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[ 29. May 2009 ]

Stellungnahme der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück und FreundInnen

zu den rechtsextremen Übergriffen in Ebensee und den unterträglichen Attacken von Graf

 

Bundeskanzler Faymann hat mit seiner Erklärung vom 18. Mai 2009 versucht, die FPÖ und insbesondere Strache in die Schranken zu weisen. Es war höchst an der Zeit, auf die Provokationen und Angriffe der letzten Wochen zu reagieren, egal ob diese von Jugendlichen oder von PolitikerInnen kommen.

Die Äußerung von Innenministerin Fekter, welche von zunehmenden
gegenseitigen Provokationen linker und rechter AktivistInnen sprach, ist eine unerträgliche Beleidigung aller Verfolgten des Naziregimes. Denn es kann nichts anderes bedeuten als: Gäbe es kein aktives Gedenken, dann blieben auch rechtsextreme Übergriffe aus! Die eindeutig neonazistischen Übergriffe in Ebensee mit 'angeblichen' linksextremen Ausschreitungen in Verbindung zu bringen, ist eine grobe Verharmlosung, die aufs Schärfste zurückgewiesen werden muss.

Jetzt alles auf eine nicht ausreichende Politische Bildung der
Jugendlichen in den Schulen zu schieben ist ein Ablenken und Abwälzen der Verantwortung auf die Schule. Die wohl wichtigste Form der Erziehung ist das vorgelebte Beispiel von der gesamten Gesellschaft und auch der Politik.

Solange rassistische, antisemitische und antiislamische Wahlslogans wie sie derzeit von der FPÖ affichiert werden stillschweigend toleriert werden und solange eine Mehrheit von Nationalratsabgeordneten einen Herrn Graf zu einem Präsidenten des Österreichischen Parlaments wählt, fühlen sich Politiker wie Strache und dessen AnhängerInnen nur bestätigt. Mehr noch, dieses Gedankengut gilt damit als gesellschaftsfähig und demokratisch.

Die jüngsten Attacken von Martin Graf gegenüber Ariel Muzicant, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, sind unerträglich, die Rechtfertigungsversuche Grafs infam. Die ÖLGR fordert daher in aller Deutlichkeit den sofortigen Rücktritt des Dritten Nationalratspräsidenten.

Alle politischen Parteien sind aufgefordert, diesem Rechtsruck entgegen zu treten. Allen voran muss Innenministerin Fekter als zuständige Ministerin sowohl für die Polizei wie auch für die KZ-Gedenkstätte Mauthausen und der ehemaligen Außenlager von Beginn an und immer wieder klare Worte gegen Rechtsextremismus und Neonazismus finden und geeignete Maßnahmen setzen.

Nur so kann die Vertrauenswürdigkeit der sich als demokratisch
bezeichnenden PolitikerInnen wieder hergestellt werden und diese der
Jugend ein Beispiel sein. Das wäre der wichtigste Schritt zur politischen Bildung und zur politischen Verantwortung.

Mittlerweile hat sich Ministerin Fekter wenigstens bei all jenen, die sich durch ihre Aussage beleidigt gefühlt haben mögen, entschuldigt was allerdings bedeutet, dass sie von ihrer Verknüpfung von neonazistischen mit angeblich linksextremen Ausfällen nicht Abstand nimmt; auch die jugendlichen Täter, so ist zu lesen, sind bereit, sich bei den Opfern ihrer Angriffe persönlich zu entschuldigen. Wir sehen es als wichtige Aufgabe aller ÖsterreicherInnen, durch ihr Engagement und ihr persönliches Einstehen ein Klima zu schaffen, welches dazu beiträgt, Vorkommnisse wie in Ebensee zu verhindern.

Die Österreichische Lagergemeinschaft Ravensbrück und FreundInnen ruft alle MitbürgerInnen auf, durch ihr eigenes Eintreten, Einstehen und Wahlverhalten rechtsextremen Tendenzen wie auch deren Verharmlosung entschieden entgegen zu treten.

Wien, 28. Mai 2009