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[ 08. Feb 2014 ]

Ceuta EU-Zaun - neue Dimensionen der Abschottung werden bekannt

Am Donnerstag, 06.02.2014, wurde in der spanischen Enklave Ceuta von der Guardia Civil auf Flüchtlinge, die den EU-Zaun zu umschwimmen versuchten, geschossen. Mittlerweile wird von 14 Toten ausgegangen. Ein Bericht der Forschungsgesellschaft Flucht & Migration.

 

Am 06.02.2014 hat die Guardia Civil der spanischen Enklave auf Flüchtlinge, die den EU-Zaun zu umschwimmen versuchten, Gummigeschosse, Tränengas und möglicherweise sogar Bleikugeln abgeschossen. Einige kamen durch die direkte Gewalteinwirkung im Wasser um, andere ertranken. Die spanische Seite geht inzwischen von 14 Toten aus.

Zum zweiten Mal musste der spanische Staat seine eigenen Darstellungen dementieren.

- Zunächst hatte es offiziell geheißen, nur die marokkanischen, nicht aber die spanischen Polizisten und Gendarmen hätten Gewalt angewendet.Inzwischen liegen zahlreiche veröffentlichte Berichte Überlebender vor, die übereinstimmend das Ausmass der Schüsse darstellen. Luftmatratzen und andere Schwimmhilfsmittel wurden zerschossen, die Guardia Civil traf mit Gummigeschosssen Köpfe der Schwimmenden, es entstand Panik im Wasser und mind. 14 Flüchtlinge wurden im Wasser tödlich verletzt oder ertranken.

- Inzwischen stellte sich heraus, dass mindestens 8 Flüchtlinge schwimmend den Strand auf spanischer Seite erreicht haben, dort von der Guardia Civil mit vorgehaltenen Gewehren empfangen und sofort abgeschoben wurden. Über dieses und auch frühere Refoulements (Kollektivabschiebungen) sowie über die Gewaltpraktiken staatlicher Organe an der spanischen EU-Außengrenze entbrennt nun ein politischer Streit der Parteien, Menschenrechtsorganisationen und Medien.

Die offiziellen spanischen und marokkanischen Falsch-Darstellungen wurden zunächst allein durch Angaben Überlebender durchbrochen, die sich bei flüchtlingssolidarischen AktivistInnen und bei Medien meldeten. Sodann wurde ein Video veröffentlicht, das aus einem Haus auf spanischer Seite direkt am EU-Zaun gedreht worden war: Es wurde zum Beweis dafür, dass mind. 8 Flüchtlinge tatsächlich spanisches Territorium erreicht haben. [siehe :: Video]

Die spanisch-marokkanische polizeilich-militärische Zusammenarbeit um Ceuta und Melilla sowie auf dem Meer ist viel weiter fortgeschritten als zwischen Italien, Tunesien und Libyen oder gar zwischen Griechenland und der Türkei. Die Hälfte der 5.000 Flüchtlinge, die spanische Überwachungssysteme im letzten Jahr auf dem Meer zwischen Spanien und Marokko aufgespürt haben, wurde von marokkanischen Gendarmerie- und Militärschiffen übernommen und und nach Marokko zurückgebracht. Die Abwehr von Flüchtlingen, die die EU-Zäune von Ceuta und Mellilla zu überklettern versuchen, erfolgt in gemeinsamen marokkanisch-spanischen Operationen, die von spanischen Kommandozentralen gelenkt werden. Die Folge ist ein organisiertes Verschweigen des tatsächlichen Ausmasses staatlicher Gewalt und extralegaler Abschiebungen.

Es sind mehr und mehr die Flüchtlinge selbst, die dieses organisierte Black-Out durchbrechen. Ihr kollektives Vorgehen gegen den EU-Zaun um Ceuta wie auch um Melilla zeugt von einer wachsenden existentiellen Entschlossenheit angesichts der Barbarei der EU.

In den kommenden Tagen wird der spanische Innenminister Fernández Díaz vor der Abgeordnetenkammer Rede und Antwort zu den Toten von Ceuta stehen müssen.

Siehe weiterer Artikel auf:: politica.elpais.com

Der Artikel erschien zuerst am 08.02.2014 bei der :: Forschungsgesellschaft Flucht & Migration