Die Staatsanwaltschaft Wien wartet auf den Obduktionsbericht der Gerichtsmedizin. Erst dann wird entschieden, ob, und wenn ja, gegen wen Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben wird.
Die Obduktion von Seibane Wague, der am 16. Juli in Folge eines Polizei- und Rettungseinsatzes gestorben ist, ist abgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft Wien wartet auf den Obduktionsbericht der Gerichtsmedizin. Erst dann wird entschieden, ob, und wenn ja, gegen wen Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben wird. Georg Bauer, Vorstand der gerichtsmedizinischen Instituts, kündigte am Freitag, 25.7. an, es werde "noch Wochen dauern", bis ein abschließendes Gutachten zur Todesursache vorliege.
Unabhängig davon gibt es Diskussionen über die Art und Weise, wie Menschen, die sich wehren, von Einsatzkräften der Polizei und Rettung überwältigt, fixiert und ruhig gestellt werden.
Wie berichtet, zeigt ein Amateurvideo die letzten Minuten des Einsatzes beim Afrika Kulturdorf im Wiener Stadtpark: SaniTäterInnen und eine Polizistin stehen teilweise mit beiden Beinen auf dem bereits regungslosen körper von Seibane Wague. Das Rettungsteam wurde aufgrund des Videos suspendiert, die PolizistInnen nicht.
Von Stehen auf einem körper ist in Polizeivorschriften keine Rede. Laut Erlass 5121/35-II/4/02 des Innenministeriums vom Juli 2002 (ein Erlass für die Gendarmerie, den es inhaltlich gleich auch für die Polizei gab) dürfen zur überwältigung von tobenden Personen so genannte "Armstreckhebel", "Beinhebel" und "Knie über Schultergelenk" angewendet werden.
Der Wiener Polizeipräsident Peter Stiedl legt Wert auf die Feststellung, dass diese Methoden nicht zu einer länger andauernden Fixierung erlaubt seien. "Nur so lange, bis Fuß- oder Handschellen angelegt sind", so Stiedl. Den Fuß auf eine am Boden liegende, ruhig gestellte Person zu stellen, wertet Stiedl als Methode, "um sofort zu spÃŒren, wenn er sich wieder rÃŒhrt".
Aber auch das erlaubte Draufknien ist äußerst umstritten. Erst im Oktober 2002 war nach einem derartigen Einsatz der 24-jährige Franz S. in Wien ums Leben gekommen.
Erst kürzlich wurde zu diesem Fall ein gerichtsmedizinisches Gutachten fertiggestellt. Darin heißt es: "Bauchlage und Fesselung von Händen am Rücken ist eine physiologische ungünstige Position. Durch die extreme motorische Aktivität (des sich wehrenden Menschen, Anm.) entsteht ein hoher Sauerstoffverbrauch, wobei durch die mechanische Behinderung der Atemmuskulatur eine lagebedingte Atemnot die Folge ist. Personen unter Einfluss von stimulierenden Substanzen gelten ebenso wie Personen in psychotischen Phasen als besonders gefährdet."
Im Fall von Franz S. wurden die Ermittlungen gegen die amtshandelnden PolizistInnen eingestellt, weil die BeamtInnen nicht wissen konnten, dass S. herzkrank und drogenabhängig war. Rechtsanwalt Wilfried Embacher, der S.s Mutter vertritt, will aber dennoch eine Amtshaftungsklage gegen die Republik einbringen.
Die Wiener Rechtsanwältin Nadja Lorenz hat die Rechtsvertretung der Witwe von Seibane Wague übernommen. Kommende Woche ist die erste Akteneinsicht geplant. Ihrer Mandantin gehe es vor allem um "Rehabilitation für den Verstorbenen".
Zwei Bröder von Seibane Wague leben in Deutschland, weitere Verwandte in Frankreich. Auf Wunsch der Angehörigen soll der Leichnam so schnell wie möglich nach Mauretanien gebracht und dort bestattet werden.