Protokoll vom 7. Verhandlungstag, 3. November 2005
Befragt wurden einige Zeugen und die Sachverständigen legten ihre Gutachten vor bzw. fassten diese zusammen.
Handelnde Personen:
R: Richter
V1: Verteidigerin des angeklagten Notarztes
V2: Verteidiger von 2 angeklagten Polizisten
V3: Verteidiger von 2 weiteren angeklagten Polizisten
V4: Verteidiger der angeklagten Polizistin und eines Polizisten
V5: Verteidiger von 2 Sanitätern
V6: Verteidiger eines Sanitäters
P1, P2, P3, P4, P5, P6: angeklagte PolizistInnen
S1, S2, S3: angeklagte Sanitäter
Dr. K.: der beschuldigte Notarzt
A: Nadja Lorenz - Anwältin der privatbeteiligten Witwe von Seibane Wague
STA: Staatsanwältin
SV1: Prof. R. (Gerichtsmediziner und Gutachter)
SV2: Polizeigutachter
SV3: Dr. H., Notfallsmediziner
SV4: Dr. B, Neuropathologe
SV5: Dr. H (untersuchte Blut)
Z1: Herr U.
Z2: Polizeiinspektor M.
Z3: Abteilungsinspektor und Wachkommandant R.
Z4: Revierinspektor H.
Z5: Revierinspektor G. (ehem. Instruktor für AEK - Anwendung einsatzbedingter Körperkraft)
Vernehmung von Z1 - Herr U.
R: Herr U. Sie haben sich als Zeuge gemeldet und haben mich dann gestern angerufen und gemeint sie möchten nicht aussagen weil sie Angst haben - das waren ihre Worte. Soll ich sie in Abwesenheit der Beschuldigten vernehmen und ihre Anschrift anonymisieren?
Z1: Nein.
R: (nimmt Daten auf) Sie sind als Zeuge vorgeladen und sind verpflichtet die Wahrheit zu sagen können aber auch schweigen wenn sie sich selbst belasten würden.
R: Welchen Beruf haben Sie?
Z1: Medizinisch technische Fachkraft.
R: Haben Sie je mit der Polizei zu tun gehabt?
Z1: Im Krankenhaus war mal eine Polizistin zum Röntgen. Ich hatte auch mal Probleme mit der Polizei.
R: Sie hatten Probleme?
Z1: Beim UVS (Unabhängigern Verwaltungssenat, Anm.) wurde gerade ein Verfahren abgeschlossen, weil ich Polizei-Probleme hatte.
R: Woher haben Sie dieses Insiderwissen?
Z1: Ich glaube, da ich mich hier selbst belasten würde und ich mich dieser Aussage entziehen kann, würde ich das gerne schriftlich mitteilen.
R: Auf der Donauinsel sind Sie unter Druck gesetzt worden. Von wem?
Z1: Auf der Donauinsel wurde ich unter Druck gesetzt. Ich habe Autoradio gespielt und wurde verhaftet und verletzt.
R: Das soll ins Protokoll aufgenommen werden. Sie haben auch gesagt der Polizist der ihnen die Vorladung zugestellt hat hat sie unter Druck gesetzt?
Z1: Der Polizist hat Anspielungen gemacht die man normalerweise nicht macht. Er hat Fragen gestellt. Ich hab Probleme mit meinen Vermietern, die wollen mich raushaben. Er hat gefragt ob ich einen Heimtrainer in der Wohnung habe ...
R (unterbricht Z1): Danke, erledigt.
Vernehmung von Z2 - Polizeiinspektor M. der bereits im Saal anwesend ist
R: Darf ich voraussetzen dass sie als Polizeibeamter wissen dass sie nicht im Gerichtssaal sein sollten wenn sie als Zeuge vernommen werden?! (Daten werden aufgenommen, anonymisiert). Wenn sie schon mal da waren - was sagen sie zur Aussage des Z1?
Z2: Unerhört. Ich habe nur den Brief zugestellt, quasi Postbeamten gespielt.
R: Sie haben den Zeugen1 nicht unter Druck gesetz?
Z2: Nein, das wird ein Nachspiel haben!
Kurzes bürokratisches Zwischenspiel in dem die Anwältin Nadja Lorenz angibt, dass sich ihre Klientin (Witwe von Seibane Wague) mit einer Forderung von 16.000,- € der Klage privatrechtlich angeschlossen hat.
R: Da wir heute die Sachverständigen anhören habe ich aus dem Internet einen Plan ausgedruckt, einen normalen Stadtplan, um die Fixierungsdauer einzugrenzen. Wenn ich davon ausgehe dass sie vom ... zum Heumarkt gefahren sind, einer Distanz von 641 m, in einer einsatzmäßigen Geschwindigkeit, dann brauchen sie ca. 47 Sekunden - ich möchte betonen, dass es sich hierbei um keine Beweisführung handelt, das dient nur der Objektivierung und sagt nichts aus, es ist nur zur Unterstützung der Berechnung.
(alle rechnen herum)
Vernehmung von Z3 - Abteilungsinspektor und Wachkommandant R (Z3), er erscheint in Uniform
R: Sie sind Abteilungsinspektor und Wachkommandant?
Z3: Ja, jetzt auch Inspektionskommandant.
R: Von P2 Wachkommandant?
Z3: Ja.
R: Sie wissen, daß es den Informationsbrief gibt, der periodisch erscheint. Ist Ihnen das ein Begriff?
Z3: Ja, aber nicht dieser.
R: Wenn sie glauben, dass sie sich selbst belasten müssen sie nichts aussagen.
Z3: Doch ich möchte aussagen.
R: Ist Ihnen auch die Verbindlichkeit dieser Briefe bekannt?
Z3: Ja.
R: Das heißt Sie sind in Kenntnis des Dienstbefehls?
Z3: Den genauen Dienstbefehl kenn ich nicht.
R: Lesen Sie die Informationsbriefe regelmässig?
Z3: Als Lesen würde ich das nicht bezeichnen, eher wird der Informationsbrief kurz durchgelesen. Alles Wichtige ist im Dienstbefehl enthalten.
R: Obwohl das ihre Pflicht ist?
Z3: Naja, als lesen würde ich das nicht bezeichnen, ich schau mir halt an was wichtig ist.
R: Nur eine Frage: Sie haben gewusst, das dieser Informationsbrief verbindlich ist, andere Kollegen nicht! Woher haben sie diesen Wissensvorsprung?
Z3: Was heißt da Wissensvorsprung?
R: Nein, sie haben vorhin gesagt, dass sie wissen, dass die Informationsbriefe verbindlich sind.
Z3: Es ist ein Informationsbrief. An und für sich wird der runtergegeben, er wird im Wachzimmer aufgelegt und wer will, nimmt ihn.
R: Haben Sie Ihre KollegInnen auf die Verbindlichkeit dieser Briefe aufmerksam gemacht?
Z3: Nein, ich meinte mit Verbindlichkeit, er ist nur wichtig.
R: Wir sind doch alle der deutschen Sprache mächtig, verbindlich heißt verbindlich! Kennen sie den Informationsbrief ...04 ? (es geht um den Informationsbrief, der nach dem Tod Markus Omufumas herausgegeben wurde und der den Erstickungstod durch unsachgemäße Fixierung behandelt). Den Informationsbrief kennen Sie nicht?
Z3: Nein.
R: Konnen Sie sagen ob er in ihrem Wachzimmer aufgelegt war?
Z3: Nein. Naja, die liegen halt auf und wer ihn nimmt, nimmt ihn.
SV1: Haben sie in diesm Zusammenhang keine Ausbildungspflicht?
Z3: Schulungen sind dienstlich fast nicht tragbar, es ist so wenig Zeit.
SV1: Schulungen werden vermerkt, die Auslieferung des Infobriefes wird dokumentiert.
STA: Ist Ihnen bekannt, daß die Informationsbriefe in dem Dienstbefehl verbindlich gemacht wurden?
Z3: Nein, von welchem Dienstbefehl sprechen Sie?
STA: Als Sie reingekommen sind haben Sie doch gleich gesagt
'ah, der dienstbefehl'.
R: Nach 2003.
Z3: Ab diesem Zeitpunkt war mir bewußt, daß es verbindlich ist.
A: Ab diesem Zeitpunkt haben sie den Dienstbefehl zur Kenntnis genommen oder den Infobrief?
Z3: Mir wurde ein Schriftstück überreicht, in der der lagebedingte Erstickungstod beschrieben ist.
A: Was machen Sie als Wachkommandant? Legen sie den Infobrief nur aus, oder ordnen sie den auch ein, also legen sie ihn in den Akten ab?
Z3: Soweit mir bekannt ist, wird dieser nicht aufgelegt.
A: Wieso formulieren sie 'soweit mir bekannt'?
Z3: Ein Kollege, der sie sich genommen hat, sammelt sie.
A: Was machen sie persönlich mit den Infobriefen?
Z3: Früher wurden die Informationsbriefe gsammelt, jetzt nicht mehr.
A: Seit wann nicht mehr?
Z3: Sicher seit vor 2000 nicht mehr.
A: Was machen sie seither mit den Infobriefen?
Z3: Ab 2003 werden sie in ein Fach reingelegt, irgendwann verschwinden sie, ich nehme an, dass sie entsorgt werden, vermutlich vom Putzpersonal.
A: Räumt die Putzfrau regelmäßig ...? Sie sagen selbst, dass ihnen bekannt war, dass Infobriefe verbindlich sind ... aha, Korrektur, doch nicht.
Z3: Ich habe gesagt, dass die Informationsbriefe wichtig sind.
A: Wieso, wenn das wichtig war, wieso hat dann die Putzfrau?
Z3: Ich habe nicht die Möglichkeit, die Informationsbriefe einzeln wohinzutragen.
A: Aha, Platzmangel.
STA: Sie haben gesagt sie wurden darüber informiert, daß es um diesen Informationsbrief geht? Da haben Sie es sich gemerkt?
Z3: Mündlich wurde ich informiert, dass es sich um diesen Informationsbrief handelt.
STA: Wurde da darüber gesprochen?
Z3: Nein, mit niemanden.
V3: Das Schreiben das ihnen vorgelegt wurde, kann es sein, daß ihnen mit diesem Schreiben 2004 das mit dem Erstickungstod zur Kenntnis gebracht wurde?
Z3: Das war im Jahr 2004. Mir wurde das schon vorher zur Kenntnis gebracht.
V3: 2002 wurden die Infobriefe auf EDV umgestellt, kein Hinweis darauf, dass in der Zusammenfassung ...
R: Habe ich sie richtig verstanden, sie haben im polizeilichen Intranet gesucht ob sie den Infobrief finden?
V3: Alles ist zusammengefasst, aber von Major A. - kein Hinweis, dass ein Informationsbrief im Intranet dokumentiert ist, die Behörde fand es anscheinend selbst nicht wichtig!
R: Ich verstehe ihre Vorbringung nicht!
(herumgetue)
R: V3 bringt vor, daß die Infobriefe im polizeilichen Intranet archiviert werden indem die Inhalte zusammengefasst werden. Jedoch der Artikel über Erstickungstod wird in der Zusammenfassung nicht erwähnt, nur ein Artikel über Kindergeburtstage im Konzerthaus.
[h3[Vernehmung von Z4 - Revierinspektor H.[/h3]
R: Zuerst eine Frage an die Frau Staatsanwalt. Haben sie diesen Zeugen schon mal vernommen? Kennen sie ihn?
STA: ... Als Anzeiger gegen der Polizeiseite in Erscheinung getreten ... Schriftstück ... ob es weitergegeben wurde ...(?)
V3: Mein Mandant gibt an der Z1 hätte ihn am Freitag bis zum Auto verfolgt.
SV2: Der Zeuge 1 war auch schon vorm Sommer im Gerichtssaal anwesend.
R: Sie sind Ausbilder, Tutor – stimmt das?
Z4: Ja.
R: Seit wann?
Z4: Ich wurde nicht abgestellt.
R: Es hat eine Besprechung 5, 6 Tage vor der ersten Einvernahme gegeben, waren sie da anwesend?
Z4: Ich war nicht anwesend, ich war auf der Universität (als Student) in Krems. Außerdem hatte ich kein gutes Gefühl dabei.
R: Kein gutes Gefühl? Warum? Was wurde beim Telefonat angekündigt?
Z4: Es wurde nichts genaues angekündigt, nur dass es eine Besprechung geben würde zur Klärung der Sachverhalte.
R: Und da haben sie kein gutes Gefühl gehabt?
Z4: Nein.
R: Als Ausbildner, von wem wurden sie da geschult?
Z4: Ich wurde geschult von B. und H., verantwortlich und federführend.
R: Haben sie da auch schriftliche Unterlagen bekommen?
Z4: Ich musste mir die Unterlagen von diversen Einheiten zusammensuchen. Eine definitive Verordnung, dass man nach einem gewissen Schema vorgehen sollte, gab es keine.
R: Ich stelle fest, dass der Zeuge einen Ordner vorlegt mit den Dienstvorschriften des AEK (Anwendung Einsatzbezogener Körperkraft) und stelle fest, dass die Seite 22, die den Zusatz enthält, daß Bodenfixierung nicht lange aufrecht gehalten werden darf, und die Seite 24, auf der steht, daß Bodenfixierung unter 4 Minuten zu dauern hat, fehlt. Ist ihnen dieser Zusatz bekannt?
Z4: Nein.
Telephon läutet. Der Staatsanwalt ruft an und meint, daß sich Z1 bei ihm befindet und angibt, daß er vorhin Blödsinn (eigene worte) geredet hat und gerne nochmal aussagen möchte. R fragt obs allen recht ist, dass er ihn nicht nochmal reinholt, alle nicken, dem Z1 wird abgesagt.
R: Diese Seiten waren ihnen also nicht bekannt?
Z4: Die Unterlagen habe ich mir selbst organisiert.
R: Haben sie mündliche Informationen dazu bekommen? So daß ihnen gesagt wurde, wir haben da eine neue Erkenntnis, das ist gefährlich wenn man in Bauchlage fixiert?
Z4: Ich habe keine Informationen meines Wissens darüber erhalten, kann mich nicht erinnern.
R: Folien und Werbehefte zur waffenlosen Selbstverteidigung werden vorgelegt. Möchten sie das beschreiben?
SV1: Es ist zu erkennen, daß ein uniformiereter Polizist mit der linken Gesäßhälfte und seinem Körperschwerpunkt auf dem Rücken einer Person aufsitzt.
(“Zeichnung” wird rumgegeben)
R: Ist ihnen diese Fixiermethode ein Begriff?
Z4: Nein. Nicht, aber immer wieder werden neue Techniken gebracht, nicht immer werden diese beim Unterrichten eingesetzt.
R: Wir haben von den Instruktoren gehört, dass gelehrt wurde, daß man nicht mit dem ganzen Körper fixieren soll.
Z4: Davon ist mir absolut nichts bekannt.
R: Wieso nicht?
Z4: Weil man den Angehaltenen nicht fixieren kann, es gibt ein zu hohes Gefahrenpotential für den/die fixierenden Beamten.
R: Wenn ich sie richtig verstehe, wenn man so wie hier beschrieben fixiert ist es für denjenigen der fixiert auch gefährlich.
SV2: Der vorliegende Lehrbehelf stellt keinen dienstlichen Befehl dar. Die Verfasser sind nicht berechtigt Infomaterial in Umlauf zu bringen, es gibt eine Vielzahl von gut gemeinten Hilfen die jedoch keine Relevanz haben.
SV1: Die Fixierung in Bauchlage ist Lehrgang? Wie oft haben sie das geübt?
Z4: Oft.
SV1: Sagen sie, ist es im Rahmen eines derartigen Lehrgangs schon mal vorgekommen daß ein Beamter gesagt hat dass er keine Luft bekommt?
Z4: Nein, das ist nie vorgekommen.
STA: Ist bei diesem Lehrgang jemals auf den Zustand des Opfers, äh, auf den Zustand des Angehaltenen eingegangen worden?
Z4: Durch diese Fixierungstechnik, also wenn der Angehaltene in Bauchlage ist, drückt sich das Knie schwerer bei Widerstand in diesen Bereich hinein. Bei keinem Widerstand gibt es auch keine Schmerzen.
STA: Wird bei der Ausbildung darauf eingegangen dass man ja meistens aufgeregte Menschen zu behandeln hat?
Z4: Ja, ich bin darauf eingegangen.
STA: Kennen sie eine tobende Psychose?
Z4: Ich habe eine Vorstellung davon.
STA: Wissen sie was das heißt? Das ist ja kein medizinischer Fachausdruck.
Z4: Grundsätzlich hat man als Polizist seinen Dienstauftrag zu folgen, eine Person ruhigzustellen. Ob das medizinisch definiert ist, sagt nichts. Es wurde so unterrichtet.
STA: Wurde unterrichtet wie mit einer tobenden Psychose umzugehen ist?
Z4: Mir wurde es nicht unterrichtet.
STA: Wenn sie diese Ausbildung haben, bei der der Körper als Waffe gebraucht wird – ich mein, jemand der sich nicht wehrt wird ja nicht fixiert – das ist ja immer eine besondere Situation.
Z4: Meine eigene Ausbildung ist eine Kampfsportausbildung. Ich habe insofern viele Techniken gelernt, jedoch nicht exakt für eine tobende Psychose. Bei meiner Ausbildung wurde nicht exakt darauf hingewiesen.
A: Welche Fixierungspunkte haben sie gelehrt?
Z4: Fixierungspunkte vor der Wirbelsäule, Muskulatur, Schulter- und Halsbereich.
Es gibt eine Skizze. Der Zeuge meint er fixiert immer im vorderen Lendenwirbelsäulenbereich – nicht auf der Wirbelsäule. In der Schulterblattregion wird mit dem Knie fixiert, falls es notwendig ist kann das Knie in Richtung Hals rutschen, dies sei nicht vermeidbar wenn der Angehaltene Widerstand leistet.
A: Bei der Wirbelsäule, wie wird da fixiert, mit den Händen oder mit dem Knie?
Z4: Das wird alles mit dem Knie gemacht. Setzt er keinen Gegendruck, hat er keine Schmerzen.
A: Lehren sie unter Berücksichtigung darauf, ob die Person bereits Handfesseln angelegt hat?
Z4: Die Fixierung dient zum Anlegen der Handfesseln und daher findet das Fixieren in der Regel vor dem Anlegen der Handfesseln statt.
A: Ein Zeuge hat gemeint es sei eine goldene Regel der Ausbildung gewesen den Brustkorb nicht zu belasten – haben sie diese Regel auch gekannt?
Z4: Ich wurde nicht explizit darauf hingewiesen, aber das ist mir klar.
A: Woher war das klar?
Z4: Durch Kampfsport.
A: Ihre Kollegen hier haben gesagt es war ihnen nicht klar!
Z4: Ich habe sehr viel selbst ausprobiert, mit Kollegen oder mit Privatpersonen im Training.
STA: Ist es ihnen so selbstverständlich, daß das zu Atembehinderung führt, daß sie in der Ausbildung nie darauf eingegangen sind?
Z4: Das war im Brustkorbbereich für mich klar. Wenn ich mit ganzem Körpergewicht drauf bin, ist es klar, dass man weniger Luft bekommt.
V2: Haben sie über Rücken- oder über Bauchlage gesprochen?
Z4: Aus meiner Sicht ist es unerheblich, ob das bei Rücken- oder Bauchlage ist. Eine Beeinträchtigung ist sicher gegeben.
V2: Ging es da immer um eins zu eins Anwendung?
Z4: In meiner Abteilung war es eine 1:1-Technik, weil wir auch oft alleine im Außendienst sind.
Vernehmung von Z5 - Revierinspektor G.
R: Sie sind Instruktor gewesen – sind sie das noch immer?
Z5: Ich habe 2003 schon zur ? gewechselt, vorher war ich Instruktor der AEK.
R: Bis 2003 waren sie Instruktor, und seit wann?
Z5: Seit 1997.
R: Es hat eine Besprechung gegeben zwischen Ausbildnern und Instruktoren der Verhandlung.
Z5: Ich habe nicht daran teilgenommen, ich war nachweislich im Dienst.
R: Sind sie eingeladen worden?
Z5: Ja, ich hab es sogar auf der Mailbox. Ich wurde von 2 Personen eingeladen.
Z5 meint es wurde ihm eine Nachricht auf die Mailbox gesprochen. Er hört die Box ab, kann die Nachricht aber zunächst nicht finden. R sagt ihm er soll sie später suchen und dann bringen.
R: Von wem wurden sie instruiert selbst Ausbildungsinhalte weiterzugeben?
Z5: Das ist dienstrechtlich und sportrechtlich eingeteilt.
R: Haben sie das eins zu eins weitergegeben, oder haben sie da auch eigene Inhalte reingebracht?
Z5: Ein roter Faden wurde sicher nicht immer eingehalten, jeder Trainer hat da seine eigene Art.
R: Haben sie Unterlagen bekommen? Diese Unterlagen?
Z5: An und für sich kenne ich die Unterlagen von den Bildern und Ordnern her nur von 1999.
R: Wieso betonen sie, daß sie die Unterlagen von 1999 kennen?
Z5: Es sollte eine neue Ausbildungsvorschrift geben, die gesucht wurde, hab ich von Kollegen erfahren.
R: Die werden gesucht? von wem?
Z5: Weiß ich nicht.
R: Sie selbst haben sie nie zu Gesicht bekommen?
Z5: Weiß ich nicht.
R: Haben sie sie persönlich bekommen?
Z5: Nein.
R: War ihnen der Begriff Lagebedingter Erstickungstod vor 2003 bekannt?
Z5: Bekannt ja. Ich versuche mich selbst weiterzubilden, auch von verschiedenen Trainigscamps in Kanada und Spanien.
R: Training – wurden sie da hingeschickt oder haben sie das privat gemacht?
Z5: Ich habe das immer privat gemacht.
R: Das Phänomen war ihńen schon bekannt?
Z5: Der Erstickungstod wurde ja schon bei Omofuma sehr stark in die Medien gebracht.
R: Sind sie bei der Ausbildung genauer darauf eingegangen?
Z5: Ich könnte mich nicht erinnern, dass das ein Ausbildungsinhalt war.
R: Jetz muß ich sie fragen wieso nicht. Wenn sie doch so einen Wissensvorsprung haben, wieso geben sie den nicht weiter?
Z5: Weil es Ausbildungsrichtlinien gibt. Zur Erstellung dieser gibt es sogenannte Fachkurse, ich war da nie sondern bekomme halt dann das Endprodukt.
R: Naja, ganz ehrlich, ich kann mir schon vorstellen, daß man im Bekanntenkreis lästert, so Vorschrift ist Vorschrift ... aber wenn sie wissen, daß etwas Leben gefährdet, daß sie es dann nicht weitergeben?!
Z5: Wenn es Ausbildungsvorschrift ist, naja.
R: Fixierungstechniken – haben sie je gelernt dass man den Brustkorb nicht fixieren soll?
Z5: Nein
SV1: Sie haben gesagt sie waren nie bei dieser Arbeitsgruppe dabei – sie wurden aber dafür photographiert! (zeigt vor, dass in den Unterlagen mehrere Photos vom Zeugen 5 auftauchen). Wollten sie hier nicht auch eigene Techniken weitergeben?
Z5: Die Techniken sind nicht von mir, mir wurde gesagt: 'da! leg dich hin!'. Das war mein Beitrag zu dem Ganzen. Es waren Fotos von der WEGA genauso drinnen, es wurde alles zusammengetragen. Ich kann mich nicht einmal an meinEn Partner/in erinnern.
STA: Sie haben gesagt seit Omufuma war das ein Thema –
Z5: Das Ersticken war sicher ein Diskussionsfall.
STA: Wurde da in der Polizei darüber gesprochen?
Z5: Ja sicher wurde darüber diskutiert. Es gibt niemanden, der nicht drüber diskutiert hätte.
STA: Unsere Beschuldigten hier haben gar nichts bis sehr wenig gewusst. Wenn sie in der Ausbildung über Fixierung in der Bauchlage geredet haben, haben sie da nie darüber geredet was man da nicht machen darf?
Z5: Ja, im Prinzip geht es darum, dass man nicht die Wirbelsäule durchdrückt.
STA: Nochmal, wurde da nie gesagt, seids vorsichtig mit der Atmung?
Z5: Bei mir wurde eigentlich der Bereich Schultern und Nacken, und Wirbelsäule gemacht.
STA: Und in den 7 oder 8 Jahren haben sie niemals auf die Atmung hingewiesen?
Z5: Primär ging es um den Wirbelsäulenbereich. Atmung hat immer wer anderes gemacht.
A: Welche der Anwesenden haben sie geschult?
Z5: Wahrscheinlich jeden. Kenn ein paar vom Sehen, aber wenn man das über Jahre macht ...
A: Haben sie Fixierung in Bauchlage geschult?
Z5: Ja.
A: Unter der Voraussetzung, dass bereits Handfesseln angelegt sind, oder dass erst welche angelegt werden müssen?
Z5: Im Schulungsbereich, so wie ich es machte nur Fixierung zwecks Anlegen der Handfesseln.
A: Haben sie darauf hingewiesen, daß es notwendig ist so bald wie möglich aufsetzen zu lassen, nicht liegen zu lassen?
Z5: An und für sich ist dann für die meisten das Ziel erreicht. Unter Umständen nach ärgstem, minutenlangem Kampf. Dann sollte für schonendes Wiederaufstehen gesorgt werden.
A: Nein, das war nicht meine Frage, haben sie grundsätzlich gesagt, daß so schnell wie möglich wieder aufzurichten ist?
Z5: Das Aufrichten ist geschult worden, jedoch war da der Zeitfaktor nicht drinnen.
A: Gab es eine Begründung warum Wiederaufzurichten ist? Welchen Grund?
Z5: Schließlich und endlich zum Abtransportieren.
A: Ein Zeuge hat gemeint, es gab eine goldene Regel, eine Grundregel bezüglich der Fixierung in Bauchlage – ist ihnen das auch begegnet?
Z5: In der Zeit war das keine Grundregel.
A: Wurde es ihnen persönlich gelehrt?
Z5: Mir persönlich wurde es nicht gelehrt. Was ich gehört habe, kurz vor meinem Wechsel zur Polizei, ist das Aufgabenbereich der Sanitätsstelle, diese Schulung durchzunehmen.
A: Zu ihrer zeit gab es diese Regel noch nicht – gab es sie später?
Z5: Ich weiß es nicht, ich mache diesen Job nicht mehr.
A: Sie sind ja selbst aktiver Polizeibeamter?
Z5: Ja.
A: Sie haben gesagt, zu meiner Zeit gabs das nicht.
Z5: Ich weiß es nicht.
A: Eine letzte Frage: Wie haben sie gelehrt dass fixiert wird?
Z5 zeigt Fixierung auf Skizze
Z5: Es gibt verschiedene Arten, Knie im Trizepsbereich z.B. eine 2. Variante wo man oben aufsteht, hockerlt davor ....
STA: Wird in der Ausbildung auch der Fall geübt, daß mehr als eine Person fixieren?
Z5: In der Zeit wo ich das unterrichtet habe, wars immer 1:1.
STA: Wir hören die ganze Zeit daß man bei tobender Psychose nicht alleine fixieren kann, ich wollte nur wissen ob das in irgendeiner Form unterrichtet wird?
Z5: Es ist heute ein Unterschied. Bei tobender Psychose geht es in den seltendsten Fällen alleine. Festnahme ist nicht immer gleich Festnahme. Mittlerweile wird das unterrichtet, mit Einsatztraining, wie es jetzt heißt.
STA: Mittlerweile? Seit wann?
Z5: Kann ich nicht sagen. Im Juni 02 wußte ich, dass ausbildungsmäßig was neues kommen wird. Hab in dem Jahr gewechselt, also weiß ich nicht seit wann es unterrichtet wurde.
V1: Ist es richtig, daß Fixiertechniken nur an Menschen ohne Gegenwehr geübt wurden?
Z5: In Wien ist das so.
SV2: Es ist nicht richtig, daß wie Zeuge 5 sagt, die Einsatztrainerausbildung läuft noch wie 1999.
V?: Wenn die Person Widerstand leistet – was lehren sie dann?
Z5: Der Hauptmerkpunkt war Handfesseln dem Menschen anzulegen. Solange er nur rumtobt, kann man nur schauen, dass er am Boden bleibt.
V?: Die Person ist fixiert, schlägt aber weiter um sich – was tun sie da?
Z5: In Wien wurde diesbezüglich nichts weiteres geschult.
V?: Das heißt tobende Psychosen wurden nicht gelehrt?
Z5: In der Praxis ist das schwer umsetzbar.
PAUSE
Nachmittag:
Es wird festgestellt, dass Zeuge 5 die Einladung zu dem Treffen nicht mehr auf seiner Mailbox finden kann. Es sind drei weitere Sachverständige anwesend (SV3, SV4, SV5).
Gutachten:
SV1: Prof. R.
SV2: Polizeigutachten
SV3: Dr. J., Notfallsmediziner
SV4: Dr. B, Neuropathologe
SV5: Dr. H (untersuchte Blut)
SV1: Der 32jährige Seibane Wague ist aus gerichtsmedizinischer Sicht nicht ??? an Herz-Kreislauf-Versagen gestorben. Wie ist es nun zu diesem Herz-Kreislauf-Versagen gekommen?
Hierzu gibt es 4 Faktoren:
1. Druck auf den Rücken
2. Ein fortbestehendes Herzleiden
3. Er war in einem enormen Erregungszustand
4. Er stand unter Drogeneinfluß
Es wurden bei der Obduktion verschiedene Proben entnommen, über 100 histologische Gewebeschnitte angefertigt, das Gehirn entnommen und Dr. B übermittelt, Blutproben und Harnproben der chemisch-toxikologischen Abteilung am ??? überbracht.
Nun zu den 4 Faktoren im Einzelnen.
Faktor 1, die Druckausübung auf den Rücken:
Es wurde in der Amtshandlung Druck auf den Rücken des Mannes der am Boden lag ausgeübt. Es wurden verschiedene Druckpunkte festgestellt, insbesondere eine Blutung im unteren Brustwirbelbereich, Übergang zur Lendenwirbelsäule. Hier stimmt dies mit der Aussage von P2 überein, der sein Knie und den Großteil seines Körpergewichtes an dieser Stelle auf Seibane Wague hatte.
Weiters wurde eine Blutung über dem rechten Schulterblatt festgestellt, dies stimmt mit der Aussage von P1 überein, P1 presste Seibane Wague mehrere Minuten zu Boden.
Es gab noch eine weitere Blutung am rechten Oberarm durch Kompression von P3, der diesen Bereich und den Arm von Wague am Boden hielt.
Weitere Blutungen im Hinterhauptbereich und im Nacken waren zu entdecken, die auf eine stumpfe Gewalteinwirkung erklärbar ist.
Bei einer Kompression des Oberkörpers inkl. Fesselung kommt es zu einer Beeinträchtigung der Atmung und der Kreislauffunktion, wobei letztendlich das im Herz-Kreislauf-Versagen mündete.
Zu Faktor 2, dem fortbestehenden Herzleiden des Herrn Wague:
Hier wurde ein Vorleiden objektiviert, Seibane Wague war 2002 im AKH bei einer sogenannten Belastungsergometrie. Diese Untersuchung wurde bei 63% des Sollwertes abgebrochen.
Auch bei der Obduktion wurde ein vergrößertes Herz festgestellt, es wog deutlich mehr, ca. das Doppelte (600 g). Bei einem durchschnittlichen Mann sind dies 300-350 Gramm. Auch gab es eine Verdickung der linken Kammerwand, die verantwortlich für den Auswurf des Blutes in die Körperperipherie ist. Mit 22 mm war diese deutlich verdickt und mit zahlreichen Narben versetzt.
Diese Dinge lassen sich durch einen weiteren Befund erklären. Seibane Wague hatte einen angeborenen Herzklappenfehler!
Im gegenständlichen Fall waren statt 3 Klappen nur 2 Taschenklappen verdickt und verändert.
Seibane Wague hatte eine Störung der Klappe. Bei jeder Herzaktion gab es einen Rückfluß in den Körper.
Als Ausdruck des Herzleidens auch in Form von wenigen Herzfehlerzeichen, stellt sich als Einschränkung dar.
Faktor 3, der enorme Erregungszustand Herrn Wagues
Seibane Wague war in einem deutlich erregten Zustand. Die tobende Psychose ist jedoch nur ein polizeiinterner Begriff, allerdings war eine vermehrte Herzaktivität mit vermehrten Sauerstoffbedarf vermutlich gegeben. (Ausdruck des 'Schnaufens' von mehreren Zeugen)
Weiters konnte auch eine Stresshormonausschüttung wie zB von Adrenalin in Glaskörperflüssigkeit und Blut nachgewiesen werden.
Faktor 4, Drogeneinfluß
Die chemisch-toxikologische Untersuchung hat ergeben, dass Cannabinoide gefunden wurden, was ein Inhaltsstoff bei Wirksubstanzen wie Cannabis und Haschisch ist. Auch diese Einwirkung kann eine erhöhte Herzfrequenz zur Folge haben, gerade bei herzkranken Menschen.
Jedoch ausschlaggebend war der Druck, der auf dem Rücken des Mannes lastete. P2 hat 85 - 90 kg und ein Großteil – wenn nicht das ganze Gewicht – waren für mehrere Minuten auf Seibane Wague, und die Kombination mit der Druckausübung im Schulterbereicht durch P1, 104 kg, wo ca. 20 Prozent des körpereigenen Gewichts, also ca. 20 kg auf ihm lasteten. Weiters waren im Bereich des rechten Oberarmes, der schräg gefesselt nach hinten war bzw. nach unten gedrückt wurde durch P3, 95 kg, davon kamen ca. 20% zur Anwendung. Also insgesamt lastete ein Druck von mehr als 100 kg über mehrere Minuten auf Seibane Wague. Dies folgt zur Beeinträchtigung der Atemexkursion, der Kreislauffunktion und der Rückfluß zum Herzen wurde gestört.
All diese Beobachtungen halte ich aufrecht.
SV3, Dr. B:
Der Kreislaufstillstand wurde verursacht durch Druckgeschehen auf den Körper des Seibane Wague.
Insbesondere durch seinen Zustand der körperlichen Erregung war ein erhöhter Sauerstoffbedarf notwendig. Daraus resultiert der Begriff Lactazethose.
Druckeinwirkung führt in unterschiedlichen medizinischen Diszipinen zu unterschiedlichen Namen:
Die Rechtsmedizin spricht hier von Periphes (Druckstau), die Unfallchirurgie von einem Torax-Kompressions-Syndrom, das auch bei Lawinenopfern bekannt ist bzw. bei Menschenmassen die sich gegenseitig erdrücken wie zB Berg Isel.
Die englischsprachige Literatur nennt das eine Positionelle Asphyxie, die definiert wird durch den Zustand einer Atemeinengung, wenn der Organismus sich nicht selbst befreien kann ?? und keine erkennbaren anderen Todesursachen zu finden sind.
Aber es gibt einen deutlich höheren Risikofaktor bei Druckeinwirkung im Brustkorb von herzkranken Menschen oder unter Drogeneinfluss als bei anderen Menschen.
Zur Notfallsmedizin aus Gutachten insbesondere hinsichtlich formulierter Fragen des Richters ist zusammenfassend zu ergänzen: Eine wesentliche Frage war die Erkennbarkeit des Herz-Kreislauf-Stillstandes bei der Fixierung bzw. der Zeitsituation. Ein Kreislaufstillstand fand sicher zum Zeitpunkt des Hochhebens auf die Rettungsbahre statt. Die Reanimation erfolgte 3 bis 4 Minuten später. Innerhalb dieser Zeit wurde eine Wiederbelebung unterlassen. Dieser Zeitraum würde sich verlängern, wenn man annimmt, dass der Herz-Kreislauf-Stillstand in 2 oder 3 Minuten der Fixation erfolgte. Dieses Gutachten halte ich für aufrecht.
Von R. weiters noch zusammengefasst hinsichtlich des notfallmed. Gutachtens:
Anhand von 12 Fragen waren Vorbemerkungen im wesentlicher medizinischen Vorgeschichte zu behandeln, ein Zwischenbefund zu erstellen, ein Befund über die Zeitabläufe (orientiert am Video, am Video erkennbares am-Boden-halten von 2min 31 sec. Weiters erfolgte eine übermäßige Gewichtseinwirkung von 5 bis 7 Personen. Bewegungsabläufe wie Tasten des Pulses wurden verunmöglicht. In der internationalen Literatur wird davor gewarnt, eine Fixierung zu lange durchzuführen. Die Frage des Vorhersehens von gesundheitlichen Problemen sei äusserst schwierig. Auch bei der Zeitspanne zwischen Pulsstillstandes und Beginn der Reanimation, wären aus notfallsmedizinischer Sicht sofortige Reanimierungsbemühungen angebracht. Eine Reanimation außerhalb des Rettungsfahrzeuges sei sinnvoll, auch bei einer entsprechenden Laienschulung wäre zumindest eine Herzmassage sinnvoll gewesen.
Im Video stellt sich bereits ersichtlich ein Herabfallen des Kreislaufes dar. (sichtbar durch das Herabfallen des rechten Fußes). Eine Haldol-Spritze ist grundsätzlich gerechtfertigt, jedoch ist festzuhalten, dass bei schnellem Nachlassen des Widerstandes das nicht das Medikament sein kann, das erst nach 10 bis 15 Minuten wirkt, sondern das ein Herz-Kreislauf-Problem sein muß. Hier hätte der Notarzt entsprechend reagieren müssen. Es ist bei einer Echtzeit von 2h 31min der Herz-Kreislauf-Stillstand eingetreten. Die Todesursache war eine Fixationsbedingte Asphyxie.
SV4: Mein vom 17.1.03 erstelltes Gutachten halte ich aufrecht. Ich habe das Gehirn von Seibane Wague untersucht. Mit freiem Auge war eine deutliche Volumensvermehrung des Gehirnes sichtbar, was ein Zeichen eines ausgeprägten Hirnödems ist. Histologisch neben dem Befund mit freiem Auge hat ergeben, dass die Nervenzellen Zeichen einer ??frühkindlichen?? Schädigung aufwiesen.
SV5: Wir haben kein Haldol im Blut gefunden. Wenn eine solche Konzentration vorgelegen hätte, hätte man das feststellen können. Weiters war eine sehr hohe auffallende Konzentration von THC festzustellen, Seibane Wague war sicherlich durch Haschisch beeinträchtigt. LSD war eindeutig auszuschließen.
SV2: Ich halte mein Gutachten vom 21.12.05 aufrecht. Ich prüfte bei meiner Befundaufnahme neben dem Ausbildungsstand der Beschuldigten auch den Erfahrensstand hinsichtlich Einsätzen bei psychotischen Menschen.
P5 hatte einen solchen Erfahrungsstand, wurde aber bei Durchführungen hierbei auch mehrmals verletzt. P3 hatte auch Erfahrungen bei solchen Einsätzen, P4 hatte einen erhöhten Erfahrungsstand, wurde auch verletzt. P1 verfügt hierbei über einen durchschnittlichen Erfahrungsstand und P2 hat einen guten Erfahrungsstand und wurde auch mehrmals verletzt. P6 einen durchschnittlichen.
Außer Zweifel steht, dass Polizei- und Rettungseinsatz notwendig war. Es gab 2 separate Abläufe vor der Amtshandlung, die danach ineinander verschmolzen: Amtshandlung betreffend den Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung und die Amtshandlung hinsichtich einer Psychose.
Hierbei ist die Fesselung gängige Praxis, diesbezüglich sind auch die Rechtsgrundlagen klar und eindeutig.
Die Personen sind für Fesselung verantwortlich, die Polizeibeamten handeln nur aufgrund ihrer Erfahrungswerte.
Auch das eine Person mit Fesselung noch zusätzlich fixiert wird, ist gängige Praxis. Im gegenständlichen Fall waren dies Handfesseln am Rücken und Gurt auf der Trage. Es war eine Unterschätzung der Situation von Polizisten und Sanitätern. Bei jeder Überwältigung einer agressiven Person sind mehrere Polizeibeamte erforderlich. Von der körperlichen Voraussetzung her könnte ja ein Polizeibeamter einfach einen Faustschlag setzen, doch wäe eine solche Maßnahme nicht rechtmässig.
Ich habe auch das Gutachten ergänzt: Laut Zeugenaussagen der Exekutive gingen die Informationsbriefe an alle Wachzimmer. Offensichtlich wird diesem Brief und anderen wenig bis gar keine Beachtung geschenkt. eine nachweisbare Dokumentation dieser Informationbriefe konne nicht erhoben werden. Das heißt, dass das Bundespolizeikommando Wien auch keine Kontrolle über die Verbreitung der Information übten und auch die Wachkommandanten es nicht mit dem Dienstbefehl hinsichtlich der Informationpflicht es sehr genau nahmen.
Es gibt in der archivierten Zusammenfassung des Informationsbriefes auf der Seite 24 B keinerlei Informationen über den lagebedingten Erstickungstod. Innerhalb der Trainer wurde mit abgeänderten Unterlagen unterrichtet, der Verfasser konnte nicht erhoben werden. Es besteht die Annahme, dass die AEK-Ausbildung zwischen 1999-2003 mit nichtgenehmigten u. autorisierten Schulungsunterlagen arbeitete.
Insbesondere wied der Nachweis erbracht, dass bei den AEK-Ausbildungen dort unterstrichene AEK-Termine nicht belegbar waren. Diese Ausbildungen fanden zwar statt, wurden jedoch nicht erfasst oder nachgewiesen.
Die Fortbildung im Bereich Anwendung von einsatzbedingter Körperkraft wird als nicht ausreichend eingestuft. Der Polizei- und Rettungseinsatz war notwendig und schlüssig. Fehlende Vorschriften führten aufgrund von Erfahrungswerten zu Maßnahmen, die ergriffen wurden. Das Überwältigen und zu Boden bringen wird als notwendig erachtet. Auch eine Fixierungsmaßnahme war notwendig. P2 und P3 hatten allerdings eine fehlende Koordination. Bei lebensnaher Betrachtung wird jedoch festgestellt, dass dieser Ablauf normgerecht ist.
MITTAGSPAUSE
R: Die Fragen an die Gutachter bitte jetzt. Wenn ich das richtig interpretiere sehen sie es als Todesursache daß verabsäumt wurde früher mit der Reanimation zu beginnen?
SV3: Ja.
R: Prof. R (SV1), haben sie diese Frage nicht behandelt weil sie nicht in ihrem Kompetenzbereich lag, oder weil sie es als nicht kausal sehen?
SV1: Ich habe sie nicht behandelt, weil das nicht mein Kompetenzbereich ist. ich sehe mich als Gerichtsmediziner.
R: Die Frage nach der Fixierung – ich zitiere: Übermäßige gewichtseinwirkung, die zweite Frage möchte ich zunächst eingrenzen, der Zeitpunkt vom Verabreichen der Haldol Spritze bis zum Zeitpunkt an dem Wague reannimiert wurde. Sie sprechen davon daß mindestens drei bis vier Minuten lang versäumt wurde zu reanimieren und daß der Verdacht hätte aufkommen müssen, daß es eine andere Ursache als die Haldol Spritze für Wagues erschlaffen gibt.
Aus notfallmedizinischer Sicht, was hätten sie für sinnvoll gehalten, bezw für medizinisch notwendig?
SV3: Bei der Verhandlung im Juni wird v. Besch. mehrfach dargestellt, dass Abwehrzeichen erkennbar seien...
SV1: Wenn nach 1 bis 2 Minuten (das wäre unter Eingrenzung möglich) nach Verabreichung von Haldol kein Lebenszeichen zu vernehmen ist, dann muß der Verdacht vorliegen, dass es andere Ursachen hat, dass die Regungslosigkeit eine andere Ursache hat als das Medikament. Das Präparat wirt erst nach 10 bis 15 Minuten.
R: Eine Bewegungslosigkeit stellen sie aufgrund des Videos fest. Dh sie wissen nicht wieviel Zeit vergangen ist.
SV3: Nach meiner Zeitaufstellung, ja
R: Sie gehen davon aus das zwischen Spritze und Nachlassen des Widerstandes ca eine Minute vergangen ist?
R: Wenn gesehen wird daß der Widerstand nachlässt, was sollten sie dann tun?
SV3: in lautes Ansprechen der Fixierenden um zum Patienten vorwärtszukommen und ihn zu untersuchen. (Bezüglich Notarzt)
R: Hätte es Erfolg gehabt? Welche Maßnahmen würden sie aus medizinischer Sicht für sinnvoll erachten?
SV3: Der Erfolg wäre eine Verkürzung des Zeitpunktes zum eigentlciehn Beginn der Wiederbelebung gewesen und jede frühere Einsetzung dieser hätte vmtl. die Lebenschancen erhöht.
R: Anders formuliert: Hätte ein Arzt (damit meine ich ein Arzt, ein Sanitäter, daß ist hier immer nur ein Normmensch, eine Maßfigur) erkannt oder erkennen können daß sich Wague in einem Zustand befindet in dem Hilfe von Nöten ist? Wie hätte er das erkennen können?
SV3: Er hätte an der Schlaffheit der Körpermuskulatur erkennen können, dass ein Verdacht auf Kreislaufstillstand vorliegt.
R: Und welche konkreten Maßnahmen hätte er nach dem Erkennen setzen müssen?
SV3: Befreiung von den Fesseln, Reanimation....
R:Wir haben gestern einen Zeugen vernommen, der meinte daß ein Prinzip ist daß die Reanimation auf hartem Untergrund erfolgen soll. Wague lag auf hartem Boden. Hätte in diesem Fall der Arzt gleich reanimieren sollen?
SV3. Es ist prinzipiell der raschest mögliche Zeitpunkt anzustreben, das liegen am Boden wäre hier ideal, trotzdem ist es grundsätzlich günstiger für die Behandelnden ihn auf eine Trage zu geben, da eine schnellere medizinische Versorgung (zB mit techn. Hilfsmitteln...) möglich ist. Für den Patienten ist es aber besser am Boden.
R: Für den Hilfsbedürftigen ist es besser er wird gleich am Boden reanimiert?
SV3: ja.
R: Sachverstndiger, ist ihrer Ansicht nach eine Reanimation auf einer Bahre möglich? Wenn Wague auf der Bahre lag, was ist besser – gleich mit der Hermassage zu beginnen oder zuerst auf den Boden legen? was sagen sie, sie kennen das Video?
SV3: Das grundsätzliche Problem beim gegenständlichen Verfahren war die Bauchlage Wague´s. Es gibt keine Nachweise, dass eine Herzmassage bei einem Bauchliegenden effektiv ist. kDaher kann ich darüber keine Aussage machen.
R: Gut. gibt es noch andere Methoden jemanden mit HerzKreislaufStillstand medizinisch zu behandeln, außer der Herz Massage?
SV3: Künstliche Beatmung.
R: Ist diese auch mit Handfesseln möglich?
SV3: In Seitenlage, ja.
R: Wir dürfen nicht vergessen daß wir eine juristische Frage zu behandeln haben. Es stellt sich die Frage ob das Risiko im nachhinein höher war... Also wenn der Notarzt früher eingeschritten wäre, und gesagt hätte, ich möchte die Lebenszeichen überpüfen, hätte er dann reale Überlebenschancen gehabt?
SV3: Den Begriff “real” kann ich nicht bestätigen, da keine Reanimationsmaßnahme hundertprozentig ist.
R: Ich muß sie umgekehrt fragen, wenn sie sagen die Erfolgschancen können sie nicht nennen – warum macht man denn das dann überhaupt?
SV3: Wenn man das tut, hat man zu einem bestimmten Prozentsatz Erfolge. Das kann man ja nie im Vorhinein sagen.
R: Zum 2.Thema Kreislauffixierung. Prof R. - es geht um die Art und Intensität der Fixierung. Hinsichtlich Fixierungszeit möchte ich das Video in Errinnerung rufen aus dem ersichtlich ist daß nicht alle gleich lang fixiert haben.
SV1(Angaben in Videoechtzeit): P1 bis min 2:31, P2: bis min 2:31, P3 bis min 2:08, P4: bis zur min 1:40 , p5: bis zur min 1:08, P6: bis 1:19min (mit Hand), S1: bis 0:46 min (u. mit Körperkontakt bis 0:51, S2: bis 1:37, S3: bis 2:31 (mit kurzer Unterbrechung)
R: Es wurde bis jetzt immer Fixierung als ganzes betrachtet, sie haben heute differenziert für die einzelnen Beschuldigten. Können sie das nochmals sagen? Ist es überhaupt möglich die Causalität in einzelne Tathandlungen zu zerlegen?
SV1: Zur Fixierung der einzelnen Beschuldigten möchte ich v. a. die Fixierung im Brustwirbelsäulenbereich zur Lendenwirbelsäule durhc P2 grundsätzlich in den Mittelpunkt stellen. wo ein Großteil wenn nicht das gesamte Gewicht zum Zusammenpressen des Bauch- und Brustraums geführt hat. Bei einer ca. 2 minütigen Fixierung ist so mit einer Beeinträchtigung des Brustraumes, der Atmung, des Kreislaufes und der dadurch auftretenden Behinderung des Rückflusses zum Herzen zu rechnen.
Auch P1, der im Bereich der Schulter ca. 2 bis 3 Minuten fixierte, auch hier gab es sicher eine Behinderung der Atembeweglichkeit und der Atemhilfsmuskulatur, die beeinträchtigt wurde. Somit ist auch hier ein kausaler Zusammenhang gegeben.
Auch bei P3, der den Bereich des Oberarmes über hatte, gibt es die Komponente die ursächlich an einer Beeinträchtigung der Atmung und des Kreislaufes mitgewirkt hat.
Weitere Einwirkungen durch Kopf (P4) , das war aber eher nicht ursächlich im Zusammenhang mit einer Beeinträchtigung der Körperfunktion.
S2 sicherte den linken Oberschenkel (mit seinem linken Bein). Hier könnte dadurch der Blutrückfluß zum Herzen gestört worden sein, das wäre zu gewichten. 80 Prozent des Blutes befinden sich im sogenannten Niederflußsystem. Hier möchte ich aber gerne auf den Patophysiologen verweisen.
R: Also gibt es hier eine Kausalität?
SV1: P1: ja, P2: ja, P3: ja, P4: nein, S1: nein, zu S2, S3, P5 und P6 möchte ich keine Aussage machen.
SV3: Versuche nicht einzuschränken auf Fixierung, in Verhinderung der Atmung, sondern durch Gewichtsdruck auf den Körper insbesondere in Bauchlage wird der Rückfluss beeinflusst, selbst bei keiner Fixierung und Gewichtsauflage durch… der wichtigsten Adern Blut zum Herzen führt.
P2, P3 und S1 sind hier am stärksten zu gewichten. Nicht das Gewicht allein löst Kreislaufprobleme aus, sondern auch die Fesselung. Dadurch dass die Person gefesselt ist entsteht eine gürtelförmige Einengung des Bauchraumes. Arme wirken wenn sie auf den Boden gedrückt werden, wie ein Gürtel. Gewicht auf Ober-, Unterschenkel beeinflusst auch, aber nicht vordergründig und kausal.
R: Weil sie gerade die alleinige Kompression ins Spiel gebracht haben – wir haben gerade vom Sachverständigen gehört daß Angeklagter1 eine entscheidende Rolle gespielt hat. Wenn diese Fixierung nicht stattgefunden hätte, hätte qwague dann eine reale Überlebenschance gehabt?
SV3: Ich kann das nicht beantworten.
SV1: Ich kann das auch nicht beantworten.
R: Sie haben ja eine intensivmedizinische Ausbildng, kann man davon ausgehen daß das was sie wissen, daß das auch ein Notarzt weiß?
SV3: Nein, Notarzt ist eine Begleitausbildung. Ein durchschnittlicher Notarzt ohne anästheologische Grundausbildung hat dieses Wissen nicht.
R: Meine nächste frage wäre gewesen ob Sanitäter dieses Wissen haben?
SV3: Sanitäter keineswegs.
R: Und medizinische Laein?
SV3: Laien auch nicht.
R: Die Situation auf dem Video, ihrer Meinung nach, war da für einen Arzt vorhersehbar, daß es zu medizinischen Komplikationen und auch zum Tod kommen kann?
SV3: Notärzte haben sehr unterschiedliche Ausbildungswege...
R: Also folgendes, wir haben gehört daß eine Fixierung im Brustbereich für die Atmung schlecht sein kann, wenn daß ein medizinischer Laie weiß, wie kann dannn medizinisches Fachpersonal das nicht sehen?
SV3: Da muß ich die Frage missverstanden haben.
R: Bitte dieses Mißverständnis zu lösen!
SV2: Das Missverständis war darin begründet, ein Kreislaufversagen zu erkennen. Aber das eine Gewichtseinbringung zu einer Beeinträchtigung von Atmung und Kreislauf führt, muß schon angedacht werden (für Notarzt).
R: In der Verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, die aktenkundig ist sind 2Akte vermerkt, der eine ist daß Wague nicht ordnungsgemäß im Rettungswagen fixiert wurde. ...Polizei...da haben wir eine Frage an sie: Der Notarzt trifft ein und erklärt sich bereit den Herrn Wague mitzunehmen. haben sie persönlich Erfahrung mit tobender Psychose? Wenn ja, die Polizeibeamten haben gemeint es war nicht vorauszusehen daß Wague sich befreit. War das vorauszusehen? Wie hätte es verhindert werden können?
SV3: Vorausgeschickt: Ich habe Erfahrungen mit einer tobenden Psychose. Der Patient soll umgangssprachlich gesagt “niedergeredet” werden, gelingt dies nicht, bzw. zur Verhinderung einer allgemeinen Gefährdung kommt es zum Einsatz mit Polizei, und weiters zu einer Verabreichung von Medikamenten unter Zwangsmaßnahmen bzw. zu alleinigen Zwangsmaßnahmen mit Exekutivbeamten.
R: Denken sie es wäre notwendig eine Spritze zu verabreichen? Haben sie das schon gemacht?
SV3: Ich habe das schon selber gemacht, um Eskalation zu verhindern.
R: Zur Frage der Vorhersehbarkeit. Sie sagen für sie als Notarzt war es vorherzushen daß es zu Komplikationen und zum Tod kommen kann?
SV3: Ja, als Arzt ist das vorhersehbar. Der Laie ist nicht Exekutivbeamte. Allein mit Erste Hilfe Ausbildung ist das also nicht vorhersehbar. Gab es bereits eine Schulung, dann ja.
R: Ich habe eine abschließende Frage: Wir haben Zeugen Aussagen darüber, daß Wague Schläge am Kopf bekommen hat. Können sie eine Aussage darüber treffen ob die die Verletzungen die sie festgestellt haben durch Schläge oder auch durch andere Umstände erfolgt sein könneten? Unter der Annahme es hätten Schläge stattgefunden, wären diese in irgendeiner Weise verantwortlich für den Tod?
SV3: Bei der Obduktion haben sich mit verweis auf Abbildung 8, On 30 auf der Unterlippe kleine Blutunterlaufung gezeigt. Entweder wurden diese durch stumpfe Gewalteinwirkung, z.B. Faustschlag, oder Schlag mit Gesicht auf den Boden, ob aktiv durch Wague oder indirekt durch Aufdrücken und Kontakt mit der Unterlage.verursacht. Im Hinterhauptsbereich gab es eine blutige Durchsetzung durch stumpfe Gewaltauswirkung oder Druckeinwirkung. Diese Verletzungen sind aber nicht in einen kausalen Zusammenhang mit der Todesursache zu sehen.
STA: Ich möchte bei der Frage nach der Causalität einhacken. Können wir annehmen daß sie Wague in einem Panikzustand befunden hat?
SV1: Davon ist auszugehen. Bei einer zusätzlichen Untersuchung in Göttingen wurden auch Stresshormone nachgewiesen.
STA: Begünstigt diese Panik auch die schlechte sauerstoffzufuhr?
SV1: Ja, das ist der Fall.
STA: Kann man annehmen daß wenn jemand Panik hat, und man hält auch noch den Kopf fest, daß das die Panik noch verstärkt?
SV1: Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Das es sich begünstigend auswirkt, ist zwar lebensnah nachvollziehbar doch medizinisch nicht sicher zu sagen.
STA: An SV3: sie haben gesagt der Notarzt müsste in dem Moment einschreiten, in dem er den Verdacht auf HerzKreislaufStillstand erkennt. Ist es nicht so daß ein Notarzt auch schon vorher wenn er erkennt daß jemand die Atmung eines anderen einschränkt sofort eingreifen müsste?
SV3: ch habe gerade gesagt, wenn er erkennt, dass Kreislauflosigkeit und Schlaffheit der Muskulatur vorhanden sind, das wäre der notwendige Eintritt. Grundsätzlich wird man von Notarzt per se erwarten, dass er sich in Summe eine Erkenntnis über die Lebenszeichen verschafft, d.h. sich um Kenntnis für diese Lebenszeichen auch bemüht.
STA: Es geht nicht nur um die Kontrolle der Lebenszeichen sondern um eine objektive Situation in der ein Arzt erkennen muß daß jemand nicht mehr atmen kann.
SV3: Meine persönlichen Erfahrungen in solchen Situationen sind gezeichnet von einer unterschiedlichen Dynamik. Es kann vorkommen, dass der Notarzt – auch wenn er einzuschreiten versucht – nicht gehört wird.
STA: Muß er rufen? Muß er schreien?
SV3: Zumindest, ja.
STA: Vielleicht nocheinmal zur Vorhersehbarkeit. Ich brauche doch wirklich keine besondere Ausbildung um zu erkennen daß eine Einschränkung der Atmung zur Einschränkung führt.
SV3: Das ist abhängig von einer Zeitdynammik. Bei dem Eindruck von einem gesunden Menschen ist es nicht zu erwarten, dass extreme lebensbedrohlicher Moment gegeben ist, d.h. in dem Falle ist die Vorherbarkeit für den Notarzt nicht möglich.
STA:Mit Fesselung der Hände?
SV3: Es wird von Fällen berichtet (in Fachmedien), dass etwa nach einer halbstündlichen Fixierung durch Gewicht der Tod eingetreten ist.
STA: Wenn man davon ausgeht daß [...], Erregung, Stöße, alles gleich – wie lang hätte er dann ausgehalten?
SV3: Das kann ich nicht beantworten.
STA: Eine andere Frage zu Haldol. wenn sie sagen daß die Wirkung ca 10 bis 15 Minuten nach Verabreichen der Spritze einsetzet – ich versuche mir das vorzustellen, der tobt da weiter – wie ist da vorzugehen? Ich kann mir das garnicht vorstellen?
SV3: Grundsätzlich wird in der Notfallmedizin angestrebt, das Präparat in solchen Mengen zu injizieren, dass es sofort in den Kreislauf gelangt. Allerdings ist das Auffinden von Venen in der Praxis schwierig und das Verabreichen v.a. in Bauchlage undurchführbar.in einer Notfallssituation, in der man hofft, dass Präparat in 10-15 Minuten wirkt.
STA: Nein, das ist eine Frage an den Polizeisachverständigen. Wie ist da weiter vorzugehen wenn der noch 10 bis 15 minuten toben wird?
SV2: Ich kann dazu aufgrund meiner Erfahrungen sagen, federführend ist der behandelnde Arzt, der Beamten anweist.
STA: Das verstehe ich nicht, sind dann die Sanitäter zuständig daß er ruhig bleibt?
SV2: Die 1.-Hilfe-Maßnahmen liegen in der Verantwortung des Arztes, nur perifer bei den Exekutivbeamten.
STA: Moment, dann sagt der Arzt wie denn der Gefesselte weiter zu fixieren ist?
SV2: Ich kann das aufgrund von Praxiserfahrungen sagen. Federführend ist heir der verabreichende Arzt, der den Rest der Polizei diktiert.
STA: Nächste Frage, sie haben gesagt es war bedingt notwendig Wague so lange zu fixieren?
SV2: Man muß vom Ziel der handelnden Personen ausgehen, und das zu erreichen war hier das Anlegen der Fußfesseln.
STA: Wenn ich sie richtig verstanden habe, hat er sich garnicht mehr gerührt als die Fixierung aufgehoben wurde?
R: Das stimmt so nicht.
STA: Ich ziehe die Frage zurück. was heißt, nur bedingt notwendig – war es dann garnicht notwendig?
SV2: Aufgrund meiner Beurteilung war eine Fixierung in 3 Bereichen notwendig:
im Kopfbereich
im Brustbereich
u. im Fußbereich.
Daher war es bedingt notwendig, also war praktisch notwendig. Ich kann aber nicht beurteilen was hier zuviel war oder wer Hauptverantwortlich dafür war.
STA: Wäre es sachgerecht gewesen wenn die Beamten mit der Fxierung in dem Moment wo der Widerstand nachlässt auch nachlassen?
SV2: Die Fixierungsdauer ist eine verhältnismäßige Frage für mich. Also eine Rechtsfrage, die ich nicht klären kann.
R: Darf ich kurz unterbrechen. Der Verwaltungsgerichtshof stellt fest daß es auch möglich sein müsste daß 6 personen einen Tobenden in die Rettung bringen.
SV3: Ja, ich kann sagen, dass es nicht gewährleistet ist durch die Anwendung hoher Kraft jemanden mit 65 kg in den Rettungswagen zu bringen. Meiner Meinung ist sowas nicht unmöglich und ich habe Erfahrung in dem Bereich.
STA: Wie muß man sich den Todeseintritt vorstellen? Versagen da langsam die Organe oder geht das plötzlich?
SV1: Im Hinblich auf den Befund gehe ich von einem schlagartigem, raschem Geschehen aus.
STA: Es konnte nicht eingegrenzt werden wann denn nun konkret der Tod eingetreten ist. Wann war er jetzt wirklich tot? welche Bedeutung hat das in der Medizin – er hat keinen Puls mehr?
SV2: Kurz aufklärend: Von klinisch tod spricht man, wenn eine Puls- und Atemlosigkeit vorliegt, d.h. auch , das Gehirn ist nicht durchblutet. Allerdings muss die Atemlosigkeit nicht gleich nach sec. der Pulslosigkeit eintreten. Atem- und Pulslosigkeit zusammen sind als klinischer Tod bekannt. Der Übergang vom klin. Tod zum irreversiblen biologischen Tod kann durch Wiederbelebung verhindert werden. Wenn die Reanimation erfolglos auf den klin. Tod bleibt, tritt entgültig der biologische Tod ein.
STA: Wann kam es zum Eintritt des klinischen Todes?
SV3: Der Eintritt des klinischen Todes gilt als gesichert bei der Videoverschriftlichung von 2:31, als er völlig starr auf die Bahre gehoben wird. Es ist annehmbar, dass der klinische Tod bereits während der Fixationszeit eingetreten ist, das ist jedoch nicht nachweisbar.
STA: Und kann man mit hiolfe des Videos sagen wann er noch gelebt hat?
SV3: Am Video sind nie Lebenszeichen ersichtlich.
STA: Wenn jemand am Boden liegt und fixiert wird, ist es dann möglich daß man verstärkte Atemnot sieht? Alle Zeugen wurden befragt ob ihnen etwas an der Atmung aufgefallen ist. Ist das aus medizinischer Sicht überhaupt möglich daß der normal und ruhig atmet?
SV3: Das er ganz normal und ruhig atmet ist unmöglich, er mußte nach dieser Kraftanstrengung intensiv atmen.
R: Wenn ich 'normal atmen' in 'den Umständen entsprechend' modifiziere? Ab wann hätte es für alle Anwesenden offensichtlich sein müssen daß Wague an Atmenproblemen leidet?
SV3: Als nach Anlegen der Fußfesseln das Bein schlaff herabfällt. Allerdings kann ich hier nicht den fließenden Übergang zwischen einer situationsentsprechenden Atmung zu einer beeinträchtigten Atmung zur lebensbedrohlichen Atmung eingrenzen.
R: Eine andere Frage. Ich muß betonen dass wir uns in einem Fahrlässigkeitsdelikt befinden, da ist genau beschrieben was das ausmacht. Wir haben gehört daß Wague einen Herzfehler hatte. war das so A-typisch daß man keinesfalls damit rechnen musste?
SV1: Solche Vorerkrankung wie bei Seibane Wague ist eine nicht sehr bekannte aus dem medizinischen Bereich. Ist bei uns selten geworden.
R: Ich muß sagen, davon bin ich ausgegangen. ich wollte es nur nocheinmal bestätigt haben.
STA: Das heisst Seibane Wague war aufgeregt, atemlos, wurde zu Boden gerungen, fixiert. Jetzt merken Polizeibeamte daß er nach Luft ringt. Müsste man...
SV3: Deshalb gibt es den Begriff “verschnaufen”, das macht man nach körperlicher Anstrengung um sich zu erholen.
allgemeine Aufregung. der Richter liest vor was der Sachverstndige vorhin gesagt hat
STA: Meine abschließende Frage war ob wenn er eh schon schlecht atmet, dann nicht jeder erkennen muß daß es die Atmung weiter einschränkt wenn ich ihn zu Boden ringe? War diese Fixierung gerchtfertigt?
R: ich kann diese frage nicht zulassen, das ist eine Rechtsfrage und keine medizinische Frage.
STA: Dann frage ich anders: ist es gefährlich?
SV3: Sonst gäbe es das Wort verschnaufen nicht. Wenn man nicht verschnauft, stirbt man.
STA: Wie groß war das Ausmaß der Gewalteinwendung wenn Blutungen entstanden sind?
SV1: Das Ausmaß der Fixierung ist anhand einer Blutung ist in einem größeren Zusammenhang schwierig.
STA: Auch nicht massiv oder leicht?
SV1: Differenzieren durch Ausmaß der Fixierung ist unmöglich. Ich würde den Begriff nicht massiv verwenden, das kann ich nicht ratifizieren.
A: Im gutachten Seite 10 haben sie ausgeführt daß das Verhalten von Wague auf tobende Psychose schließen lässt. Welche Indizien ließen darauf schließen?
SV3: Vor allem die Aussage meines Wissens des einen Zeugen, dass Wague sich ans Auto geworfen hat und es zu beschädigen versuchte, die Autotüre aufzureissen versuchte etc. Ich beziehe mich hier auf die Aktenlage.
A: Das wa sie sagen, also wie soll ich das von einer normalen Psychose unterscheiden? ich stelle mir vor an der Intensität? Da gab es ausagen daß es 'Please, talk to me!' gesagt hat. Das kann man interpretieren wie man will.
SV3: Eine Psychose kann im Alleingang existieren, zB in Form von Halluzinationen. Eine Psychose mit körperlicher Aktivität hat sehr viele unterschiedliche Bezeichnungen (Furor, Amoklauf,...). Von vielen Zeugen ist beobachtet worden, dass er am Gehsteig tanzt, sich auszieht, etc. Hier muß man von einer Selbstgefährdung ausgehen.
A: Warum kann man aufgrund von Tanzen und ausziehen von Selbstgefährdung ausgehen?
Sv2: Er tanzt auf der Straße weiter und könnte zusammengeführt werden.
R: sind das Anzeichen einer tobende Psychose?
A: Welche Anzeichen genau? Ich kann als Laie nicht erkennen wieso das Anzeichen einer tobenden Psychose sein sollen?
SV2: Als Anzeichen für eine tobende Psychose könnte v.a. der Versuch, sich zu M. Zugang verschaffen zu wollen, gesehen werden. Der Steinwurf sicher auch.
V3: Das kann der Sachverständige nicht beantworten. wiso sitzt da nicht ein Psychater?
SV3: Ich kann die Frage mit meiner Sachverständiger-Sicht bejahen, ohne einen Psychiater beizuziehen. Eine tobende Psychose ist keine Fachbezeichnung, aber kann subsumiert werden unter paranoider Psychose mit Verfolgungswahn und körperlicher Unruhe, das wäre der medizinische Terminus.
A: Das steht in seinem gutachten. und welche der handlungen hat sie dazu gebracht...
Richter stoppt A, er meint der Sachverständige hätte es bereits erklärt.
A: Sie wurden vorher gefragt im Hinblick auf gesundheitliche Probleme. Würden sie sagen dass die Psychose eine gesundheitliches Problem war?
SV3: Herr Wague hatte mehrere gesundheitliche Probleme.
A: Ich will nur wissen ob klar war das Seibane Wague gesundheitliche Probleme hatte, differenziert in physische und psychische.
R: Phase 1 oder 2?
Lorenz: Phase eins und zwei.
R: Ich möchte sie bitten genau zu formulieren.
A: Ob das gesund gewirkt hat, ob die Psychose vom Gesundheitszustand ausgenommen war?
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A: es ging vorher um die Vorhersehbarkeit für anderen, auch den Arzt. war es vorhersehbar das gesundheitliche Probleme auftauchen?
SV3: Für die Einsatzkräfte war die Psychose als gesundheitliches Problem erkennbar, die körperlichen Probleme nicht.
R: Die Frage wurde schon gestellt.
V1: Sie gehen in ihrem Gutachten davon aus daß 3 bis 4 Minuten vergangen sind bis zur Reanimation?
Alle rechnen mit den Zeiten aus dem Video.
SV3: Echtzeit 1:77, in Schriftzeit 5:15, das sind in etwa die vergangenen 3 Minuten. 2:31 war der gesicherte Todeszeitpunkt. 4 Minuten berechnen sich ab der Bewegungslosigkeit des Beines.
V1: Beim Anliegen der Fußfesselns ergiebt sich eindeutig aus dem Video daß der Notarzt nicht zu den Füßen sehen konnte. er konnte also das Herabfallen des beines nicht sehen.
R: diese Frage muß das Gericht beantworten.
V1: Ab wann hätte der Notarzt die Situation so einschätzen sollen?
R: Diese Frage kann der sachverstämdige nicht beantworten. Das ist eine Rechtsfrage und liegt deshalb nicht im Zuständigkeitsbereich des Sachverständigen.
V1: Aber hier steht er soll...
R: Das hat der sachverständige schon beantwortet. Er hätte Kontakt mit den Sicherheitswachbeamten aufnehmen müssen.
V1: Zum Zeitpunkt des sicheren herrkreislaufstillstandes befindet sich Herr Wague in Handschellen und in Bauchlage fixiert. Wären zu diesem Zeitpunkt Reanimationsmaßnahmen möglich gewesen?
SV3: Ja, grundsätzlich möglich.
V1: Es ist grundsätzlich möglich, mit handschellen am Rücken. es sind ja nicht alle Bahren gleich. Ich spreche von so einer Bahre wie sie am Tatort vorhanden war. Die ist instabil, sie bietet keine harte Unterlage.
SV3: Eine kurze Begriffsklärung: Bahren verwendet man bei der Bestattung, Tragen bei der Rettung. Grundsätzlich wäre hier aber der Versuch einer Wiederbelebung auch in Bauchlage möglich, die Effektivität ist aber unbeweisbar.
V1: Wenn die effektivität unbeweißbar ist, wie hätte dann suffizient reagieret werden können?
SV3: Am Boden mit angelegten Handfesseln.
V1: Schlechte Lichtverhältnisse, viele Leute, räumliche Enge wegen der Autos – erscheint die Entscheidung zuerst in den Rettungswagen zu kommen und dann dort mit der Reanimation zu beginnen die der Notarzt getroffen hat nicht unter den Umständen vertretbar?
SV3: Erst zum Zeitpunkt, als er ohne Fesseln am Rücken zurückgedrängt in Rückenlage ist, ist eine Vertretbarkeit gegeben.
V1: Das wäre auch meine nächste Frage. Das heißt ab Zeitpunkt 4:47 wäre diese entescheidung zu vertreten gewesen?
SV3: Vertretbar unter dem Aspekt des Fehlens des gesamten Materials zur Reanimation neben der Bahre.
R: Vertretbar unter den Bedingungen. der sachverständige sagt ja daß es auch schon vorher notwendig gewesen wäre das notwendige Gerät aus dem Rettungswagen zu holen.
R: Aber wäre nicht schon vorher angebracht gewesen die Geräte zu holen weil aus Sicht des Arztes -wie sie ja vorhin gesagt haben – die Fixierung des Brustkorbes medizinische bedenklich ist.
V1: Vor Zeitpunkt 4:39 waren Handfesseln angelegt, diese wurden zwischen 4:39 und 4:47 abgenommen, das ist ein zeitfenster von über 2Minuten – muß ein Notarzt damit rechnen in eine Routinehandlung der Polizei einzugreifen?
R: ich streiche die Frage.
V1: Können wir den todeseintriott von Seibane Wague ausschließen wenn der Notarzt früher reanimiert hätte.
SV3: Medizinisch richtig wäre sie vorher angebracht, ja.
R: es geht nicht um die frage der Ausschließbarkeit.
V1: Ich bitte die Aktenseiten 53-54 dem Sachverständigen vorzulegen. Das ist ein Transferierungs Bericht des AKHs. Würden sie sich dem Bericht anschließen?
V1: Daraus könnte man schließen daß die erstmaßnahmen suffizient waren.
Der Sachverständige außert sich nicht.
V1: Sie Beschreiben daß die Kontrolle der Atmung schwer ist? Wie wäre denn während der Fixierung
V1: Zu welchem zeitpunkt...
R: Die Frage wurde bereits beantwortet.
V1: ZU welchem Zeitpunkt...
R: Aus, Schluß.
V1: Sie sagen daß ab 2.44 keine Reaktion von Wague zu erkennen war, das heißt dass es ihrer Meinung nach spätestens zu diesem zeitpunkt zur reanimation gekommen sein müsste. Laut ihrer aussage gab es aber keine Reaktion von Wague im gesamten video. warum dann dieser zeitpunkt?
R: das muß ich eindeutschen. Warum hat der Notarzt wenn doch nie Vitalfunktionen sichtbar waren, diese dann nicht schon früher überprüft? Diese Frage ist doch kontraproduktiv für sie, aber bitte!
SV3: Das wurde ja alles schon beantwortet.
V3 stellt Antrag auf Ende der verhandlung weil seine Mandanten dem Verlauf der Verhandlung nicht mehr folgen können, die Verhandlung wird am 4.11., 8:30 fortgesetzt.