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[ 20. Feb 2000 // letzte änderung: 20. Feb 2000 ]

Mit Patriotismus gegen die FPÖVP?

Seit zwei Wochen weht am Ballhausplatz eine weitere Österreichische Nationalfahne mit Bundesadler. Mit dieser wollen sich nicht etwa begeisterte AnhängerInnen des neuen Regimes mit schüssel und Haider solidarisieren, sondern deren patriotische GegnerInnen auf sich aufmerksam machen.

 

Seit zwei Wochen weht am Ballhausplatz eine weitere Österreichische Nationalfahne mit Bundesadler. Mit dieser wollen sich nicht etwa begeisterte AnhängerInnen des neuen Regimes mit schüssel und Haider solidarisieren, sondern deren patriotische GegnerInnen auf sich aufmerksam machen. über der "Botschaft der besorgten bürgerInnen" weht dieselbe staatsmännische Fahne wie über der Hofburg. Auf eine mündliche Anfrage was denn das solle, antworteten die "besorgten bürgerInnen", sie wollen zeigen, daß sie PatriotInnen seien.

Aber nicht nur die "besorgten bürgerInnen", auch einige DemonstrantInnen der Donnerstagsdemos haben gute Chancen den Wettbewerb um den/die besteN Patrioten/in zwischen FPÖ, OVP, SPÖ, Grüne und SOS-Mitmensch zu gewinnen.

Während es vor zwei Wochen erstmals gelang, mit einem klar antinationalen Fronttranspi (Smash Austria, Kein Friede mit Österreich) der Demo voranzugehen, wurden wenige Reihen dahinter Österreichische und EU-Fahnen geschwenkt. Und auch letzte Woche fehlten die Nationalfahnen weder auf der "Botschaft der besorgten bürgerInnen", noch auf der Donnerstagsdemo. Ein besonders patriotischer Patriot, dem die österr. Nationalfahne nicht genügte, hing sich noch ein Schild um den Hals, um seine Position klar zu machen: "Wir demonstrieren gegen diese Regierung und für Österreich" (sic!)

Weder dieser Demonstrant, noch die "besorgten bürgerInnen" reflektieren damit, wie eine solche Regierung überhaupt an die Macht kommen konnte.

Nur weil Österreich eben so ist wie es ist, nur weil hierzulande Antisemitismus, Rassismus, Sexismus und autoritäres Obrigkeitsdenken eben Mehrheitspositionen sind und diese sich auch in Wahlergebnissen äußern, konnte eine solche Regierung demokratisch an die Macht kommen.

Wer also wirklich gegen eine rechtsextreme Regierungsbeteiligung ist, muß auch gegen jene Postitionen kämpfen, die diese möglich gemacht haben. Dabei darf vor dem Österreich-Patriotismus nicht halt gemacht werden.

Die Österreichische oder die EU-Fahne zu schwenken bedeutet auch, sich mit der menschenverachtenden Abschiebepraxis von unerwünschten "AusländerInnen" einverstanden zu erklären, Österreichs oder die Schengen-Grenzen zu akzeptieren, überhaupt Grenzen als naturgegeben hinzunehmen. Wir unterstellen den fähnchenschwenkenden PatriotInnen dieser "Zivilgesellschaft", "Widerstandsbewegung" oder wie immer sich die Donnerstags- und Samstagswanderer auch nennen mögen, sich mit den Opfern, den Entrechteten, an den Staatsgrenzen und in den Schubgefängnissen zu entsolidarisieren. Marcus Omofumas Ermordung durch die Österreichische Staatsgewalt am 1. Mai 1999 ging zwar vielen zu weit, entrüstet protestierten sie: So nicht! Die Konsequenz, nämlich die Öffnung der Staatsgrenzen und Schubhäfen, fordern sie jedoch noch lange nicht. Nationalismus, Patriotismus und deren Konsequenzen bleiben unreflektiert.

Nationen sind nämlich nun mal keine "naTürlichen Gemeinschaften", keine Eigenschaften, die Menschen anhaften, sondern "vorgestellte Gemeinschaften", die aufgrund bestimmter historischer Entwicklungen, aufgrund von Macht- und Wirtschaftinteressen erfunden wurden. So etwas wie Nationen und Nationalstaaten gibt es in Europa erst seit maximal 200 Jahren und deren Herausbildung hat mit der Herstellung von größeren Binnenmärkten und parlamentarischen Demokratien zu tun. Genauso wie diese Nationen erfunden wurden, können sie aber auch wieder abgeschafft werden. Und genau dies wäre ein wirklich grundlegender Ansatz, der weit über kosmetische Bekämpfungsmaßnahmen gegen eine schwarzblaue Regierung hinausginge.

Denn nicht der Sieg im Wettbewerb um den besten Patrioten oder die beste Patriotin, sondern der Angriff auf den Patriotismus kann jene Grundlagen bekämpfen, auf denen die FPÖ erst großwerden konnte.

PatriotInnen sind und bleiben IdiotInnen!