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[ 28. Nov 2005 ]

Abschiebung irakischer Kurden aus Großbritannien

stop deportation

In einer Nacht und Nebel Aktion hat die britische Regierung Anfang letzter Woche 15 Kurden nach Irbil im Nord-Irak abgeschoben.
Folgender Artikel wurde uns von einem Leser zur Verfügung gestellt.

 

Sie seien geschlagen und mit Handschellen gefesselt in ein Militär-Flugzeug gezwungen worden, in dem für jeden der Flüchtlinge 3 Sicherheitsbeamte abgestellt waren, berichtete einer der Flüchtlinge nach der Ankunft in Irbil. Damit hat das erste Mal seit dem Beginn des Irak-Krieges eine europäische Regierung Flüchtlinge gezwungen, in den Irak zurückzukehren.

Die erste gezwungene Abschiebung erhöht den Druck auf die irakisch-kurdischen Flüchtlinge in Großbritannien. Die Regierung hatte bereits im Februar 2004 erklärt, die rund 5000 irakischen Flüchtlinge so schnell wie möglich abschieben zu wollen. Beinahe allen Irakis war der Antrag auf Asyl verweigert worden. Frühere Versuche der britischen Regierung, die Flüchtlinge abzuschieben, waren allerdings durch öffentliche Proteste und Gerichte verhindert worden, weil das UN Flüchtlingshilfswerk, UNHCR, eine sichere Rückkehr in den Irak ausgeschlossen hatte. Im September hatte das UNHCR für drei der vier kurdischen Provinzen in Nord-Irak erklärt, eine freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen sei bedingt möglich, wenn intakte soziale Netzwerke die Heimkehrer auffangen könnten.

Das britische Innenministerium hatte daraufhin mit der internationalen Migrationsorganisation (IOM) ein Programm zur freiwilligen Rückkehr kurdischer Irakis ausgearbeitet. Ähnliche Programme hatte die IOM bereits für die Rückführung afghanischer Flüchtlinge entwickelt. Allerdings wird durch die britische Asyl-Gesetzgebung das Attribut der Freiwilligkeit ad absurdum geführt. Abgelehnte Asylbewerber, die wie die Irakis nicht unmittelbar in ihr Herkunftsland zurückgeschickt werden können, haben in Großbritannien nur dann weiter Anspruch auf staatliche Unterstützung, wenn sie per Unterschrift erklären, dass sie "freiwillig" zurückkehren, sobald dies möglich ist. Gleichzeitig ist es ihnen verboten, Arbeit aufzunehmen. Auf Basis dieser Regelung wurden in den vergangenen Monaten Hunderten von irakischen Flüchtlingen in Großbritannien die Sozialhilfe und die Wohnungen genommen, weil sie nicht "freiwillig" zurückkehren wollten.

"Wir hatten allein in den letzten Tagen über 200 Fälle von Räumungen," erklärte ein Aktivist von der Kampagne gegen Deportation von Irakis in Sheffield (CADDI - Campaign Against the Deportation and Detention Of Iraqis). "Wir versuchen sie unterzubringen, aber wir fürchten, dass viele auf der Strasse landen werden."

Neben den Irakischen Kurden, die derzeit in die Illegalität gedrängt werden, gibt es Schätzungen zu Folge mindestens einen halbe Million Menschen, die ohne Papiere in Großbritannien leben. Premierminister Tony Blair hatte 2004 unter politischem Druck von konservativen Medien und der Opposition erklärt, er wolle die englische Einwanderungsgesetzgebung "hart und gerecht" gestalten. Um die Zahl der Papierlosen zu reduzieren, versprach er bis spätestens Ende 2005 pro Monat mehr Abschiebungen als gescheiterte Asylverfahren. Die Abschiebung der Kurden letzte Woche kam genau einen Tag bevor das Innenministerium verlauten ließ, dass Blairs Ziel für Ende 2005 nicht erreicht werden könne. Die BBC bezeichnete die Abschiebung deswegen als "höchst symbolischen Akt".

Es gilt dennoch als sicher, dass die Behörden weitere Abschiebungen von irakischen Kurden versuchen werden. Man habe Informationen über eine weitere Massenabschiebung nach Irbil, liess die Koodordinationsstelle der Anti-Deportationskampagnen in Grossbritannien gerstern verlauten. Gleichzeitig wird aus mehreren Städten berichtet, die Polizei und Immigrationsbehörden führten verstärkt Strassenkontrollen in migrantisch-geprägten Vierteln durch. Die Gegner versuchen derzeit, öffentlichen Druck herzustellen und erwägen auch rechtliche Schritte. Insofern das UNHCR nur eine freiwillige Rückkehr für vertrebar hält, könnten weitere Zwangsabschiebungen vielleicht rechtlich verhindert werden. Sollte sich die englische Regierung mit ihren Plänen einer Massenrückkehr für irakische Flüchtlinge durchsetzen, werden sich vermutlich die anderen europäischen Staaten, die irakische Flüchtlinge beherbergen, bald anschließen.