Ein Jahr nach der Hochzeit wartet K., inzwischen schon Vater geworden, immer noch vergebens auf seine Niederlassungsbewilligung. Der Grund: ein lange vor der Hochzeit erteiltes Aufenthaltsverbot.
Wir dokumentieren ein Schreiben seiner Frau, die dazu aufruft, sich für das Aufenthaltsrecht ihres Mannes und Vater ihres Sohnes einzusetzen:
Seit einem Jahr bin ich mit meinem Mann K., einem nigerianischen Staatsbürger, sehr glücklich verheiratet und bekamen im Dezember 2005 unseren ersten Sohn O. Unser Familienglück wäre also perfekt, würde der österreichische Staat uns nicht unentwegt Steine in den Weg legen.
Auf Grund eines lange vor unserer Hochzeit erteilten Aufenthaltsverbotes wartet mein Mann seit unserer Hochzeit vor einem Jahr vergebens auf seine Niederlassungsbewilligung. Seine derzeit gültige Aufenthaltsberechtigung ist nur noch mit seinem nicht abgeschlossenen Asylverfahren verknüpft. Da dieses aber jederzeit mit einem negativen Bescheid abgeschlossen werden kann, sind seine Tage in Österreich möglicherweise schon gezählt.
Durch viele - leider nötig gewesenen - Recherchen und durch den Kontakt mit Anwälten wurde ich aber dahingehend informiert, dass ein Aufenthaltsverbot nur rechtskräftig ist, wenn man dem Angeklagten eine Verteidigung bzw. eine Gerichtsverhandlung ermöglicht.
Dieses Aufenthaltsverbot ist außerdem unzulässig, wenn man mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet ist. Es kann in diesem Fall nach einer Prüfung dann aufgehoben werden, wenn die Gründe der damaligen Erteilung nicht mehr bestehen. Das war bei ihm nicht der Fall.
Wir leben nun nachweislich seit zwei Jahren zusammen, mein Mann besucht seit dieser Zeit regelmäßig Deutschkurse und bestreitet seit Juli 2005 unser Familieneinkommen ganz alleine, da ich auf Grund meiner Schwangerschaft aufhören mußte zu arbeiten.
Es sollte also ersichtlich sein, dass mein Mann keine Gefahr mehr für die öffentliche Sicherheit darstellt und somit der Grund für eine Aufrechterhaltung eines - noch dazu unbefristeten - Aufenthaltsverbotes nicht mehr besteht.
Obwohl diese Umstände auch schon bisher unsere Lebensqualität beeinträchtigt haben, waren sie doch noch kein Grund, sich Sorgen um die Existenz zu machen, da die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes und die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nur eine Frage der Zeit zu sein schienen.
Außerdem war da natürlich noch die Freude über die gefundene Arbeit und die Vorfreude auf unseren Sohn, dem wir mit den aktuellen Bedingungen eine gute Zukunft hätten bieten können.
Diese zuversichtliche Stimmung und auch das Vertrauen in die österreichische Legislative und Exekutive änderte sich leider sehr rasch, als wir von der neuen Regelung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für 2006 erfuhren.
Diesem entsprechend, darf mein Mann dann ohne Niederlassungsbewilligung keiner legalen Arbeit mehr nachgehen. Was bedeuten würde, dass die Pflichten für die Versorgung einer dreiköpfigen Familie alleine auf mir lasten. Auf die Rechte, die allen verheirateten Staatsbürgern zustehen, müssen wir aber verzichten.
* Wir könnten keine sozialen Hilfeleistungen beziehen, da hierfür ein Visum für meinen Mann erforderlich ist
* Ich hätte keine Möglichkeit, die zweieinhalb bzw. drei Jahre Erziehungsurlaub und Kindergeld auf meinen Mann zu übertragen um mir die Möglichkeit zu geben, für das Familieneinkommen zu sorgen.
* Mein Mann hat nach dem neuen Beschäftigungsgesetz keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld obwohl er die Vorraussetzungen erfüllt, da er für das AMS nicht vermittelbar ist.
Wir werden also letztendlich durch das Handeln des Staates zum Sozialfall, was absolut nicht nötig wäre.
Die finanziellen Probleme zu lösen wird schwer werden aber zu schaffen sein. Anders sieht es da schon mit dem menschlichen Aspekt aus.
Aus der europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten konnte ich entnehmen:
Artikel 8 [Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens]
(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Dass einem nigerianischen Staatsbürger im Sozialstaat Österreich dieses Grundrecht, das über allem stehen sollte, nicht gewährt wird, ist an sich schon nicht zu verstehen.
Aber wie kann es auch einem österreichischen Staatsbürger verwehrt werden?
Wenigstens wird damit das Menschenrechtsgesetz: 'Verbot der Benachteiligung und Gleichheit vor dem Gesetz' berücksichtigt indem unser Sohn und ich genauso benachteiligt werden wie er. Sollte das der Sinn dieses Gesetzes sein???
Unserer Familie wird möglicherweise die Existenzgrundlage genommen aber, viel wichtiger noch, im schlimmsten Fall wird meinem Sohn die Möglichkeit genommen, mit seiner ganzen Familie, mit seiner Mutter und seinem Vater aufzuwachsen. Gibt es nicht schon genug alleingelassene und ungeliebte Kinder auf dieser Welt?
Anscheinend ist die Angst der österreichischen Regierung über die ungeheure Gefahr, die mein Mann für die öffentliche Sicherheit darzustellen scheint, so groß, daß zum Wohle des Volkes die Menschenrechte eben dieses Volkes verletzt werden müssen.
J. & O. T.
Der Artikel wurde auf Wunsch der Frau nachträglich anonymisiert und wird hier weiter dokumentiert, um die Auswirkungen rasstistischen staatlichen Handelns auf einzelne Individuen, in diesem Fall eine Kleinfamilie, aufzuzeigen.