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[ 15. Jul 2009 ]

Gedenken zum 6. Todestag Seibane Wagues

Kerzen erinnern an den gewaltsamen Tod unter den Füßen von Polizei und Rettung

Am Abend des 14. Juli 2009 trafen sich 25 Aktivist_innen im Stadtpark, um den Opfern rassistischer Staatsgewalt zu gedenken.

 

In der Nacht von 14. auf 15. Juli 2003 wurde Seibane Wague im Zuge eine Polizei- und Rettungseinsatzes umgebracht. Neun Angehörige von Polizei und Rettung "fixierten" ihn so lange am Boden, bis er erstickte. Wie fast jedes Jahr seither wurde auch 2009 zu einem Gedenken im Stadtpark aufgerufen. In der :: Einladung hieß es:

"Wir treffen uns am Dienstag, 14. Juli um 18:00 im Stadtpark, am Ort des ehemaligen Afrika-Kulturdorfs und werden Seibane Wagues gedenken.

Wer etwas lesen will lese,
wer Musik spielen will spiele
wer etwas sagen will spreche
wer kommen will komme


Gekommen sind zwischen 18:00 und 21:30 insgesamt 25 Leute. Einige berichteten über die Ereignisse in der Todesnacht und wie anfangs versucht wurde, die Geschehnisse unter den Tisch zu kehren. Doch zu viele Leute kannten Seibane persönlich und zu viele Ungereimtheiten wurden bekannt, bis schließlich ein Video den tödlich endenden Einsatz vor Augen führte - die Aussagekraft der Bilder konnte trotz Lügen und Interventionen von oben nicht umgedeutet werden. Viel wichtiger war jedoch, dass es von Anfang an Druck von der Straße gab. Doch auch andere Wege wurden eingeschlagen: Es gab zahlreiche künstlerische Interventionen, eine Beobachtung der Prozesse, zahlreiche Berichte und Stellungnahmen und einiges mehr. Doch letztendlich zeigte der Ausgang des Strafprozesses gegen zehn Angeklagte: sechs Polizist_innen, drei Sanitäter und ein Notarzt mussten sich vor Gericht verteidigen. Lediglich der Notarzt, der ob seiner auf dem Video dokumentierten Untätigkeit für die Behörden als "Sündenbock" herhalten musste und ein Polizist, der mit seinem gesamten Körptergewicht auf Seibane Wague stand, wurden zu bedingten Hatfstrafen von jeweils ein paar Monaten verurteilt. Die Urteile sind mittlerweile rechtskräftig.

Ein anderes Thema, über das gesprochen wurde, ist die rassistische Berichterstattung in den Medien. Diese hatten von Anfang an die polizeiliche Version vertreten und den Getöteten als Täter gezeichnet. Nachdem das belastende Video auftauchte, änderte sich die Berichterstattung zwar in einigen Medien, der rassistische Grundkonsens des Mainstreams kam aber nicht ins Wanken, sondern wurde eher verstärkt.

Dass die Öffentlichkeit, die seit Jahren den rassistischen Polizeiterror beobachtet und meist im Anlassfall auf die Straße geht, eine sehr kleine ist, kann zumindest aus einigen Aussagen der Anwesenden geschlossen werden. So wurde die Frage aufgeworfen, warum nur so wenige gekommen sind. Die Antwort lautete, dass nicht zu einer größeren Kundgebung aufgerufen wurde und es vor allem und das gemeinsame Gedenken und den Austausch geht. Auf die Frage, wie es in Zukunft weitergeht, wurde keine Antwort gefunden, wenngleich doch einige Ideen in den Raum gestellt wurden.

Am Ende der Kundgebung wurden mitgebrachte Grablichter nahe jener Stelle aufgestellt, an der Seibane Wague vor sechs Jahren umgebracht wurde. Ansonsten gibt es an diesem Ort keine Erinnerung an die Ausübung rassistischer Staatsgewalt am Rande des damaligen Afrikakulturdorfes im Wiener Stadtpark. In den Köpfen der Menschen ist diese Tat sehr wohl in Erinnerung geblieben. Einige der Anwesenden hatten Seibane persönlich gekannt. Das gemeinsame Gedenken dient dazu, die Erinnerung wach zu halten und auch als Warnung: Immer wieder kommt es zu Todesfällen im Gewahrsam der Behörden, ohne dass sich irgendwas grundlegendes ändern würde. Lediglich die Gesetze werden immer restriktiver und die Anwendung staatlicher Zwangsgewalt immer "professioneller". Und deshalb sollte institutionalisierter Rassismus als solcher wahrgenommen werden: in seiner Systematik zur Aufrechterhaltung der Privilegien einer sich als Mehrheit sehenden Menge.