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[ 16. Mar 2002 ]

Prozessbericht vom Mi, 06. März 2002

Teil 2: Vernehmung von 2 uniformierten Beamten sowie eines Bediensteten der Balkan Air, die am Flughafen Schwechat dabei waren

 

Die Anwesenden:
Richter Fiala, Zweitrichter, 3 SchÃŒffInnen, 3 ErsatzschÃŒffInnen, Staatsanwalt, Assistent von Rechtsanwalt Zanger, Verteidiger Rifaat, Verteidiger Ofner, die Angeklagten Josef B., R., K.; die ZeugInnen: Alfred D. (Grenzpolizei, Schwechat), Oskar G. (Kriminalbeamter, Polizeidirektion Schwechat), Gerhard P. (Bundespolizeidirektion Schwechat, Flughafeneinheit Kranich)


1. Zeuge: Alfred D. (Grenzpolizei/Schwechat)

Alfred D. fuhr vorne im Bus mit, mit dem Omofuma vom Gate zum Flugzeug gebracht wurde.
Omofuma habe am Gate angefangen, "Radau zu machen", er habe gebrÃŒllt. Beamte der Spezialeinheit "Kranich", die den Transport begleiten, schreiten ein. Einzelheiten zu erkennen, sei ihm nicht möglich gewesen. Das Ergebnis schon: Omofuma hatte Fußfesseln im Kniebereich. Die Arme waren am Oberkörper fixiert worden, vermutlich mit Klebeband. Mit Leukoplast war ihm der Mund zugeklebt worden. Nun sei "nur mehr Brummen" möglich gewesen. Omofuma habe das Klebeband "losgeblasen" und/oder "durchgebissen", worauf ein weiteres über den Mund geklebt wurde. Unaufgefordert erwähnt der Zeuge, dass die Gefahr des Erstickens in keinem Moment gegeben war. Die Nase sei immer frei gewesen, das Mundpflaster einen guten Finger breit von den Nasenöffnungen entfernt. "Das habe ich genau gesehen."
Die Schreie seien Protestgeschrei gewesen, mit Sicherheit keine Schmerzensschreie.
Auf die Frage des Vorsitzenden, ob er sich nicht gewundert habe, dass ein Mensch wie ein Paket verschnÃŒrt ins Flugzeug getragen wird, antwortet der Zeuge: "schön ist es nicht, aber ich habe nicht gewußt, welche Aufträge die Beamten gehabt haben. Sie unterstehen dem Innenministerium." und: "Nachdem"s mich nicht betroffen hat, hab ich mir nichts gedacht, jeder macht seinen Dienst." außerdem meint der Zeuge D., dass Mundverkleben das gelindeste Mittel sei, um zu verhindern, dass widersetzende und lärm schlagende Abzuschiebende sich und andere gefährden.
Der Zeuge weist wiederholt daraufhin, dass die Nase immer frei gewesen sei.
Die Beamten hätten beispielhaft ruhig auf Omofuma eingewirkt. Selbst als Omofuma Widerstand leistete und mit dem Kopf herumschlug, seien die Beamten ruhig geblieben.
Generell meint der Zeuge, dass bis zum Fall Omofuma Mundverklebungen nie zu einer Gesundheitsbeeinträchtigung der Abgeschobenen geführt habe. Marcus Omofuma habe keine Atemnot gelitten.
Ob einer der Angeklagten Kontakt mit K., dem Stationsmanager der BalkanAir in Wien gehabt habe, wisse er nicht. K. habe jedenfalls ins Auto geblickt und Omofuma gesehen. Er habe nicht gesagt, dass irgendetwas nicht ok wäre.
Auf die Frage des Anwalts der Familie Omofuma antwortete der Zeuge, dass niemand verletzt war, als die Beamten mit Omofuma das Auto verließen.
Verteidiger Rifaat fragt nach dem Verhalten der 3 Angeklagten gegenüber Omofuma in der VIP-Lounge. Der Aufforderung beispielsweise, dass Omofumae sich den Rock ausziehen wolle, sei unmittlbar nachgekommen worden.


2. Zeuge: Oskar G. (Kriminalbeamter Polizeidirektion Schwechat)

Die Aufgabe von G. war im vorliegenden Fall die Koordination der "Problemabschiebung", die Kontaktaufnahme mit der Fluglinie und die Absprache mit der Spezialeinheit "Kranich". Omofuma sei mit Hilfe der "Kranich"- BeamtInnen in das Flugzeug getragen worden. Aus eigener Motivation artikuliert der Zeuge mehrmals, dass dabei keine Misshandlung des Gefangenen stattgefunden habe. Bei der Einvernahme im Mai 1999 hatte G. zu Protokoll gegeben, dass beim Fesseln ein LederGürtel verwendet worden sei, was im Widerspruch zu den Aussagen der anderen Zeugen bzw. der Angeklagten steht.

G. nimmt wie der vorherige Zeuge wiederholt Bezug auf das "Naseverkleben", indem er sagt, die Nasenlücher Wären immer frei gewesen. "Das macht doch niemand, dass man jemand auch noch die Nase verklebt" lautet das sehr parteiische Kommentar dazu. Ähnlich dem vorherigen Zeugen beruft sich G. auf seine Vorgesetzten bzw. die Vorgesetzten der Angeklagten: " Ich weiss nicht, welche Anweisungen sie von ihrem Vorgesetzten erhalten haben - dazu könnte zählen, dass man ein Klebeband verwendet."
G. habe aus einem Informationsfax erfahren, dass es sich bereits um den dritten Abschiebeversuch im Fall Omofuma handle. (Dies ist nachweislich falsch!)


3. Zeuge: Gerhard P. (Bundespolizeidirektion Schwechat)

P. war 1999 Beamter der "Kranich"-Einheit. Diese Einheit begleitet das Fahrzeug mit den Schubhäftlingen sowie den mitfliegenden BeamtInnen vom FlughafenGebäude zum Flugzeug.
Der Zeuge betont, dass Omofuma sich außerordentlich aggressiv verhalten habe. Er habe geschrieen, sich und andere gefährdet. "So widersetzt, so was habe ich noch nicht gesehen, und ich hoffe, dass ich so etwas auch nicht mehr erlebe. Weil das war nicht normal." Die Schreie seien nicht Ausdruck von Schmerz, sondern von Agression. Im Auto habe er einen der Angeklagten einen Satz mit Beißen sagen hören. Genaueres kann er dazu nicht sagen. Ein Beißen von Seiten Omofumas habe er aus seiner Position (er saß direkt hinter ihm) nicht gesehen, bloß entsprechende Bewegungen.
Der Zeuge unterstützte das Argument, dass der Pilot zu entscheiden habe, welche maßnahmen getroffen werden.
Beim Hinauftragen in das Flugzeug habe Omofuma sich ruhig verhalten.
Den Stationsmanager K. kenne er nicht. Ob einer der Angeklagten mit diesem Kontakt gehabt hatte, könne er nicht sagen.
Der Anwalt der Familie Omofuma fragt, ob es möglich gewesen wäre mit dem dermaßen verschnÃŒrten Marcus Omofuma zu kommunizieren. Der Zeuge bleibt die Antwort schuldig. Auf die Frage, warum denn ein Abbrechen der Abschiebung nicht einmal in Erwähnung gezogen worden war, wenn es doch dermaßen krass zugegangen wäre, meint er: "Das ist nicht meine Verantwortung. Verantwortlich sind die Beamten (die 3 Angeklagten, Anm.) bzw der Pilot."
Verteidiger Rifaat fragt, ob Atemnot feststellbar gewesen wäre. Der Zeuge antwortet mit nein. "Unser erstes Gebot lautet, dass der Abzuschiebenden keinen Kratzer bekommt, weil sonst müsste die Abschiebung abgebrochen werden. Dann hätte er einen Erfolg gehabt."
Verteidiger Ofner kommt zu Wort und meint, dass der Staat ja vollzugsunfähig wäre, würden die BeamtInnen die Versuche der Schubhäftlinge, die Abschiebung zu vereiteln, keine effektive Stategie entgegensetzen. Er warf ein, dass "Abzuschiebende" in manchen fällen RhizinusÃŒl einsetzen, um die Abschiebung zu verhindern. Solchem "Einfallsreichtum" müsse definitiv entgegengewirkt werden.


4. Zeuge: Ivan K. (Stationsmanager der Balkan Air am Flughafen Wien)

Die Aufgabe des Zeugen war es, die Passagierliste an Bord zu bringen.
1 oder 2 Mal pro Monat haben laut. K. Problemabschiebungen mit seiner Fluglinie stattgefunden.
Der Zeuge beruft sich auf seinen Arbeitsauftrag: " Ich habe meine Arbeit gemacht". Auf die Frage, ob er angeordnet habe, der Gefangene dürfe nicht schreien, antwortet K., er habe Omofuma nicht schreien gehört. Er habe keine "Anweisung" (die drei Angeklagten Wären nicht weisungsgebunden gewesen, da K. kein Vorgesetzter ist) in diese Richtung gegeben.
Im Unterschied zu der einhelligen Aussage der drei Angeklagten, sagt K., dass er Omofuma nie gesehen hat. Beim Gate habe er aus einiger Entfernung bloß dessen Umrisse im Auto wahrgenommen. Er habe nicht hinein geblickt. "Nein, keinen Moment habe ich ihn gesehen."
Ofner erreicht mit suggestiven Fragen die Antwort Ks., dass die Verantwortung der FlugkapitÀn habe.
K. gibt an, dass er um keine Fesselung des Gefangenen ersucht habe, da das die Aufgabe der Österreichischen Behörden sei.
Laut Aussagen einer Stewardess und des Co-Piloten habe K. Angaben über den Zustand Omofumas gemacht. Er verneint dies.
Ofner erreicht durch weitere Suggestivfragen die Zustimmung K.s zu folgender Aussage: "Wenn der Schubhäftling renitent wird, müssen die Beamten alles tun, was in ihrer Macht steht, um die Sicherheit der Passagiere nicht zu gefährden" und zusätzlich: "im Rahmen dessen, was der Kapitain vorgibt- er gibt die Grenzen vor". Welche Mittel dazu angewandt werden, sei nicht seine (K.s) Sache.
Ofners Konzept ging allerdings an dem Punkt nicht auf, als er den Zeugen fragte, was zu tun sei, wenn der Schubhäftling randaliere oder auf eine zu gefährliche Weise sTüre. K. antwortete nämlich, dass in solch einem Fall das Flugzeug umkehren oder erst gar nicht abheben sollte.