Im Rahmen des Projekts boats4people hat eine internationale Delegation bestehend aus 11 Personen aus 9 verschiedenen Ländern am 11. Juli 2012 das Flüchtlingslager Shousha in Tunesien wenige Kilometer vor der libyschen Grenze besucht.
Ziel der Delegation war es, Migrant_innen aus dem Lager zu treffen, um gemeinsam mit ihnen nach Monastir zum Vorbereitungstreffen des Weltsozialforums zu fahren. Die Migrant_innen sollten dort in einem Workshop über die Situation im Camp erzählen und gemeinsam mit Aktivist_innen aus Europa und Afrika Lösungsansätze für ihre Situation suchen.
Wir kommen am 10.07.2012 abends nach einer langen Zug- und Busfahrt erschöpft in Ben Guerdane an. Zum Abendessen treffen wir uns mit drei Migranten aus Shousha aus der nigerianischen und ghanaischen Community. Allen drei wurde der Flüchtlingsstatus verwehrt. Sie harren nun seit über einem Jahr in dem Camp aus, können weder vor noch zurück. Einer der drei war noch vor kurzem sehr aktiv um die Belange der Migrant_innen im Camp bemüht. Er wirkt nun müde, zurückgehalten, berichtet nur oberflächlich von der Situation im Camp und hat beschlossen, nicht an der Delegation teilzunehmen, die mit nach Monastir fährt.
Am nächsten Tag teilen wir uns in verschiedene Taxis auf und machen uns auf den Weg in das circa 20km entfernte Camp Shousha. Die Straße ist gesäumt mit Benzinkanistern, überall winken Menschen mit Geldscheinen, lebende Wechselstuben. Unser Treffpunkt sind die Zelte der Nigerianer_innen. Bevor wir von einem Flüchtling zu einem geeigneten Treffpunkt geführt werden können, werden wir vom tunesischen Militär, das für die Bewachung des Camps zuständig ist, aufgehalten und am Zutritt in das Camp gehindert. Wie wir danach erfahren, wurde das Militär vom UNHCR dazu angehalten, uns davon abzuhalten, das Camp zu betreten. Das Camp befindet sich unter der Kontrolle des tunesischen Militärs, ohne offizielle Besuchsbestätigung vom Verteidigungsministerium darf es keiner betreten. Da wir keine offizielle Erlaubnis erfragt hatten und dies auch nicht wollten, müssen wir das Camp verlassen und uns mit den Vertreter_innen der einzelnen Communities außerhalb des Lagers treffen.
Doch auch hier werden wir weiterhin vom Militär überwacht und müssen unsere Kontaktdaten und Ausweisnummern an das Militär weitergeben. Das UNHCR lässt sich nicht sehen. Nach und nach versammeln sich immer mehr Migrant_innen um unsere Gruppe. Kaum jemand der ursprünglich vorgeschlagenen Delegation taucht jedoch auf. Es gibt Gerüchte über Repressionen im Camp gegenüber Personen, die "zu politisch" aktiv seien.
Der vollständige Bericht von Sabine Schmidtke über das Camp und die Lebenssituation der Flüchtlinge, die "Anerkannten", die "Neuankömmlinge" und die "Abgelehnten", sowie Protestformen und Entwicklungen in Shousha-Camp findet sich :: hier als pdf.