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[ 04. Nov 2005 // letzte änderung: 05. Nov 2005 ]

Strafprozess wegen Tötung von Seibane Wague, 4. November 2005

Protokoll vom 8. Verhandlungstag, 4. November 2005, 8.30 - knapp vor der Mittagspause.
Die Besprechung mehrerer Gutachten zum Tod von Seibane Wague wurde fortgesetzt.
Text ist noch unvollständig. Rest wird nachgereicht.

 

((Die folgende Mitschrift ist leider unvollständig. Anders als im UVS-Prozess wurden die Aussagen nicht fürs Protokoll wiederholt, und es wird bei den Aussagen wenig nachgebohrt, wodurch der Redefluss schneller und das Mitkommen beim Schreiben schwieriger ist, außerdem wurde nur teilweise Mikrophon verwendet sodass nicht alles gut zu verstehen war. Die Mitschrift ist kein Wortprotokoll - die meisten Aussagen und Fragen werden sinngemäß wiedergegeben)).

Handelnde Personen:
SV1: Dr. Risser, Gerichtsmedizin
SV2: Dr. H., Unfallchirurg, Notfallmediziner
SV3: Toxikologe
R: Richter
V: VerteidigerInnen
P1, P2, P3, P4, P5, P6: angeklagte PolizistInnen
S1, S2, S3: angeklagte Sanitäter
Dr. K.: der beschuldigte Notarzt
A: Nadja Lorenz - Anwältin der privatbeteiligten Witwe von Seibane Wague.
STA: Staatsanwältin


((am heutigen Tag wurden viele medizinische Ausdrücke verwendet, was dazu führte, dass das Protkoll zum Teil sehr holprig ist; bitte dies zu entschuldigen))

Verhandlungsbeginn 8.30 Uhr.

Die Verteidigerin von Dr. K. fehlt am Anfang, kommt aber dann doch noch.

R: Frage an SV1: Sie sagten gestern, auch im Gutachten als Antwort auf die Frage 4: 'sie sehen als sicher an, dass bei 2:31 im Video der Kreislaufstillstand eingetreten ist'. Auf die Frage wie der Arzt reagierte als der Kreislaufstillstand eintrat, ab dem Herbfallen der Beine beim Fußfesseln.
Umgekehrt sagen sie: es könnte sein, dass der Kreislaufstillstand schon bei Einsetzen des Videos stattfand.
Können sie mit Sicherheit sagen wann der Kreislaufstillstand eintrat?

SV2: Mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit ist bei 2:31 Kreislaufstillstand, da zu diesem Zeitpunkt Schlaffheit der gesamten Muskulatur, da man im Video den ganzen Körper sieht.

V2: Frage an SV2: am 17.07.2003 wurde eine Probe im Labor gemacht, aber erst am 22.07.2003 übergeben.

SV2: Es war nicht auffällig, dass die Informationen von SV1 erst später kamen, alles ging routinemäßig. Ob die Probe gekühlt war oder nicht weiß ich nicht mehr, das ist auch nicht wichtig.

V2: Ist es richtig, dass der von ihnen festgestellte THC-Wert sich mit der Zeit abbaut?

SV2: Das kann sein, hängt von der Konzentration des THC ab. Eine Abnahme von 1 auf 0,5 Nanogramm ist erheblich. Wenn die Konzentration aber höher ist (ca. 20 Nanogramm) ist eine Abnahme um 0,5 nicht erheblich.

V2: Gibt es einen Unterschied wenn die Abnahme 5 Tage früher oder später erfolgt?

SV2: Ja. Die Abnahme hängt vom Gefäßmaterial ab. Die Abnahme erfolgt in gewissen Zeitrahmen.

V2: Diese Abnahme vom 0,5, bezieht sich das auf 1, 2 oder 3 Tage?

SV2: Ca. 3 Tage.

V2: Stimmt es, dass ungekühlte Proben eine höhere Abnahme haben?

SV2: Gekühlte und ungekühlte ist gleich, das hängt vom Gefäß ab.

V2: Welche Gefäße meinen sie?

SV2: Die Blutgefäße.

R: Herr V2 brauchen sie noch lange für die Frage?

V2: Nein, ich frage Gutachten SV2. Sie sprechen von Emotionalisierung von Herrn Wague, Erstickungsabwehrkampf. Sie kennen die Vorgeschichte, Wague hatte eine Auseinandersetzung mit seinem Arbeitgeber. Ist es möglich, dass der hohe Wert an Stresshormonen durch die Vorgeschichte entstand?

SV2: Ich zitiere Seite 4, Seite 6 - aus notfallmedizinischer Sicht ist die Eingrenzung nicht möglich.

V2: Aus ihrer Sicht kann nicht gesagt werden, dass die Situation für die Ausschüttung der Hormone schon vorher begann? Auf Seite 4 wird von SV1 festgestellt, dass die gemessenen Stresswerte bei Wague durch das Todesgeschehen irritiert wurden - so interpretiere ich das.

R: Das steht nicht hier, das ist Interpretation.
Wo ist der Widerspruch?

V2: Auf Seite 4 steht: Stresssituation auf Sterbeprozess einwirkend.
Auf Seite 6 steht: es ist nicht nachvollziehbar ob die Stresssituation das bewirkte.

SV2: Seite 4 ist ein Zitat aus einem rechtsmedizinischen Gutachten der Uni Göttingen. Seite 6 ist meine Bewertung.

V2: Wenn wir einen längeren Zeitraum nehmen. Kann es sein, dass kordiales (?) Geschehen ausgelöst wurde?

SV2: Bei längerer Stresssituation wird der Kreislauf beeinträchtigt, wenn durch Stress die Hormonproduktion steigt führt das zu höherer Leistung des Kreislaufs. Das kann zur Überlastung des Kreislaufs führen. Der Unterschied ist Steigerung der Leistung und Überlastung.

V2: Wir haben hier ein vorbelastetes Herz, welche Konsequenzen hat die Kombination beider Faktoren?

SV2: Vorschädigung ist eine Gefahr früher zu Tode zu kommen. Aber nicht Ursache.

R: Auf der Uni wird Kausalität gelehrt, wenn dieser Umstand eintritt dann erfolgt das und das.

SV2: Eine übermäßig erhöhte Adrenalinkonzentration kann eine Störung auslösen, eine Herzrhythmusstörung kann nicht nachgewiesen werden. Eine Herzinfarkt könnte nachgewiesen werden. Im Bereich der Notärzte wird von elektromechanisches Disloziation (?) gesprochen, das ist untypisch für erhöhte Adrenalinwerte.

R: Was das was V2 angesprochen hat mit ein Faktor für den Herzstillstand?

SV1: Die Faktoren haben zur Verkürzung geführt.

R: Zu den Stresshormonen: wäre ohne Erregung der gleiche Erfolg eingetreten?

SV2: Vermutlich ja, Die hohe Vorbelastung des Kreislaufs hätte eine Erholungsphase gebraucht. Bei einem Menschen mit hohem Erschöpfungsgrad ist die Gefahr eines Herzstillstandes erhöht.

V2: Kann ausgeschlossen werden, dass es zu Rhythmusstörungen gekommen ist, dass es zu Kammerflimmern gekommen ist, dass das die Todesursache war?

SV2: SV1 stellt fest, dass der Tod durch irreversiblen Kreislaufstillstand zustande kam. Es muss vorher Rhythmusstörungen gegeben haben, das muss aber nicht die Kausalität des Todes sein. Kausalität war eine Störung des Säurebasenhaushalts im Herz. Dem Tod geht ein Herzstillstand voraus, das ist eine Rhythmusstörung.

V2: Ist das eine logische Folge des Geschehens?

SV2: Das kann sein.

R: Eine no na net Frage. Das ist für einen Laien eine no na net Frage. Das ist eine Kausalitätsfrage, eine Bedingung löst eine andere ab.

V2: Auf Seite 5 des Gutachtens schreiben sie, dass Sauerstoffmangel im Hirn festgestellt wurde. Kann eine solche Schädigung ...

SV2: Ja.

V2: Sie gehen im Gutachten davon aus, dass das Herabfallen der Beweis und das Zurückfallen des Kopfes beim Bringen auf die Bahre Zeichen von Kreislaufstillstand sind. Warum gehen sie von Kreislaufstillstand aus und nicht von Bewusstlosigkeit?

SV2: Im Zustand der Bewusstlosigkeit gibt es verschiedene Phasen der Anspannung der Muskulatur. Wenn keine Anspannung mehr da ist ist das eine Hinweis auf eine Durchblutungsstörung im Gehirn. Bei niedriger Bewusstlosigkeit ist die Muskulatur angespannt.

V2: Sie sprechen jetzt von 'tiefster' Bewusstlosigkeit?

SV2: Das ist ein Rückschluss.

V2: Zustand tiefer Bewusstlosigkeit ist nicht auszuschließen?

SV2: Bei Zeitpunkt 1:15 im Video ist es ein Verdacht, bei 2:31 im Video ist gesichert Kreislaufstillstand und tiefste Bewusstlosigkeit.

V2: Sie sprechen im Gutachten davon, dass im Video keine Bewegungszeichen erkennbar sind. Das Video wurde aus 150 m Entfernung aufgenommen. Wie kommen sie zu der Feststellung, dass Körperbewegungen nicht erkennbar sind?

SV2: Das ist ein begründeter Verdacht.

V2: Was ist ein begründeter Verdacht?

SV2: Das nicht Vorhandensein von Körperbewegungen.

R: Aus der Sicht ist keine Bewegung sichtbar.

SV2: Ja.

V2: Was heißt: 'Bei Hochheben Schlaffheit'. Da ist gesichert, dass Herzstillstand eingetreten ist?

SV2: Ja.

V2: Seite 14 im Gutachten, Frage 10: Beim Notarzt muss die Frage aufkommen, dass bei kurzfristiger Betrachtung das Mittel nicht wirkt sondern ein anderer Fraktor eintritt.

SV2: Das bringe ich nicht in Zusammenhang mit Haldol.

V2: Ist für Sicherheitswachebeamte ein schlüssiger Hinweis, dass die Spritze wirkt dass Beruhigung eintritt?

SV2: Ja.

V2: Seite 11, 1. Absatz im Gutachten: internationale Wissensentwicklung bezüglich Fixierung: wie lange ist für Sicherheitswachebeamte eine Fixation durch Körpergewicht erforderlich?

SV2: Eine Fixation ist durchzuführen bis der Widerstand aufhört.

R: Das war nicht die Frage. Die Fixierungszeiten dauerten unterschiedlich lang. Ist für den Tod wesentlich wie lange die Fixierung dauert? Gibt es einen Unterschied zwischen beispielsweise 1 Sekunde und 1 Minute? Ab welcher Zeit, Intensität und Dauer ist eine Fixierung kausal für den Tod? Frage an SV1.

SV1: Eine Beobachtung aus der Mittelschulzeit: aufrechtstehen an der Wand gelehnt, Hyperventilation, Druck auf den Brustkorb führt zur Beeinträchtigung des Kreislaufes. Das ist auch hier ein wesentlicher Faktor. Die Kompression des Rückens durch die Knie führte zur Beeinträchtigung des Blutrückflusses zum Herz. Blutrückfluss ist wesentlich für die Funktion des Herzes.

R: Sie sagten: Polizisten, die auf den Oberkörper drücken, das ist kausal, die anderen nicht unbedingt.

SV1: Ja, wesentlich ist Kompression im Bereich des Rückens. Beeinflussung im Bereich der unteren Hohlvene.

V2: Herr SV1: sie sagten Druck auf die Wirbelsäule im Bereich der Hohlvene. P2 sagte, dass er das Knie im Bereich der Schulterspitze hatte.

SV1: Ich habe es gespürt das Knie bei der Demonstration.

V2: Diese Zone ist aber nicht im Bereich der Wirbelsäule sondern in der Nierengegend.

SV1: Herr Rat, haben sie Bilder?

R: Nein.

Bilder aus dem Akt (ON 32) werden gezeigt. SV1 und V2 kommen vor ans Richterpult.

V2: Es ist aktenkundig, dass Herr Wague dem Autokühler war. Kann es ausgeschlossen werden, dass die Quetschung der Schulter durch Fallen vom Auto passiert ist?

SV1: Kann ich nicht ausschließen.
Ein Sturzgeschehen kann durch einen Anprall passieren, es kann zur Beschädigung der Oberhaut führen. Durch Lokalisation in der Tiefe ist von Kompression auszugehen, am ehesten mit dem Knieeinsatz von P2 zu erklären. Auszuschließen sind andere Gründe jedoch nicht.

R: Macht es einen Unterschied wenn die Verletzung woanders herstammt bei Beeinträchtigung der Atmung?

SV1: Dieser Bereich ist besonders bedeutsam. Ob durch das Knie oder durch Kompression der Handfesseln ist nicht eindeutig. Aber die Lokalisation in der Tiefe deutet darauf hin.

V2: Sie sprechen von kontinuierlichem Druck auf die Hände?

SV1: Ich kann keine Zeiteinheit angeben. Ich gehe davon aus, dass bei derartiger Verletzung ... Bei einer Minute ist eine Belastung von 50 kg realistisch.
50 kg ist eine Orientierungsangabe.

R: Es kann aber auch mehr sein. Es reicht aus um ein Verletzungsbild hervorzubringen.

SV1: Es kann Druck auf den Thorax ausgeübt werden ohne Verletzungsbild.

V2: Das heißt, es kann auch weniger sein?

SV1: Ja, es spielen viele Faktoren mit, Konstitution etc.

V2: Es kann also nicht ausgeschlossen werden, dass der Druck variiert wurde?

SV2: Ein Beispiel um zu zeigen, dass der Druck zu einer Kreislaufbeeinflussung führt: wenn eine Hochschwangere mit einem Kaiserschnitt auf dem Spitaltisch liegt lasten 8 kg auf die Hohlvene der Frau, innerhalb von 30 bis 60 Sekunden kann es zu einem Kreislaufversagen kommen.
Bei einer Operation von einer auf dem Bauch liegenden Person: wenn ein müder Chirurg sich auf den Rücken anlehnt kann es innerhalb von 15 bis 45 Sekunden zu einer Beeinflussung kommen.

V2: Allein schon durch die Bauchlage besteht ein Risiko - auch für Gesunde?

SV2: Bei Gesunden besteht kein Risiko aber es kann zu einer Beeinflussung des Kreislaufes kommen.

R: Das hatten wir schon gestern.

V2: Bei der Vorschädigung und der Konstitution, könnte das bei Wague eine Rolle gespielt haben?

SV2: Dann wäre er schon beim ersten Vorfall im Rettungswagen verstorben.

V2: Wague war erregt, Stress durch die Flucht aus der Rettung. Durch das Ausbrechen aus der Rettung, ist allein durch die Bauchlage ein Risiko gegeben ohne Gewalt von außen?

R: Wenn sie nur spekulieren dann müssen sie sagen, dass sie keine Antwort geben können.

SV2: Eine geringere Gewaltaufbringung hätte den Tod auslösen können.

V2: Was verstehen sie unter geringerer Gewaltaufbringung?

SV2: Zum Beispiel durch 2 Personen und Fixierung.

R: Unter der Vorraussetzung, dass die 2 Personen mit je 8 kg drücken, gäbe es da eine Überlebenschance?

SV2: Das hätte ebenfalls eine Kreislaufdepression verursachen können. Wenn Druck vorhanden ist ist die Überlebenschance gering.

V2: Herr SV1: in ihrem Gutachten stellen sie fest, dass die Herzkammernwand von Narben durchsetzt war und es eine Herzschädigung gab. Sind diese Schädigungen ein Hinweis auf ein Infarktgeschehen?

SV1: Grundsätzlich: sie zitieren ein vorläufiges Untersuchungsergebnis. Seite 4: Hinweis auf akute Durchblutungsstörung. Das kann durch unterschiedlichen Blutfüllen hervorgerufen werden. Seite 11 des Suktions (?) -Protokolles: ich nahm Gewebeproben. Histologisches Gutachten S. 3: ..... (leider viele Fachausdrücke - nicht protokolliert).

V2: Ist es richtig, dass derartige lehmfarbige Ablösungen ...

SV1: Es wurden modernste immunhistologische Untersuchungen durchgeführt. Es gab keinen Hinweis auf eine durchblutungsstörende Zellschädigung.

V2: Zurück zum Herz von Seibane Wague: es hatte eine große Größe.

SV1: Ja.

V2: Bei derartigen Pumpfehlfunktionen ist bereits das Nachlaufen hinter einer Straßenbahn eine Todesgefahr.

SV1: Ja.

V2: Es wurde Herrn Wague eine Herzoperation angeboten.

SV1: Ja.

V2: Kommt es vor, dass Leute mit großen Herzen plötzlich sterben?

SV1: Ja, aber auch Leute mit normalen Herzen.

V2: Bei Leuten mit großen Herzen ist die Gefahr größer?

SV1: Ja.

V2: Pro Jahr werden 3000 Menschen bei der Gerichtsmedizin untersucht.
Wieviele sind plötzliche unerwartete Todesfälle?

SV1: Jeder Todesfall in Wien der plötzlich unerwartet eintritt wird von der MA 15 an die Gerichtsmedizin transportiert.

V2: Wieviele davon haben Herzursachen für den Tod?

SV1: Ein hoher Prozentsatz.

V2: Wir hörten von SV2, dass die THC-Konzentration als nicht kausal angesehen wird. Welche Folgen hat Drogeneinfluss bei einem derart vorgeschädigten Herz?

SV1: THC führt zu einem Ansteigen der Pulsfrequenz.

V2: Bei einem kranken Herz wie von Seibane Wague im Normalzustand, mit dem Konsum von Gift, ist die erhöhte Kreislauftätigkeit eine Gefährdung der Gesundheit?

SV1: Eine Erhöhung der Herzfrequenz führt zu vermehrten Sauerstoffbedarf.

SV2: Die alleinige Erhöhung der Herzfrequenz durch Drogen, Medikamente etc. ist noch kein alleiniger Grund für den Tod.

V2: Bei dem vorgeschädigten Herz von Seibane Wague, mit Stress, mit dem THC-Wert im Blut. Sind diese Faktoren ein Risiko? Kann das zum Tod führen?

SV2: Die alleinige Frequenzsteigerung des Herzes stellt kein derartiges Risiko dar. Es braucht Zusatzfaktoren.

Pause 10.10 Uhr, 10 Minuten

R: Am Mittwoch, 9.11. wird die nächste Verhandlung stattfinden, 8.30 oder 9 Uhr, der Saal steht noch nicht fest.

V5: Geht ein anderer Tag?

R: Nein, ich habe auch Verhandlungen.

V2: Gutachten von SV2, Seite 14: es wird festgestellt, dass das Herz derartige Schädigungen hat, dass der Tod jederzeit eintreten kann. Das ist ein Widerspruch zu ihrer letzten Antwort.

SV2: Das ist ein sprachlicher Widerspruch. Der Widerspruch ergibt sich aus dem unterschiedlichen Zugang von Gerichtsmedizin und Notfallmedizin.

SV1: Ich sehe keinen Widerspruch. Eine Belastung kann unter Umständen zu hoher Sauerstoff-Bedarfssituation führen - Kann!

R: Ich verstehe es so, ob die Verabreichung von Psychopax-Tropfen den Tod von Seibane Wague abgewendet hätte. Das ist aus dem Zusammenhang gerissen.

V2: Es ist eine Feststellung von SV2, dass es jederzeit zu einem Herz-Kreislauf-Versagen kommen kann wenn eine Belastung erfolgt. Können sie verneinen, dass die Faktoren Aufregung und Beeinflussung durch Drogen ohne körperliche Anstrengung zum Tod führen können.

SV1: Ein Ausschluss ist nicht möglich, es ist aber höchst unwahrscheinlich.

V2: Vorher haben sie anders geantwortet.

SV1: Die Fragen wurden zunehmend anders, die Antworten konkreter.

V2: Zum Gutachten von SV2: durch die Bauchlagestellung kam es zu Beeinflussung der Atemfunktion. Ist es auch ihr Wissen, dass es wissenschaftliche Quellen gibt, die Fixierung in Bauchlage nicht als Todesursache angeben? Kennen sie die Quellen?

SV1: Es gibt wissenschaftliche Literatur für Langzeitfixation, dass die Fixation bei langem Verweilen zum Tod führen kann. Die Ursachen werden diskutiert.

V2: Das beantwortet nicht meine Frage.

SV1: Sie haben mich falsch verstanden.

R: Tut mir leid, aber ich komme mit ihrer Fragerei nicht klar.

V2: Ich habe eine Interpretation bei Fixierung, dass bei Fixierung alleine noch keine Gefahr herrscht.

SV2: Sogenannte Hoggtied (? - Hoktide?) -Fixierung. Hände auf dem Rücken und Bauchlage.

V2: Ein Widerspruch: Sie gehen von Kompression des Brustkorbes aus als kausal für das Geschehen.

SV2: Ich verstehe den Widerspruch nicht.

V2: Gestern hörten wir, dass Gewaltanwendung ein Faktor war, im Gutachten steht dass die Bauchlage kein Hinweis auf den Faktor war. Für mich ist das ein Widerspruch.

SV2: Unter Stauungszeichen versteht man Blutungen in Folge einer Kompression. Wie bei einem Drosselvorgang, um den Hals eine Drossel. Der Abfluss des Blutes zum Kopf wird behindert, es folgt ein Blutstau im Bereich des Kopfes, blaue Färbung des Gesichts, bei einem Schwarzafrikaner ist das nur schwer erkennbar.

V2: Stauungszeichen sind nicht im Bereich der komprimierten Körperteile wie der Brust zu bemerken. Abgesehen von der Blutung, müssen da andere Zeichen im inneren des Körpers sichtbar sein?

SV2: Was verstehen sie unter innere Anzeichen?

V2: Gibt es andere organische Veränderungen.

SV2: Es müssen überhaupt keine organischen Veränderungen wahrnehmbar sein.

V2: Sie stellten bei der Obduktion ein Lugenödem fest.

SV2: Ja, eine wässrige Lungenschwellung.

V2: Ist das ein Hinweis auf einen Kreislaufstillstand, auf eine Herzrhythmusstörung?

SV2: Es ist zu berücksichtigen, dass über 5 Stunden Wiederbelebungsmaßnahmen durchgeführt wurden.

V2: Kann das Lungenödem schon vorher dagewesen sein?

SV1: Dann wäre Schäumung zu sehen gewesen.

V2: Ich kann feinmedizinische Ausführungen nicht geben.

SV2: Ich schließe mich SV1 an. Ein Austritt von Flüssigkeit in das Gewebe ist zeitdynamisch zu betrachten. Bei Reanimation kommt dieser Prozess in Gang. Ein Lungenödem muss vor einem Herzkreislaufstillstand durch Schäumen erkennbar gewesen sein.
Ich kann das zeitlich nicht eingrenzen.

V2: Kann dieser Ablauf auf Herzrhythmusstörungen rückgeführt werden?

SV2: Es wird geklärt, was vordergründig der Grund ist, es geht um den Hergang. Im gegenständlichen Fall ist das unwahrscheinlich, aber denkbar. Die Zusatzfaktoren sind in diesem Fall wichtig.

R: Gibt es weitere mögliche Todesursachen?

V2: Könnte ein Herzinfarkt die Todesursache gewesen sein?

SV2: Ein Herzinfarkt ist eine fassbare morphologische Veränderung des Gewebes um das Herz. Eine solche lag nicht vor.

V2: Lag der Verschluss einer Arterie vor, die zum Herzinfarkt führen hätte können?

SV2: Infarkt bedeutet Gewebeuntergang. Absterben der Zellen.

V2: Geht ein Infarkt immer mit Zellschädigung einher?

SV2: Durch eine Zufuhrbeschränkung kann ein Infarkt ausgelöst werden.

V2: Kann eine Durchblutungsstörung ausgeschlossen werden?

SV2: Ja.

R: Die bloßen theoretischen Todesmöglichkeiten sollen nicht weiter erörtert werden.

V2: Es handelt sich hier um eine Kreislaufproblematik. Gibt es vielleicht andere nicht ausschließbare Ursachen? Herr Rat, ich stelle den Antrag auf eine Beiziehung eines kardiologischen Sachverständigen, der klären soll, ob auch ohne Gewaltanwendung der Tod eingetreten wäre.

STA: Ich spreche mich gegen diesen Antrag aus.

SV3: Es gibt 32000 verschiedene Arten zu Tode zu kommen. Die gegenständlich ursächlichen waren die Fixierung und das Niederringen. Während der Fixierung lebte das Opfer noch. Ein Kardiologe kann nicht helfen. Es gibt keine Indizien für irgendwelche andere Art des Hergangs.

R: Abweisung des Antrags, da keine Hinweise für einen Herzinfarkt, eine Thrombose oder eine Entzündung vorhanden sind. Es handelt sich um einen reinen Erkundungsbeweis, der laut gängiger österreichischer Judikatur unzulässig ist.

V2: Tod kann durch bloße Erregung eintreten?

SV2: Ja.

R: Hätte es ausgereicht, wenn 2 Sicherheitswachebeamten im Bereich des unteren Brust- des oberen Lendenwirbelbereichs 8kg Druck ausgeübt hätten? Wie sieht der Zeitfaktor aus. Nehmen sie eine ex post Betrachtung vor. War die tatsächliche Handlung erfolgswahrscheinlicher?

SV2: Ich habe mich missverständlich ausgedrückt. Die 8kg kommen von der hochschwangeren Frau, bei der in Rückenlage durch den Druck des Babys und der Gebärmutter auf die Hohlvene innerhalb von 15 - 45sec die Bewusstlosigkeit eintreten kann.

R: Hätte Wague ohne die Knie im Rücken überlebt?

SV2: Auch der Druck auf die Oberarme kann schon zu einem letalen Ausgang führen.

R: Welche Fixierung hätte nicht zum Tod geführt?

SV2: Das kann ich aus medizinischer Sicht nicht sagen.

V3: War die Haschischkonzentration ursprünglich höher?

SV2: Ja, dies ist jedoch nicht relevant.

V(?): Ist auf einer Trage, wenn die Person am Bauch liegt, eine suffiziente Herzmassage möglich?

SV2: Es gibt keine gesichertem Erkenntnisse. Eine Herzdruckmassage wäre denkbar.

V(?): Wie hätten die Reanimationsmaßnahmen aussehen müssen?

SV2: Bodenlage mit Händen am Rücken.

V(?): Keine Erfolgsaussichten?

SV2: Nein. Das Nichtstun war fehlerhaft.



Mitschrift bis knapp vor der Mittagspause.
Der Rest wird nachgereicht.