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[ 02. Jul 2005 ]

G8: Die besten Parties sind immer noch die, zu denen man nicht eingeladen ist

g8 scotland

Bericht des Glasgow Independent Media Center (IMC) zu den Protesten gegen den G8-Gipfel, der von 6. - 8. Juli 2005 im Golfhotel Gleneagles in Schottland stattfinden wird.

 

Text übernommen von de.indymedia.org, überarbeitet von no-racism.net


G8 steht für "Group of Eight" - das sind die 7 mächtigsten Industrienationen, plus, aus strategischen Gründen, Russland. Einmal im Jahr verbringen deren Regierungschefs ein paar Tage miteinander, um ihre Strategien zu besprechen und sich fotografieren zu lassen. Proteste und Widerstand gegen die dahinterstehende Weltordnung begleiten seit vielen Jahren diese Tagungen [Evian 03 | Sea Island 04 | mehr über G8]

Der diesjährige G8-Gipfel findet vom 6. - 8.Juli im Golfhotel Gleneagles in Schottland statt, etwa 60 Kilometer von Glasgow und Edinburgh. Mehrere Bündnisse planen seit teilweise über zwei Jahren verschiedene Aktionen - um die selbsternannten "World Leaders" unter Druck zu setzen, die Weltöffentlichkeit zu informieren und gleichzeitig Alternativen zum vorherrschenden System zu leben (z.B.: Ecovillage gegen das G8 in Stirling oder Cre8 Community Garden in Glasgow).
Zahlreiche Aktionen im Vorfeld fanden bereits statt (übersicht über stattgefundene Aktionen). Während des G8 finden Proteste hauptsächlich in Edinburgh, Glasgow und Stirling statt. Am 6.7. finden im Rahmen eines globalen Aktionstages weltweit Aktionen statt.

Die Proteste beginnen mit einer Demonstration am Samstag, den 2. Juli in Edinburgh, zu der auch viele NGOs mobilisieren. Unter dem Motto "Make Poverty History" werden mehrere hunderttausend Menschen erwartet. Diese Kampagne ist sehr groß und bekannt in großbritannien, viele Mainstream-Medien berichten ausfÃŒhrlich und wohlwollend darüber. Selbst Tony Blair trägt ein weisses MakePovertyHistory-Armband, ruft zum Kampf gegen die Armut auf und lÀdt nach Edinburgh ein. Der Musiker Bob Geldorf organisiert eine Reihe von Konzerten in u.a. Berlin, London und Edinburgh. Viele Promis unterstützen die Live8-Kampagne und sprechen sich gegen Aids und für Armutsbekämpfung aus. KritikerInnen bezweifeln, dass der Besuch eines Rockkonzertes die G8-Regierungschefs zum Umdenken bringt. Vor allem weil diese sich den Kampf gegen Armut, Engagement für Afrika und gegen Klimawandel ja sowieso schon groß auf die Fahnen schreiben - ein Blick in einen beliebigen Armuts-, Gesundheits- oder Klimabericht dürfte dies als bestenfalls gut gemeint entlarven. Der radikalere Teil der globalisierungskritischen Bewegung ruft deshalb für den 2. Juli zur Teilnahme am "Make Capitalism History"-Block auf.

Verschiedene Gruppen haben sich zuerst in großbritannien, dann in anderen Europäischen ländern, in einem Netzwerk namens Dissent! zusammengeschlossen. Schon das dem großen Gipfel vorausgehende Treffen der G8-Innenminister Mitte Juni in Sheffield wurde von Protesten begleitet [ überblick eins [en] | überblick zwei [en]].
In Glasgow gab es gleichzeitig ein Projekt namens Cr8 Summat, um die Bevölkerung einzubinden: Auf dem Gelände eines geplanten Autobahnzubringers wurde ein Gemeinschaftsgarten für die Nachbarschaft angelegt.

Eine Fahrradkarawane ist am 19. Juni in London gestartet und traf rechtzeitig zu den Aktionstagen in Schottland ein. Bei Stirling, etwa 16km von Gleneagles, wurde ein Ecovillage gegen den G8 aufgebaut. Bereits seit Mitte Juni ist in Glasgow das Convergence Centre geöffnet. In einer angemieteten Fabrikhalle gibt es Schlafplätze für etwa 1000 AktivistInnen, ausserdem eine Küche und ein Medienzentrum. Die "Evening Times" Glasgow titelte dazu am Donnerstag:"G8 HATE GROUP SETS UP CAMP IN CITY HALL". Im Artikel wird Dissent beschrieben als "implicated in some of the bloodiest anti-capitalism riots in the world". Das ist beispielhaft für eine seit Monaten andauernde Berichterstattung, die mit immer neuen "EnthÃŒllungen" die schrecklichsten Ausschreitungen während des Gipfels heraufbeschwÃŒrt. Siehe auch den ständig aktualisierten Pressespiegel.

Glaubt man den Medien, zittert ganz Schottland vor den einreisenden AnarchistInnen. Im Gegensatz dazu stehen das Interesse und die Aufgeschlossenheit der Bevölkerung von z.B. Edinburgh gegenüber den G8-GegnerInnen, die in Veranstaltungen und in einem rund um die Uhr geöffneten Infoshop im Stadtzentrum informieren. Die Sympathie vieler SchottInnen mag zum Teil daran liegen, dass viele der 10.000 eingesetzten PolizistInnen aus England kommen werden. In Schottland gibt es kaum Erfahrung mit Massenprotesten - deshalb wurden extra Wasserwerfer aus Belgien importiert, seit zwei Monaten wird die Polizei mit Gummigeschossen trainiert, die wahrscheinlich jedoch nicht eingesetzt werden. Eine eilig durchgesetze Gesetzesänderung macht ab 1. Juli das Betreten von Land in England und Schottland illegal, wenn das neue Gesetz vorher auf einen beinahe beliebig grossen Landstrich angewendet wurde. für die dünn besiedelte Gegend um Gleneagles wurden Strassensperren angekündigt, der Tagungsort ist weiträumig mit einem Metallzaun abgesperrt. Die EinwohnerInnen von Auchterarder, dem nächst grösseren Ort, bekommen ab dem achten Lebensjahr für die Zeit des Gipfels ID-Cards, ohne die sie ihr Dorf nicht betreten dürfen.

Aktionen

Am Sonntag 3. Juli findet unter dem Titel "Make Borders History" ein noborder-Aktionstag in Glasgow für Bewegungsfreiheit und Bleiberecht statt. Ebenfalls am Sonntag organisieren die G8Alternatives einen Gegengipfel in Edinburgh. Am Montag geht es in Edinburgh weiter mit dem "Carnival of Full Enjoyment", gleichzeitig ist eine Blockade der Militärbasis Faslane nÃŒrdlich von Glasgow angekündigt. Am Dienstag dem 5. Juli findet südlich von Glasgow eine Demonstration gegen das Abschiebegefängnis Dungavel statt, am Abend treffen sich in Stirling die "Hillwalkers", um zu einem Fußmarsch über die Berge Richtung Gleneagles aufzubrechen. für den 6.Juli, dem Tag des Gipfelbeginns, sind Blockaden rund um den Tagungsort angekündigt. für den 8.Juli wird zu einem weltweiten Aktionstag gegen den Klimawandel aufgerufen.
[Aktionsprogramm]

Weiters ruft G8Alternatives, ein Bündnis aus schottischen linken Parteien und Gewerkschaften, am ersten Tag des Gipfels zu einer Demo direkt in Gleneagles auf. Ausserdem gibt es in diesen Tagen in Schottland zahllose kleine und grosse Veranstaltungen, Demos, Kundgebungen von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen und Einzelpersonen, die Protest gegen die Politik der G8 zum Inhalt haben ...