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[ 06. Mar 2010 ]

Stadterforschung 15 - Dr. Karl Lueger: Bürgermeister und Antisemit - 13.03.2010

Luegerplatz

Samstag, 13. März 2010, Treffpunkt 12.30 Uhr beim Lueger-Denkmal am Luegerplatz, 1010 Wien. Stadterforschung per Fahrrad zu Orten entlang des Wiener Rings, die an den umstrittenen ehemaligen Bürgermeister von Wien erinnern.

 

Umgestaltung des Lueger-Denkmals in ein Mahnmal gegen Antisemitismus und Rassismus

Der :: "Arbeitskreis zur Umgestaltung des Lueger-Denkmals in ein Mahnmal gegen Antisemitismus und Rassismus in Österreich" der Universität für angewandte Kunst startete im Herbst 2009 eine Ausschreibung mit dem gleichnamigen Ziel. Bis 31. März 2010 können noch Vorschläge zur Umgestaltung eingebracht werden.

Aus der Ausschreibung des Arbeitskreises Luegerplatz: "Die Geschichte lehrt, wie wichtig es ist, sich gegen alle Formen von Antisemitismus zu wenden. Umso schwerer wiegt es, dass nach wie vor in Wien ein Denkmal mit einer Statue von einem Politiker steht, der schon vor über hundert Jahren Antisemitismus als politische Strategie nützte, um in dieser Stadt die Macht zu erlangen. Das Denkmal für den Altbürgermeister Karl Lueger darf nicht mehr länger die Geschichte verklären, sondern soll zu einem Mahnmal gegen Antisemitismus und Rassismus umgestaltet werden."

Dr. Karl Lueger

Lueger war 1897 bis zu seinem Tod 1910 Bürgermeister der Stadt Wien. Er gründete 1893 die Christlichsoziale Partei, die in erster Linie das Kleinbürgertum als ihr Klientel betrachtete und dessen Bedürfnisse und Ängste in Zeiten rasanten sozialen Wandels mit antikapitalistischen, antiliberalen und explizit antisemitischen Parolen anzusprechen versuchte. Um diese Wählerschichten anzusprechen, tauchte auf allen politischen Ebenen ein neuer Politikertyp auf. Der "Volkstribun" zeichnete sich dadurch aus, nicht länger als unnahbarer Repräsentant der herrschenden Klasse aufzutreten, sondern den unmittelbaren Kontakt zur Bevölkerung in Gasthäusern, Bierhallen, auf Marktplätzen und in Betrieben zu suchen und die "Sprache des Volks" zu sprechen.

Karl Lueger war ein herausragendes Beispiel für diesen neuen Politikertypus: Er versuchte, die Stimmung "des Volks" zu erspüren; er hielt seine Reden gerne im Dialekt, stellte sich auf seine ZuhörerInnenschaft ein, machte alles Schwierige einfach und versuchte sein Publikum durch humoristische Anmerkungen zu unterhalten. Besonderen Erfolg bei seiner Wählerschaft brachten ihm Angriffe auf deren vermeintliche Feinde. Er verstärkte Antipathien sowohl gegen Politiker anderer Weltanschauungen als auch gegen nationale und religiöse Minderheiten. Seine teilweise äußerst drastisch formulierten, polemischen Attacken wandten sich nicht an die Vernunft und den kritischen Verstand, sondern appellierten bewusst an Gefühle und Instinkte. So verstand er es, die Wiener mit großem Erfolg durch seine mitreißenden Reden für sich zu gewinnen, indem er bewusst mit stereotypen Feindbildern spielte und insbesondere antisemitische Vorurteile "bediente".

In seiner Amtszeit als Wiener Bürgermeister verwirklichte er zahlreiche Großprojekte, wie etwa den Bau der II. Wiener Hochquellenwasserleitung, die Kommunalisierung der Gas- und Elektrizitätsversorgung sowie der Straßenbahnen, den Bau von großen Sozialeinrichtungen wie des Versorgungsheims Lainz und des Psychiatrischen Krankenhauses am Steinhof.

Lueger war der erste, der den Antisemitismus in Österreichs politischem Leben "salonfähig" gemacht und zu einer akzeptierten politischen Bewegung formiert hat. Antisemitismus erschien nun vielen Menschen als normal und respektabel und fand sich auch als politisches Pogramm in anderen Parteien. Nach Luegers Tod war der Antisemitismus ein wesentlicher Teil des politischen Lebens in Österreich und blieb es auch in den folgenden Jahrzehnten.

Der Bildhauer Josef Müllner

Josef Müllner hatte von 1910 bis 1948 eine Professur an der Wiener Akademie der bildenden Künste inne und war deren Rektor von 1926 bis 1928. Neben dem Lueger-Denkmal schuf er unter anderem 1940 eine "Hitlerbüste", die in der Aula der Akademie der bildenden Künste stand. Eines seiner Werke ist der sogenannte "Siegfriedskopf", der nach langen Diskussionen und Auseinandersetzungen nun im Arkadenhof der Universität Wien steht. Der Siegfriedskopf ist noch heute jeden Mittwoch Treffpunkt für schlagende Burschenschafter aus dem rechtsextremen Spektrum.

Stadterforschung

Die Stadterforschung findet in Zusammenarbeit mit dem :: Arbeitskreis Luegerplatz der Universität für angewandte Kunst und der :: Plattform Geschichtspolitik der Akademie der bildenden Künste statt.

Treffpunkt ist um 12.30 beim Lueger-Denkmal. Folgende Stationen werden danach angefahren:
- Hauptgebäude der TU-Wien am Karlsplatz mit dem darauf angebrachten Erinnerungsschild an den "großen" Bürgermeister Dr. Karl Lueger
- Akademie der bildenden Künste am Schillerplatz
- Universität Wien - Dr. Karl Lueger Ring - Arkadenhof mit Siegfriedskopf



Stadterforschungen in Wien und darüber hinaus sollen zur Selbstaneignung von (Stadt-)Geschichte dienen, zur Entwicklung eines kritischen Blicks auf Stadt(-entwicklungen, -planungen) beitragen. Aus verschiedenen Gründen interessante Orte gibt es ja genug. Also: bei Interesse kommen, und wenn wer was über die jeweiligen Orte weiß einfach erzählen.
Kontakt: stadterforschung (at) gmx.at