Ca. 200.000 Leute nahmen an der Megamarcha vom 14. Juni 2007 in Oaxaca/Mexiko teil, die Demo war 10 km lang, die Stimmung so gut "wie zu den besten Zeiten der APPO", so eine Beobachterin ... Seit über einem Jahr wehren sich die Menschen im südlichen Bundesstaat Oaxaca gegen Korruption und Repression.
Bericht aus der Tageszeitung :: Junge Welt
Die seit einem Jahr andauernden Proteste gegen den Gouverneur des südmexikanischen Bundesstaates Oaxaca haben wieder Massencharakter angenommen. An einem Demonstrationszug am Donnerstag (Anm.: 14.06.2007) nahmen nach Behördenschätzungen mehrere zehntausend Personen teil, die VeranstalterInnen gaben weit höhere Zahlen an. Die Menschenkolonne vom Flughafen der Landeshauptstadt ins Stadtzentrum erreichte zeitweilig eine Länge von etwa zehn Kilometern. Aufgerufen hatten die örtliche LehrerInnengewerkschaft und die Volksversammlung der Bevölkerung Oaxacas (APPO), ein Zusammenschluß von etwa 350 linken und indigenen Organisationen.
Der Marsch erinnerte an einen fehlgeschlagenen Einsatz der örtlichen Polizeikräfte am 14. Juni 2006, bei dem diese brutal gegen eine Lehrerblockade vorgingen. Die Polizeiaktion forderte 23 Tote, für die Gouverneur Ulises Ruiz und mutmaßlich von ihm kontrollierte paramilitärische Kommandos verantwortlich gemacht werden. Der brutale Einsatz vor einem Jahr löste eine breite soziale Mobilisierung in Oaxaca aus. Hauptforderung bleibt dabei nach wie vor im Rücktritt der Gouverneurs.
Ruiz, dessen offizielle Amtszeit erst 2010 endet und der seine politische Haut entgegen vieler Erwartungen mit der Intervention von Bundestruppen im Herbst des Vorjahres gerettet zu haben schien, ist zuletzt wieder stärker unter Druck geraten. Zum einen zeigt die Demonstration vom Donnerstag, daß seine nun schon ein halbes Jahr laufende aufwendige Imagekampagne große Teile der Bevölkerung nicht überzeugt hat und die Angst vor einer erneuten umfassenden Repression weniger abschreckt als noch vor Monaten. Gleichzeitig läßt sich die gezielte Kriminalisierung seiner Gegner durch die Justizbehörden immer schwerer aufrechterhalten. Wegen Mangels an Beweisen fällt eine Anklage nach der anderen gegen tatsächliche und angebliche APPO-Mitglieder zusammen. Von ursprünglich über 200 Verhafteten sitzen nach weiteren Freilassungen in den vergangenen Wochen noch neun Personen im Gefängnis. Die LehrerInnengewerkschaft Oaxacas mit ihren knapp 70.000 Mitgliedern will am Wochenende entscheiden, ob sie kurz vor Ende des Schuljahres wieder komplett streiken wird.
Außerdem berät in diesen Tagen das mexikanische Verfassungsgericht darüber, ob es eine eigene Untersuchungskommission zu den Vorgängen im Bundesstaat einberufen soll. "Oaxaca steht nicht mehr in Flammen, aber brennt im Innern weiter. Die Gesellschaft Oaxacas erwartet Gerechtigkeit", so einer der eher progressiven Richter am Donnerstag in seinem Plädoyer für eine solche Kommission. Am Montag will das Gericht abschließend entscheiden. Erwartet wird ein äußerst knappes Abstimmungsergebnis. Sollte es eine Richtermehrheit für die Untersuchungskommission geben, hätte das keine unmittelbaren Auswirkungen für Ulises Ruiz. Mittelfristig jedoch fiele es ihm schwerer, sich weiterhin an sein Amt zu klammern.
Der Bericht erschien zuerst in der Tageszeitung :: Junge Welt vom 16.06.2007, bearbeitet von no-racism.net