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[ 30. Mar 2008 ]

Nazis demonstrieren durch die Wiener Innenstadt

PatriotInnen sind IdiotInnen

Etwa 5000 Menschen, darunter nach unterschiedlichen Schätzung zwischen 140 und 300 Neonazis, demonstrierten gestern in Wien gegen die EU.

:: Mit Bildergalerie

 

Neben FPÖ, BZÖ, Peter Westenthaler, Jörg Haider, Heinz-Christian Strache und dem Bündnis "Neutrales Freies Österreich", marschierten auch weit über 100 offensichtliche Neonazis durch den ersten Wiener Gemeindebezirk. Die Auftaktkundgebung fand vor der Staatsoper statt. Über den Albertinaplatz, auf dem sich das von Alfred Hrdlicka gestaltete Mahnmal gegen Krieg und Faschismus sowie die Skulptur des strassenwaschenden Juden befindet, zogen die DemonstrantInnen in Richtung Stephansplatz/Stock-im-Eisen-Platz zur Schlusskundgebung.

Nicht zu übersehen war ein Block von etwa 60 sich selbst so bezeichnenden "autonomen Nationalisten", die u.a. Freiheit für den Nationalsozialisten Gerd Honsik forderten und Parolen wie "Hier marschiert der nationalen Widerstand" grölten. Ebenfalls auf der Demo waren altbekannte Neonazis wie Andreas Thierrys NVP-Minipartei sowie der frühere VAPO-Führer Gottfried Küssel. Die ÖkofaschistInnen von der "Initiative Heimat und Umwelt" waren ebenfalls mit von der Partie.

Wer insgeheim hofft, dass zwar einige Nazis auf der Demo waren, aber das EU-kritische Anliegen der Mehrheit der DemonstrantInnen doch irgendwie seine Berechtigung hat, muss leider enttäuscht werden. Die Grenzen waren fließend, finden sich doch auch auf der Homepage einer der aufrufenden BürgerInneninitiativen positive Bezugnahmen auf rechtsextreme wie den deutschen Universitätsprofessor und NPD-"Sachverständigen" Karl Albrecht Schachtschneider. Letztlich handelte es sich auch abgesehen von den offensichtlichen Neonazis um eine Ansammlung typisch österreichischer ObskurantInnen. Rot-Weiß-Rot FahnenschwenkerInnen und Bundeshymnen singende Witzfiguren prägten das Bild.

Während immer wieder das internationale Finanzkapital als Wurzel allen Übels beschworen wurde, blieb das nationale Produktionskapital natürlich völlig außen vor. Das darf nicht verwundern, war es doch der österreichische Staat, den die DemonstrantInnen der EU als Allheilmittel entgegenstellten. "Rettet Österreich", so die bestimmende Parole der Demo und als wäre das Leben ein Theaterstück von Thomas Bernhard, lässt man sich bei der angestrebten Rettung gerne von einem großen Nazi-Mob behilflich sein. Diverse Weltverschwörungsfreaks, die in der EU :: Bilderberger und :: Illuminaten am Werk sehen wollen, rundeten das Bild ab.

Und im großen und ganzen war es dann auch der übliche jenseitige österreichische Schwachsinn, der von den RednerInnen zu vernehmen war. Adrian Hollaender, Lehrbeauftragter an der Universität Wien, war sich nicht zu blöd von einer "Vergewaltigung des österreichischen Volkes" zu sprechen und erntete dafür tosenden Applaus. Peter Weish, Dozent an der Universität Wien und Präsident des Forums Wissenschaft und Umwelt, verglich die EU-Verfassung mit dem Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland 1938. Ein weiterer verharmlosender NS-Vergleich - scheinbar gerade ein Trend bei diversen EU-GegnerInnen - fand sich auch auf einem Schild in der Demo. "1938: Hitler - 2008: EU", war dort zu lesen und darunter ein Zitat des austrofaschistischen Bundeskanzlers Kurt Schuschnigg.

Zum Abschluss noch etwas positives: Auch wenn antifaschistischer Protest gestern fast völlig ausblieb, gab es doch eine sehr öffentlichkeitswirksame Aktion. Vom Balkon eines Kaffeehauses am Stephansplatz entrollten einige AntifaschistInnen ein gut lesbares Transparent mit der Aufschrift "Heimat im Herzen - Scheiße im Hirn". Nach kurzer Zeit wurden sie - erst von Kaffeehaus-Gästen, dann von der Polizei - attackiert und schließlich festgenommen. Die AktivistInnen befinden sich mittlerweile wieder auf freiem Fuß.

Quellen: n3tw0rk, indymedia, derstandard