Am 29. Mai 2010 wurde das Denkmal für den NS-Künstler Josef Weinheber am Wiener Schillerplatz umgestaltet.
Am Vormittag des 29. Mai 2010 wurde das Denkmal für Josef Weinheber am Wiener Schillerplatz umgestaltet. Darüber hinaus wurde der Schillerplatz in 'Platz für die auf Betreiben der Akademie 1938/39 vom Platz vertriebenen Jüd_innen' umbenannt. Die Intervention fand während eines geschichtspolitischen Rundgangs im Rahmen eines Symposiums zum Thema 'Regime' an der Akademie der bildenden Künste Wien statt.
Der Schriftsteller Josef Weinheber war aktiver Nationalsozialist. Er trat 1931 der NSDAP bei und war ab 1933 Fachschaftsleiter für Schrifttum im 'Kampfbund für deutsche Kultur'. Seine Arbeiten stellte er in den Dienst der Nationalsozialist_innen, Adolf Hitler setzte ihn auf die so genannte 'Gottbegnadeten-Liste', ein Verzeichnis der 1.041 wichtigsten NS-Künstler_innen. Im April 1945, einen Monat vor der sich
abzeichnenden Niederlage der Nazis, beging Weinheber Selbstmord.
1940 wurde die Büste zu seinen Ehren hergestellt. Ihr Autor, Josef Bock, war Absolvent der Akademie der bildenden Künste, für die vom Oberkommando der Wehrmacht organisierte Ausstellung 'Krieg und Kunst' fertigte er eine Büste Adolf Hitlers an. 1975 wurde die Büste Weinhebers auf einem einzementierten Granitsockel des Bildhauers Heribert Rath aufgestellt.
'Ein Denkmal, das einen Nationalsozialisten würdigt, verharmlost den
Nationalsozialismus und die Shoah', so eine der Initiator_innen von der Plattform Geschichtspolitik.
'Wir rufen alle Bewohner_innen Wiens auf, die Geschichte ihrer Wohn- und Arbeitsstätten sowie sonstiger Aufenthaltsgegenden kritisch zu erforschen und nach antifaschistischen Grundsätzen zu bearbeiten. Die Stadt Wien fordern wir dazu auf, allen Personen, die sich faschistischer Verbrechen schuldig gemacht haben, Personen, die Mitglieder der Vaterländischen Front oder einer ihrer Vorfeldorganisationen waren, Personen, die Mitglieder der NSDAP oder einer ihrer Vorfeldorganisationen waren, repräsentative Positionen im öffentlichen Raum sofort zu entziehen.'
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialist_innen in Österreich wurden Jüd_innen systematisch aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen, in Zuge dessen wurden auch alle jüdischen Studierenden, Lehrenden und Angestellten von der Akademie der bildenden Künste vertrieben. Ab August 1938 war es Jüd_innen verboten sich in Parkanlagen aufzuhalten, der Park vor dem Akademiegebäude am Schillerplatz war von dieser Regelung jedoch ausgenommen. Aus Empörung darüber sah sich die Akademie veranlasst, für die Vertreibung der Jüd_innen von dieser öffentlichen Fläche einzutreten. Ihrer Forderung wurde im Jänner 1939 nachgekommen.
Zu dieser Vertreibung sowie zu dem am selben Platz gewürdigten Nazi Weinheber verhielt sich die Akademie jahrzehntelang indem sie jegliche Äußerung vermied.
Spätestens seit Oktober 2009 hat das derzeitige Rektorat Kenntnis von der Nazi-Büste, seit Jänner 2010 von der Vertreibung der Jüd_innen vom Schillerplatz. Die Plattform Geschichtspolitik fordert die Akademie der bildenden Künste auf, die Geschichte ihrer Teilhabe an Faschismus und Nationalsozialismus öffentlich zu verhandeln und eine Umgestaltung des Schillerplatzes zu einem Erinnerungsort für die vom Platz vertriebenen Jüd_innen zu veranlassen.
Rückfragen: plattformgeschichtspolitik (at) akbild.ac.at