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[ 22. Mar 2016 ]

Idomeni: Persönlicher Aufruf zur Unterstützung

Clowning in Idomeni

Dieser dringende Appell wurde am 21. Mar 2016 aus Microdassos, Idomeni verschickt. Es ist ein persönlicher Eindruck eines_r Unterstützer_in aus dem Grenzgebiet, in dem 1.000e Menschen fest sitzen, nachdem immer mehr Grenzen in Europa geschlossen werden.

 

Hallo ihr Lieben, es schreibt XXX aus Microdassos, etwa 7 km vor Idomeni, griechisch-mazedonische Grenze.

Seit einiger Zeit versuchen ich und etwa 60, 70 andere MitstreiterInnen den derzeit etwa 10.000 Geflüchteten, die vor der mazedonischen Grenze ausharren zu helfen. Die Zustände hier sind zum Kotzen, und wir fragen uns täglich auf's Neue, warum kaum jemand hilft (Kirchen, NGOs, etc.).

Ich arbeite mit ADM, Aid Delivery Mission, aus Amsterdam. Täglich kochen wir für 5000 - 8000 Menschen Suppe und teilen diese unter chaotischen Zuständen aus. Zudem sammeln und verteilen wir Kleidung, Schuhe, Decken, Wasser, Hygieneartikel. Wir verteilen in Idomeni selber, aber auch an den mit Zelten zugestellten Tankstellen und anderen Spots.

Vorgestern haben wir ein Kinderzelt im Camp von Idomeni aufgestellt, in dem wir den ganzen Tag lang mit Kindern spielen. Derzeit versuchen wir Spielsachen, Bastelmaterial, etc. ranzubekommen..Wir improvisieren und basteln teils Spielzeug aus Müll.

Ich selber mache manchmal Clownsshows (Was die Kinder seeehr freut, aber schwer umzusetzen ist, man braucht etwa 4 Menschen die "Security" währenddessen machen, die Kinder sind so hungrig nach Abwechslung, dass sie mir die Kostüme vom Leib reißen, leider).

Zudem kümmern wir uns um inhaftierte minderjährige unbegleitete Geflüchtete, die in den umliegenden Gefängnissen auf eine Verlegung in Unterkünfte warten. Wir dokumentieren Misshandlungen und machen täglich Besuche (mit Dolmetscherin wenn möglich), bringen ihnen Süssigkeiten, Informationen und Sim-Karten.

Das griechische Dorf in dem wir untergebracht sind hilft uns sehr, und an den kurzen Abenden in der Bar versuchen wir bei Ouzo und Grappa zusammen mit den GriechInnen diese humanitäre Katastrophe, die sich hier abspielt, zu vergessen.

In einer Menschenschlange während der Ausgabe von Schuhen an Kinder und Jugendliche fiel zum Beispiel eine 15-jaehrige in Ohnmacht. Ich streichel frierende alte Leute (letzte Woche beim Dauerregen) und knuddeln Kinder mit zu grossen Schuhen, die keine Socken haben.

Schwangere Frauen werden bei Einsetzen der Wehen in eine Klinik gebracht und 48 h später (auch bei Kaiserschnitt) wieder ins Flüchtlingslager zurück gefahren, in ihre schlammigen Zelte.

Viele Kinder leiden unter Durchfall, müssen sich übergeben, haben Läuse.

Aid Delivery Mission hilft seit vielen Jahren Menschen in Not und ist noch mehr bekannt als Suppenküche auf Demonstrationen. Wie erwähnt sind wir etwa 70 Freiwillige, die jeder für sich 10 bis 12-Stunden-Tage abrackern.

Ich weiß nun was "Schlange stehen" auf arabisch heißt, ebenso wie "Du musst Dich hinten anstellen, warte" und "es gibt nichts mehr". Diese Mantren wiederhole ich an einem Tag, sofern ich Essens- oder Kleidungs-Ausgabe im Flüchtlingscamp mache etwa 1000 mal.

Aid Delivery Mission benötigt Geld. Die Kosten für die Suppe und die Logistik belaufen sich auf 3000,- Euro am Tag.

Ich selber kaufe aus eigener Tasche manchmal Spielzeug. Ich bitte Euch alle inständig uns finanziell zu unterstützen.

Auf der Internetseite von Aid Delivery Mission (die ich hier, von wo ich Euch momentan schreibe, leider nicht öffnen kann) müsstet ihr alle Kontodaten finden.

Die Gelder kommen 100 % hier an. ADM hat durch diese Unterstüztung schon Millionen von Essen gekocht.


Die Clowns die ihr dort seht, konnten leider auch nur ein paar Auftritte machen, da die Situationen zu unübersichtlich und gefährlich für kleine Kinder sind (die werden von den Älteren zerquetscht).

Gestern wurde ein Zirkuszelt aufgestellt, dort werde ich auftreten, sofern es anständig (gegen tobende, ausrastende Kindermeuten) gesichert ist. 7000 Kinder warten hier darauf, dass IRGENDETWAS passiert.


Ihr könnt auch gerne vorbei kommen und bei ADM mitmachen. Auch wenn wir besonders in den ersten Tagen manchmal Tränen in den Augen hatten, lachen wir um so mehr, auch mit den Geflüchteten :0)

Gerne würde ich ein paar Fotos schicken, der technische Aufwand ist nur in meiner jetzigen Situation zu gross.

Guckt bei ADM.

Das war's. Listo. Ich werd nun weiter arbeiten.

Seid herzlich gedrückt, XXX

Artikel zuerst veröffentlicht am 22. Mar 2016 auf :: linksunten.indymedia.org.