Die Werbeagentur Jung von Matt/Alster, Erfinder der "Du bist Deutschland" Kampagne, will kritische und kreative NachahmerInnen per Anwalt stoppen. Gleichzeitig distanziert sich mit Alice Schwarzer die erste von der Kampagne vereinnahmte Prominente öffentlich von "Du bist Deutschland".
Es scheint, als habe die "Du bist Deutschland"-Kampagne bei vielen einen wahren Kreativitätsschub ausgelöst. Das müsste doch ganz im Sinne der ErfinderInnen der "Mitmach-Kampagne" sein. Nach dem Motto "Ganz Deutschland packt an" sind "Fans for Football" ebenso am Start wie die "Initiative gesunder Rücken". Doch sie hat auch die Fantasie jener geweckt, die mit Deutschland gar nichts am Hut haben. "Ich bin nicht Deutschland", "Du bist billig, Deutschland". Solche Wortspiele haben derzeit im Internet, auf Flyern, Postkarten und Plakaten Hochkonjunktur.
So viel Kreativität scheint wohl doch nicht ganz im Sinne der ErfinderInnen. Die verantwortliche Werbeagentur Jung von Matt/Alster schaltete jetzt die Justiz ein. Die Hamburger Rechtsanwaltskanzlei Unverzagt/von Have - selbst UnterstützerIn der Kampagne - teilte dem Betreiber der Seite www.wieder-deutschland.de mit, er habe sich eines schweren Verstoßes gegen die Markenrechte, gar einer Verunglimpfung schuldig gemacht, und verlangte eine Unterlassungserklärung. Besonders die Veränderung des Kampagnenlogos (rote und gelbe Welle unter einem schwarzen Punkt) wird in dem Schreiben inkriminiert. "Erschwerend kommt hinzu, dass durch die bildliche Einfügung einer Hundezeichnung der Eindruck erweckt wird, dass der dargestellte Hund entweder auf das Bildmotiv seine Notdurft verrichtet oder aber das Bildmotiv selbst ein von dem Hund hergestellter Hundehaufen darstellen soll". Drauf geschissen, könnte man sagen.
Auf der beklagten Seite ist wurde zu diesem Punkt bereits Stellung genommen. Dort heißt es: "Tja, ist der schwarz-rot-goldene Haufen von 'Du bist Deutschland' nun Scheisse oder wird nur auf ihn gekackt. Das sind Fragen mit denen sich Juristen durchaus zu plagen haben."
Und was die anderen juristischen Detailfragen betrifft: "Wir haben die Logos so verändert, dass es im streng juristischen Sinne wirklich keine Handhabe mehr geben dürfte", so der Betreiber der Seite gegenüber der taz. Er dürfe sich sogar freuen, dass seine Website nun richtig bekannt geworden ist. Täglich werden Sprüche der Art "Ganz Deutschland zieht an einem Strang. Wir halten dagegen" gemailt. Kreativer als "Du bist Porsche" ist das allemal.
Weiters wurde www.wieder-deutschland.de von den "Du bist Deutschland"-AnwältInnen aufgefordert zu unterlassen, die "Möglichkeit zu eröffnen, beteiligten Medienpartnern der Werbekampagne 'Du bist Deutschland' oder sonstigen an der Werbekampagne beteiligten Dritten, automatisiert generierte Telefaxe zu senden." Von den BetreiberInnen der Seite heißt es dazu: "Schweren Herzens, und nur um unnötigen Streitereien aus dem Weg zu gehen, haben wir uns nun entschlossen, diese Seite etwas umzugestalten und den schönen Faxenservice abzuschalten. Wir hoffen natürlich, dass Mensch trotzdem weiter rege Briefe und Faxe verschickt. Wir hätten uns das gar nicht träumen lassen, aber laut dem Schreiben von 'Unverzagt/von Have' hätten diese 'zu einer ganz erheblichen Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebes der genannten Unternehmen' beigetragen. Wie viele es wohl waren?"
Nebenbei haben die KritikerInnen übrigens enthüllt, dass "Du bist Deutschland" auch ungefragt Prominente für sich werben lässt. Neben jenen wie Albert Einstein und Marlene Dietrich, die sich nicht mehr gegen diese Vereinnahmung wehren können, will mit Alice Schwarzer auch erstmals eine noch lebende nicht mehr Deutschland sein: "Alice Schwarzer unterstützt keineswegs die Kampagne. Sie hat, ganz wie Sie, die Anzeige erst in der Zeitung gesehen", schrieb die Emma-Redaktion an www.wieder-deutschland.de.
Quellen:
TAZ
Indymedia