Antirassistische Demonstration am 29. November 2008 in Neuss - Auch im Jahr 2008 steht der 25. November weltweit im Zeichen des Kampfes um Befreiung von Formen gegen Frauen gerichteter Gewalt.
Diese Tradition geht zurück auf das Schicksal dreier Frauen, die 1960 in der Dominikanischen Republik nach einem Besuch politischer Gefangener von Schergen des Trujillo-Regimes vergewaltigt und ermordet wurden. Der 1982 von lateinamerikanischen Aktivistinnen eingeführte Internationale Frauenaktionstag sollte der hiesigen Linken als Anlass dienen, Stellung gegen institutionellen und gesellschaftlichen Sexismus in der BRD zu beziehen. Hiervon betroffen sind beispielsweise in die Mühlen der rassistischen Abschiebepraxis geratene Migrantinnen.
An wenigen Orten in der BRD wird dies ähnlich deutlich wie im niederrheinischen Neuss, wo seit 1993 der bundesweit einzige Frauenabschiebeknast in Betrieb ist. Derzeit sind in der JVA an der Grünstraße mitten in der Neusser Innenstadt circa 20 von Abschiebung bedrohte Frauen inhaftiert. Abschiebehaft bedeutet für die bis zu 18 Monate lang Inhaftierten ein "Leben" hinter Mauern und Sicherheitsdraht, bewacht von bewaffnetem JVA-Personal. Der psychische Druck, der hier auf die Frauen ausgeübt wird, ist schier unvorstellbar. So versuchte beispielsweise im Jahr 2006 eine 57-jährige, von der Abschiebung nach China bedrohte Frau sich in der JVA zu erhängen. Am 8. Mai 2006 starb sie in einem Neusser Krankenhaus an den Folgen eines Suizidversuches. Die aus Shanghai stammende Frau war im Januar 2006 mit der Begründung, ihr würde die Aufenthaltsgenehmigung bzw. ein Pass fehlen, von Zivilbeamten verhaftet und von einem Amtsrichter in Abschiebehaft geschickt.
Insgesamt sind seit 1993 in Deutschland etwa 49 Suizide in Abschiebehaft dokumentiert. Da keine offiziellen Statistiken existieren, dürfte die Dunkelziffer wesentlich höher liegen. Das einzige "Verbrechen" von Abschiebehaft bedrohter Frauen ist ihre Migration in die BRD, wo sie als "Sans Papiers" ein von permanenter Unsicherheit und Angst geprägter Alltag erwartet.
Die Frauen fliehen vor Genitalverstümmelung, Zwangsprostitution und Zwangsverheiratung. Sie entschließen sich zur Migration, weil sie in ihrem Herkunftsland keine Chance auf Bildung oder Ausbildung haben. Frauen entscheiden sich zur Flucht, weil sie als Lesben, Angehörige einer ethnischen bzw. religiösen Minderheit oder politische Aktivistinnen verfolgt werden. Frauen treffen die Entscheidung zur Migration, weil sie keinerlei Möglichkeit sehen, genügend Geld zum Leben zu verdienen. Sie migrieren, weil sie sich nicht in die vorgeschriebenen Frauenrollen pressen lassen wollen. Frauen fliehen vor Kriegen, vor den Folgen der Kolonialisierung. Sie werden vertrieben, sie entfliehen der gezielten Zerstörung ihrer ökonomischen und ökologischen Lebensgrundlagen. Auch künftig werden also Migrantinnen die Zeit bis zu ihrer Deportation in für sie oftmals lebensgefährlichen Verhältnissen innerhalb der Mauern der Haftanstalt Neuss verbringen müssen. Umso unerträglicher ist es, dass die allgemeine Privatisierungswelle selbst vor diesem Bereich nicht Halt macht und das Elend und die Verzweiflung inhaftierter Flüchtlinge auch noch unter kapitalistischen Verwertungsmechanismen ausgebeutet werden. Das Geschäft mit der Abschiebung floriert mittlerweile in der BRD.
"Professionell und effizient" sind die Schlagworte, unter denen Überwachungs- und Versorgungsbereiche in die Hände von privaten Anbietern gelegt werden. Ziele sind Teile der Bewachung und Organisation von so genannten Ausreisezentren sowie Gefängnissen und Unterkünften, aber auch die Versorgung, Betreuung und den Transport von Flüchtlingen auszulagern. 40 bis 50 % der Personalausgaben, so rechnen wissenschaftliche VertreterInnen der Sicherheitsbranche vor, ließen sich mit einem Outsourcing einsparen. Neben den Effizienz- und Kostenfragen ergeben sich aus der Privatisierung für Bund und Länder zahlreiche Vorteile daraus, ein privates Unternehmen zu beschäftigen. Ein abhängiges Dienstleistungsunternehmen stellt keine lästigen menschenrechtlichen Fragen oder plädiert gar für die Einhaltung von Mindeststandards. Eine Privatfirma lässt auch sicherlich keine öffentliche Kritik an katastrophalen Zuständen in Gefängnissen und Ausreiselagern verlauten. Darüber hinaus kann die Verantwortung für eskalierende Situationen und Vorfälle abgeschoben und als Versagen der Unternehmen ausgelegt werden.
Aus diesen Gründen werden wir es uns auch am diesjährigen Samstag, dem 29.11.2008 nicht nehmen lassen, im Sinne des internationalen Frauenkampftages gegen das Weiterbestehen des Frauenabschiebeknastes Neuss sowie aller anderen Abschiebeknäste und -mechanismen zu demonstrieren und unsere Wut und Trauer auf die herrschenden Zustände auf die Straße zu tragen.
Den sexistischen und rassistischen Normalzustand brechen!
There's no difference! Staatlichen Rassismus bekämpfen!
No border! No nation!
Antirassistische Demonstration am 29.November 2008 in Neuss
14:00 Uhr/Marienkirchplatz (Hauptausgang Hbf Neuss)
Frauenaktionstag im Abschiebestaat BRD
Der 25. November steht wie jedes Jahres weltweit im Zeichen des Kampfes um Befreiung von Formen gegen Frauen gerichteter Gewalt.
Diese Tradition geht zurück auf das Schicksal dreier Frauen, die 1960 in der Dominikanischen Republik nach einem Besuch politischer Gefangener von Schergen des Trujillo-Regimes vergewaltigt und ermordet wurden. Der 1982 von lateinamerikanischen Aktivistinnen eingeführte Internationale Frauenaktionstag sollte der hiesigen Linken als Anlass dienen, Stellung gegen staatlichen Sexismus in der BRD zu beziehen. Hiervon betroffen sind beispielsweise in die Mühlen der rassistischen Abschiebepraxis geratene Migrantinnen.
An wenigen Orten in der BRD wird dies ähnlich deutlich wie im niederrheinischen Neuss, wo seit 1993 der bundesweit einzige Frauenabschiebeknast in Betrieb ist - mitunter mit tödlichen Folgen: So versuchte dort Mitte letzten Jahres eine von Abschiebung nach China bedrohte 57-jährige Frau aus Bochum sich zu erhängen. In den Morgenstunden des 8. Mai 2006 starb sie in einem Krankenhaus in Neuss an den Folgen des Suizidversuchs. Die aus Shanghai stammende Frau war am 21. Januar 2006 in einem China-Restaurant von Zivilbeamten mit der Begründung des Fehlens einer Aufenthaltsgenehmigung bzw. eines Passes festgenommen und von einem Amtsrichter in Abschiebehaft geschickt worden.
"Mit Wut, Zorn und Trauer erfüllt uns die Nachricht, dass es einen erneuten Todesfall in der Abschiebehaft gibt. Wie viele Menschen müssen sich noch das Leben nehmen, bevor die Bundesregierung lernt, dass nicht in Krisengebiete abgeschoben werden darf", benannte der Vorsitzende des Bürener Hilfsvereins Frank Gockel die politische Verantwortlichkeit für die menschliche Tragödie. "Die JVA Neuss muss ersatzlos geschlossen werden, nur das wäre ein Schritt zu einer humaneren Flüchtlingspolitik."
Der Suizid dieser verzweifelten Frau ist kein Einzelfall und wenn er auch schon einige Zeit zurückliegt, zeigt er einmal mehr, wie wichtig es gerade für die politische Linke ist, kontinuierlich MigrantInnen praktisch zu unterstützen und die antirassistische Arbeit allgemein zu stärken.
Abschiebehaft bedeutet für die bis zu 18 Monaten lang Inhaftierten ein "Leben" hinter Mauern und Sicherheitsdraht, bewacht von bewaffnetem JVA-Personal.
Insgesamt sind seit 1993 in Deutschland etwa 49 Suizide in Abschiebehaft dokumentiert. Da keine offiziellen Statistiken existieren, dürfte die Dunkelziffer wesentlich höher liegen.
Das einzige "Verbrechen" von Abschiebehaft bedrohter Frauen ist ihre Migration in die BRD, wo sie als "Sans Papiers" ein von permanenter Unsicherheit und Angst geprägter Alltag erwartet.
Die Frauen fliehen vor Genitalverstümmelung, Zwangsprostitution, Zwangsverheiratung. Sie entschließen sich zur Migration, weil sie in ihrem Herkunftsland keine Chance auf Bildung oder Ausbildung haben. Frauen entscheiden sich zur Flucht, weil sie als Lesben, Angehörige einer ethnischen bzw. religiösen Minderheit oder politische Aktivistinnen verfolgt werden. Frauen treffen die Entscheidung zur Migration, weil sie keinerlei Möglichkeit sehen, genügend Geld zum Leben zu verdienen. Sie migrieren, weil sie sich nicht in die vorgeschriebenen Frauenrollen pressen lassen wollen. Frauen fliehen vor Kriegen, vor den Folgen der Kolonialisierung. Sie werden vertrieben, sie entfliehen der gezielten Zerstörung ihrer wirtschaftlichen und ökologischen Lebensgrundlagen.
Laut NRW-Landesjustizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter ist die angekündigte Verlegung des Frauenabschiebeknastes nach Büren vom Tisch. Auch zukünftig werden also Migrantinnen, derzeit sind es rund dreißig Frauen, die Zeit bis zu ihrer Deportation in für sie oftmals lebensgefährliche Verhältnisse innerhalb der Mauern der Haftanstalt Neuss verbringen müssen.
Weg mit allen Abschiebeknästen!
Kein Mensch ist illegal!
No Border, no Nation, stop Deportation!
Aktionsbündnis für globale Bewegungsfreiheit
Bericht von der Demonstration in Neuss
Am 29. November 2008 fand zum 9. Mal anlässlich des "Internationalen Aktionstages gegen Gewalt gegen Frauen“, in der Neusser Innenstadt eine Demonstration statt. Bis zu 300 Menschen aus feministischen, antirassistischen und antifaschistischen Zusammenhängen gingen auf die Straße, um gegen staatlichen und gesellschaftlichen Rassismus Position zu beziehen.
Demonstriert wurde gegen den bundesweit einzigen Frauenabschiebeknast, der sich bereits seit 15 Jahren auf der Neusser Grünstraße befindet. Zur Zeit fristen dort etwa 20 Frauen ein Dasein hinter hohen Mauern und Stahltoren, nur weil sie sich in ihren Herkunftsländern Angriffen auf ihre körperliche Unversehrtheit und ihr Selbstbestimmungsrecht als Frau nicht unterwerfen wollten.
Die Demonstration zog lautstark zum Abschiebeknast. In mehrsprachigen Redebeiträgen und Parolen wurde die Solidarität mit den inhaftierten Frauen und die Ablehnung der herrschenden Abschiebemechanismen ausgedrückt.
Unmittelbar nach Auflösung der Veranstaltung kam es zu einem Übergriff der anwesenden Polizeikräfte. Aufgrund eines Vorfalls, der sich im Vorjahr zugetragen haben soll, wurde unter Einsatz physischer Gewalt eine Personalienfeststellung erzwungen.
Karin Brause von der Antifaschistischen Aktion Neuss, die in Zusammenarbeit mit dem Aktionsbündnis für globale Bewegungsfreiheit die Veranstaltung organisiert hat, zieht ein positives Fazit des Tages: "Auch dieses Jahr beteiligten sich wieder viele engagierte Menschen, bei denen wir uns herzlich bedanken möchten, an den Protesten gegen den rassistischen und sexistischen Normalzustand. Wir rufen schon jetzt dazu auf, auch nächstes Jahr wieder nach Neuss zu kommen, wenn die Demonstration gegen den hiesigen Frauenabschiebeknast zum 10. Mal stattfinden wird."
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