In Deutschland wird wieder auf Nationalismus gesetzt um von Problemen abzulenken. Ein Haufen Prominenter findet's toll und stellt sich unentgeltlich zur Verfügung.
Die Liste der UnterstützerInnen ist lang. Neben dem Axel Springer Verlag, der Bertelsmann AG, der Heise Mediengruppe, der FAZ, der Süddeutschen, dem Spiegel sowie den Fernsehsendern RTL, PRO7, Sat1, Premiere und der ARD unterstützen auch viele mehr oder weniger Prominente die überparteiliche Kampagne "Du bist Deutschland". Initiert und gestaltet wurde "Du bist Deutschland" von dem Unternehmen "Jung von Matt", das sonst hauptsächlich von Werbung für Bier und die BILD-Zeitung lebt. Ziel der Kampagne ist die Belebung eines diffusen Standort-Patriotismus verbunden mit liberalen "Jeder kann es schaffen, wenn er nur will"-Doktrien.
Besucht man die mäßig gelungene Homepage des Projekts unter www.du-bist-deutschland.de muss man sich erstmal mit akustischer Folter in Form einlullender Klaviermusik aus dem Forrest Gump Soundtrack auseinander setzen. Dann gibt's kurze Videobotschaften von den UnterstützerInnen. Unter ihnen Günther Jauch, Maria Furtwängler, Sandra Maischberger, Xavier Naidoo und Marcel Reich-Ranicki. Aber auch Polen-Witze-Reißer Harald Schmidt und der homophob-sexistische Rapper Kool Savas haben Platz im medial aufbereiteten Volksgemeinschafts-Trara.
Ein weiterer Aspekt der Kampagne sind Plakate mit Aufschriften wie "Du bist Michael Schumacher" oder auch "Du bist Max Schmeling". Das letzterer ein recht gutes Verhältnis zu den Nationalsozialisten im Allgemeinen und zu Joseph Göbbels im Speziellen hatte, dürfte die Kampagnen-Verantwortlichen egal sein. Letztlich bietet es aber immerhin ein vollständiges Bild auf ein Land, das seine Vergangenheit angeblich so gut aufgearbeitet hat und nun endlich wieder stolz auf sich sein kann.
Zu eher zweifelhaften Ehren kommt in diesem Zusammenhang auch Albert Einstein, der seine deutsche Staatsbürgerschaft bereits Ende des 19. Jahrhunderts zurücklegte und spätestens nach der Zeit des Nationalsozialismus gar nichts mehr mit Deutschland zu tun haben wollte. Mit dem Plakat "Du bist Albert Einstein" muss auch er für die deutsch-deutsche Stimmungskampagne herhalten. Der im Einstein-Jahr 2005 schon bis zum Exzess vom offiziellen Deutschland vereinnahmten Einstein, wird dabei ein weiteres mal in einer seiner Vorraussagen bestätigt: "Wenn ich mit meiner Relativitätstheorie recht behalte, werden die Deutschen sagen, ich sei Deutscher und die Franzosen, ich sei Weltbürger. Erweist sich meine Theorie als falsch werden die Franzosen sagen, ich sei Deutscher, und die Deutschen, ich sei Jude."
Kritik an der Kampagne gibt es Mittlerweile auch aus den Reihen der UnterstützerInnen. Etwa sind im Internet-Magazin Telepolis, dass Teil der Heise Mediengruppe ist, bereits mehrere Artikel zum Thema erschienen. Harald Neuber schreibt dort: "Herzstück der gleichnamigen Kampagne ist ein zwei Minuten langer Werbefilm, der bis zum kommenden Jahr in Fernsehen und Kinos zu sehen, mehr noch, nicht zu übersehen sein wird. 25 der größten Medienunternehmen haben Sendeplätze für umgerechnet 30 Millionen Euro freigestellt, damit auch wirklich jeder von der guten Laute angesteckt wird. Die Kampagne soll zudem auf Zeitungen und Zeitschriften ausgeweitet werden. Das Logo der Initiative, eine Art schwarz-rot-goldener Kothaufen, wird also allgegenwärtig sein. (...) 'Frage dich nicht, was die anderen für dich tun. Du bist die anderen.' Im FDP-Programm hätte es nicht besser stehen können."
Mittlerweile sind im Internet zahlreiche kritische Persiflagen der Kampagne zu finden. Die Affäre um Max Schmeling wurde beispielsweise zum Anlass genommen ein Plakat mit der Aufschrift :: "Du bist Joseph Göbbels" im Design von "Du bist Deutschland" zu entwerfen. Die Alternative Plakataufschrift: "In Mönchengladbach geboren und trotzdem ganz nach oben gekommen. Unmöglich? Nicht für Joseph. Den Ledermantel an und die Werbebranche in Deutschland revolutioniert. Und das kannst du auch! Schnapp auch du dir einen Ledermantel und bringe Deutschland nach vorn. Wollt ihr den totalen Krieg? Aber sicher doch! - Du bist Deutschland!"
Doch trotz aller Kritik wird uns "Du bist Deutschland" noch einige Monate begleiten. Glaubt man MarktforscherInnen ist es mit einer rechnerischen Reichweite von 98 Prozent schon jetzt eine der erfolgreichsten Non-Profit-Kampagnen in der deutschen Mediengeschichte.
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