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[ 30. May 2012 ]

1. Juni 2012: Demonstration gegen rassistische Kriminalisierung und Stigmatisierung

Transnationaler Migrant_innenstreik - Presseaussendung zur Demonstration am 1. Juni 2012 in Wien

Am 6. Juni 2012 findet am Landesgericht Wien die Berufungs- verhandlung gegen den nigerianischen Pastor Joshua Esosa von der der Kirche "Grace Ministries International" statt, der auf rassistischer Grundlage wegen angeblichem Drogenverkauf angeklagt und erstinstanzlich verurteilt wurde.

 

FreundInnen und Angehörige von Pastor Esosa rufen daher gemeinsam mit den antirassistischen Initiativen "1. März /transnationaler MigrantInnenstreik" und "Afrique EuropeInteract / Wien" zu einer Demonstration am 1. Juni unter dem Motto "Gegen rassistische Kriminalisierung und Stigmatisierung - Freiheit für Pastor Joshua Esosa" auf; die Demonstration beginnt um 14 Uhr vor dem österreichischen Justizministerium (Museumsstraße 7, 1070 Wien / Weghuberpark) und endet vor dem Landesgericht für Strafsachen (Landesgerichtsstr. 11, 1080 Wien).


Hintergrund


Pastor Joshua Esosa wurde am 2. Februar 2011 von einer Polizeieinheit unter dem Vorwurf des Verkaufs illegaler Drogen verhaftet. Nach anschließender Untersuchungshaft in Justizanstalt Eisenstadt in Burgenland wurde er am 29.07.2011 zunächst schuldig gesprochen und zu 15 Monaten verurteilt, wogegen er Berufung eingelegt hat. Die Polizei begann, gegen ihn zu ermitteln, nachdem sie einen Mann, den sie angeblich bei einem Drogenhandel beobachtet hatte, ein Haus in der Mundygasse / 10. Bez. betreten gesehen hatte. Pastor Esosa und seine Familie waren dort als einzige AfrikanerInnen gemeldet - für die Polizei offenbar Grund genug, ihn zu verhaften. Die Polizei drang überfallartig in die Wohnung der Familie ein, wobei sie die Tür aufbrach.

Die Ehefrau von Pastor Esosa wurde von den PolizeibeamtInnen massiv bedrängt, ihn unter einem Vorwand in die Wohnung zu locken, indem sie ihr drohten, ihr ansonsten die Kinder wegzunehmen und sie dem Jugendamt zu übergeben. 600 Euro Bargeld, von denen 400 vom Konto der Kirche stammten, wurden von der Polizei als Drogeneinnahmen gewertet - ungeachtet dessen, dass Pastor Esosa angeboten hatte, bei der nächsten Bank einen Blick auf das Kirchenkonto zu werfen. In der Gerichtsverhandlung wurde verweigert, die Aufzeichnung eines von der Polizei als Belastungsindiz präsentierten abgehörten Telefongesprächs anzuhören, um zu prüfen, ob es sich tatsächlich um die Stimme von Pastor Esosa handeln könne. Als weiterer "Beweis" wurde Jams-Mehl - ein in Westafrika und Indien weit verbreitetes Nahrungsmittel - aus dem Haushalt des Pastors präsentiert:

Die Polizei behauptete, es würde sich um Milchpulver zum Strecken von Kokain handeln, ohne die fragliche Substanz zu überprüfen. Des weiteren schwarz-weiße Schuhe, die angeblich mit denen eines Drogenhändlers identisch seien. Von 8 angeblichen DrogenkäuferInnen, die von der Polizei als ZeugInnen präsentiert wurden, gaben schließlich 6 an, Pastor Esosa nicht zu kennen. Die restlichen zwei waren gleichzeitig mit Pastor Esosa als Häftlinge in der Justizanstalt Eisenstadt gewesen, wo sie von der Polizei darauf vorbereitet wurden, gegen ihn auszusagen. Einer von diesen entlastete jedoch Pastor Esosa, lediglich einer gab an, von ihm Drogen gekauft zu haben. Ein anderer Mithäftling von Pastor Esosa sagte schließlich vor Gericht aus, dass er von diesem einzigen Belastungszeugen, mit dem er auf der Zelle gewesen war, in einem mitgelauschten Gespräch vernommen habe, dass Pastor Esosa gar nicht der gesuchte Drogenhändler sei. Dazu Erin C., ein Freund der Familie des Angeklagten: "Warum wurden hier nichtssagende Indizien wie Yams-Pulver oder ein häufiges Schuhmuster als "Beweise" präsentiert?

Warum hatte das Verhalten der Polizei gegenüber der Ehefrau von Pastor Esosa kein Nachspiel? Warum wurden entlastende Aussagen übergangen? Warum wurden Belastungsindizien und der Umgang der Polizei mit den ZeugInnen vor Gericht nicht besser geprüft? Wie kann es sein, dass auf solch einer dürftigen Grundlage ein unschuldiger Mensch, der bei vielen NigerianerInnen in Wien große moralische Autorität genießt, diffamiert, 8 Monate in Untersuchungshaft gesperrt und abgeurteilt wird? Solche nachlässigen und manipulativen Vorgehensweisen sind für uns kein Zufall, sondern es liegt nahe, dass Pastor Esosa angeklagt und verurteilt wurde, weil er Schwarz ist. Die rassistische Gleichung "Afrikaner = Drogenhändler" bestimmt offenbar bis heute das Denken vieler PolizistInnen, StaatsanwältInnen und RichterInnen".


Rassistische Polizei- und Justizpraktiken


Neben Freiheit für Pastor Joshua Esosa ist eine zentrale Forderung des Protests der Bruch mit einer langanhaltenden Kontinuität rassistischer Polizei- und Justizpraxis in Österreich. "1999 wurden bei der "Operation Spring" über 100 Menschen, mehrheitlich Flüchtlinge aus afrikanischen Ländern, in Folge einer rassistischen Hetzkampagne verhaftet und viele verschwanden über Jahre im Gefängnis. Als Beweismittel wurden damals Videoaufnahmen, auf denen weder Personen noch Straftaten zu erkennen waren, sowie anonyme und maskierte ZeugInnen präsentiert. Viele, die in dieser Zeit nach dem gewaltsamen Erstickungstod des Schubhäftlings Marcus Omofuma für ihre Rechte und gegen rassistische Gewalt gekämpft hatten, wurden durch die "Operation Spring" mundtot gemacht. Bis heute werden tagtäglich in Österreich Menschen auf der Grundlage von "Racial Profiling" von der Polizei kontrolliert und schikaniert.

Am 1. Juni wollen wir laut und deutlich sagen: Es reicht! Gemeinsam gegen Ungleichheit, Stigmatisierung und Rassismus!", macht Zoraida N. von der Initiative "1. März / transnationaler MigrantInnenstreik" das Anliegen deutlich.

Presseaussendung der :: Initiative 1. März - Transnationaler Migrant_innenstreik.

Weitere Informationen zum Prozess gegen Pastor Joshua Esosa in den :: Erfahrungsberichten des Pastors und seiner Ehefrau, veröffentlicht durch den Journalisten Uzoma Ahamefule.