahme von Essstörungen bei jungen Frauen - fühlt sich der Werberat nicht zuständig. Dazu findet sich - im Gegensatz zur Diskriminierung von PensionistInnen - auch kein einziges Wort in den Kodizes dieser zweifelhaften Scheininstanz.