Das LG für Zivilrecht Graz hat die Klagen des Verlags abgewiesen. Bei den Bezeichnungen "rassistisch", "antisemitisch" und "rechtsextrem" in Zusammenhang mit den Verlagspublikationen handelt es sich um zulässige Werturteile.
Vor fast einem Jahr ging der Leopold Stocker Verlag mit gerichtlichen Klagen auf Widerruf und Unterlassung gegen KritikerInnen vor, die ihm seine Verstrickung in die rechtsextreme Szene öffentlich vorgeworfen hatten: namentlich gegen die Israelische Kultusgemeinden Wien und Graz, die HochschülerInnenschaft Graz und die Gruppe Mayday 2000.
Bereits im Herbst 2005 zog sich der Stocker Verlag aus dem Prozess gegen die IKG Wien zurück, als deren Anwälte die Einholung eines Gutachtens aus der Rassismus- und Antisemitismusforschung zur Beurteilung von Verlagspublikationen beantragten.
Nun hat das Landesgericht für Zivilrecht Graz die übrigen Klagen des Verlags abgewiesen. Konkret gingen die RichterInnen auf die Kritik ein, die Mayday 2000 auf seiner Homepage und in der Zeitung der ÖH an den Veröffentlichungen und AutorInnen von Stocker geübt hatte:
Bei den Bezeichnungen "rassistisch", "antisemitisch" und "rechtsextrem" in Zusammenhang mit den Verlagspublikationen handle es sich um ein zulässiges Werturteil, das durch das Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt sei. Mayday 2000 habe sich an einer aktuellen politischen Diskussion beteiligt, die gemäß der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ein "hohes Maß an Toleranz" erfordere. Zwar sei an der "Ehrenrührigkeit" der Äußerungen von Mayday "nicht zu zweifeln", jedoch habe sich die Kritik auf ein "bestimmtes Tatsachensubstrat stützen" können. Das Verhalten des Stocker Verlags, so das Gericht weiter, sei "zweifellos geeignet, öffentliche Kritik auf sich zu ziehen" - exemplarisch nannte das Urteil, dass David Irving und Friedrich Romig zu den verlegten AutorInnen zählten bzw. zählen -, weshalb die Interessensabwägung zugunsten des Rechts von Mayday 2000 auf freie Meinungsäußerung ausgefallen sei.
Leider hat der Stocker Verlag gegen jenes Urteil, das die Texte auf der Homepage von Mayday betrifft und das bisher das teuerste Verfahren war, Berufung eingelegt. Dass er gegen die anderen inhaltlich gleichlautenden Entscheidungen keine Rechtsmittel ergriff, legt den Verdacht nahe, dass der Stocker Verlag jene treffen will, bei denen er entweder die geringsten finanziellen Mitteln vermutet, oder die er als UrheberInnen der öffentlichen Kritik sieht.
Wir danken jedenfalls allen herzlich, die es uns durch finanzielle
Unterstützung ermöglicht haben, diesen Prozess überhaupt zu führen.
Herzliches Danke auch all jenen, die uns auf andere Weise - durch
Informationen und Unterstützungsangebote - geholfen haben! Allerdings werden wir jetzt, da die Auseinandersetzung in die nächste Instanz geht, weiterhin auf solidarische Unterstützung angewiesen sein.
MayDay2000 Graz
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Bezeichnung "MayDay2000 Graz"