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[ 17. Nov 2005 ]

Turbulenzen bei Operation Spring Prozess

Justizanstalt Josefstadt, Schauplatz der Operation Spring Prozesse

Letzter "Operation Spring" - Prozess: Richter befangen? Prozess vor Neuauflage? Anzeige wegen Verleumdung gegen den Rechtsanwalt? In der Verhandlung am 16. Nov 2005 - die nunmehr ohne die Anwesenheit von MedienvertreterInnen stattfand - überschlugen sich die Ereignisse.

 

Es ist jener Prozess gegen Emanuel C., vertreten durch den Rechtsanwalt Lennart Binder, der auch im Film OPERATION SPRING thematisiert wird. Nach übereinstimmenden Berichten einiger ProzessbeobachterInnen und nach Rückfrage bei Rechtsanwalt Binder lässt sich folgender Prozessverlauf skizzieren:

Zu Beginn der Verhandlung stellt der vorsitzende Richter Wilhelm Mende fest, dass es unmöglich sei eine weitere Zeugin aus Linz in Wien, aufgrund familiärer Verpflichtungen, zu vernehmen. Auch Anwalt Binder verzichtet auf die Vernehmung dieser Zeugin.


Richter befangen?

Darauf stellt RA Binder einen Antrag auf Befangenheit des Richters und begründet dies folgendermaßen: Ihm liegen Aussagen des vormals anonymisierten Zeugen "AZ3000", namens James I. vor, die darauf schließen lassen, dass AZ 3000 von Staatsanwalt Bauer, Untersuchungsrichterin Weiss und dem Richter Mende zu falschen Zeugenaussagen angestiftet worden sei. Im Zuge des Gesprächs sei dem AZ 3000 in seinem eigenen Verfahren eine Freiheitsstrafe von 13 Jahren angedroht worden, falls er nicht andere Angeklagte schwer belasten würde.
Weiters stellt RA Binder fest, dass der AZ 3000 entgegen den früheren Behauptungen des Richters, sehr wohl im Laufe dieses Verfahrens zur Einvernahme vor Gericht auffindbar gewesen wäre, da er zu diesem Zeitpunkt in Österreich inhaftiert war.


Verleumdung?

Nach Beendigung der Ausführungen durch RA Binder, teilt die Staatsanwältin mit, dass sie nunmehr überlegt Anzeige wegen Verleumdung gegen RA Binder zu erstatten. Richter und Staatsanwältin ziehen sich daraufhin zu Beratungen zurück.


Neuauflage?

Der vorsitzende Richter Mende erklärt nach der Rückkehr, dass er nicht selbst über den Antrag auf Befangenheit entscheiden werde und sich zuerst darüber mit der Präsidentin des Wiener Landesgerichts beraten werde. RA Binder überlässt dem Richter eine Kopie des Videobandes, auf dem der vormals anonymisierte Zeuge AZ 3000 seine belastenden Aussagen erneut widerruft und seine Anschuldigungen gegenüber Gericht und Polizei äußert (siehe :: Abschrift dieser Aussagen).
Es handelt sich dabei um jenes Videoband, das der Richter in der letzten Verhandlung nicht als Beweismittel zugelassen hatte.

Die Verhandlung endet mit der Ankündigung des Richters, dass die nächsten Gerichtstermine aufrecht bleiben.

Daher an dieser Stelle erneut die nächsten und voraussichtlich letzten Verhandlungstermine:

Mittwoch, 23. November 2005, 9.15 Uhr, Saal 305
Donnerstag, 24. November 2005, 9.15 Uhr, Saal 303 (voraussichtlich Urteilsverkündung)
jeweils offenes Ende

Landesgericht für Strafsachen, Wickenburggasse 18-20, 1080 Wien

Interessierten sei empfohlen, möglichst früh zu den Verhandlungen zu kommen. Gerade am Tag der Urteilsverkündung ist damit zu rechnen, dass schon relativ frühzeitig viele Plätze durch interessierte Vertreter der Exekutive belegt sind.


Wir würden uns freuen, wenn MedienvertreterInnen und Interessierte diesen Prozess besuchen, um ihm jene öffentliche Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen, der ihm unserer Meinung nach zusteht. Es handelt sich dabei um das letzte noch offene Verfahren im Rahmen der Operation Spring und es ist jener Prozess, dessen Ausgang auch seitens des Justizministeriums mit großem Interesse erwartet wird.

In den Augen des Justizministeriums soll der Ausgang dieses Verfahrens mitentscheidend sein, ob es zu einer Wiederaufnahme der Prozesse, die im Rahmen der Operation Spring stattfanden, kommt.

Er sollte nicht vor leeren Publikumsreihen vonstatten gehen.

Eine Aussendung von :: Schnittpunkt, 17 Nov 2005.