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[ 25. Apr 2016 ]

Hunderte Tote aufgrund von EU-Abschottungspolitik

Europas Grenzen töten - Protest in Braunschweig am 23. Apr 2016.

Bei einem neuerlichen Schiffsunglück im Mittelmeer ertranken etwa 500 Menschen. Für Politiker_innen und großen Teile der Bevölkerung Europas ist dies kein Problem - sie wollen an der mörderischen Abschottung festhalten und diese sogar noch verschärfen.

 

Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, UNHCR sowie die Internationale Organisation für Migration (:: IOM) haben bestätigt, dass sich am 18. April 2016 im Mittelmeer zwischen der libyschen Hafenstadt Tobruk und der griechischen Insel Kreta eine Schiffskatastrophe ereignet hat. Beide Organisationen gehen nach Befragungen der 41 Überlebenden der Tragödie davon aus, dass dabei bis zu 500 Flüchtlinge den Tod fanden.


Immer wieder und wieder...


Dieser entsetzliche Verlust von Menschenleben ereignete sich genau ein Jahr nach der bislang größten Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer. Am :: 18. April 2015 waren vor der italienischen Insel Lampedusa 850 Flüchtlinge beim Kentern ihres Bootes jämmerlich ertrunken.

Doch während damals die Spitzen der EU noch ihr Bedauern geheuchelt und die Medien ausführlich über die Tragödie berichtet hatten, haben sie das neuerliche Unglück nur noch gleichgültig zur Kenntnis genommen. Zeitungen und TV-Nachrichtensendungen berichteten nur versteckt auf den hinteren Seiten oder kurz am Rande von dem Bootsunglück.


Zustimmung = Rassismus


Dieses Schweigen über den Tod von 500 Flüchtlingen, die aus dem Sudan, Äthiopien, Eritrea und Somalia geflohen waren, um in Europa Schutz zu suchen, lässt sich nur dadurch erklären, dass ihr Ertrinken billigend in Kauf genommen wird. Der Tod auf dem Mittelmeer ist für die herrschende Eliten in Europa nur ein Kollateralschaden ihrer brutalen Abschottungspolitik, mit dem Flüchtlinge gezielt abgeschreckt werden sollen. Vin großen Teilen der Bevölkerung Europas wird diese mörderische Politik befürwortet oder billigend in Kauf genommen bzw. ist es vielen Menschen schlichtweg egal, wieviele Menschen an und um den Grenzen Europas sterben. Diesen Rassist_innen ist es vor allem wichtig, dass ihre Privilegien nicht angetastet werden.


Dramatische Ereignisse


Die Berichte der 41 Überlebenden, die Mitarbeiter des UNHCR und der IOM gesammelt haben, lassen erahnen, welche dramatischen Szenen sich während der Tragödie abgespielt haben müssen. "Zweihundertvierzig von uns legten von Libyen ab, aber die Schmuggler zwangen uns später auf ein größeres Holzboot von 30 Meter Länge umzusteigen, auf dem bereits mindestens 300 Menschen waren", sagte Abdul Kadir aus Somalia.

Beim Umladen der nahe der libyschen Hafenstadt Tobruk gestarteten Flüchtlinge kenterte das größere Boot und versank rasend schnell im Meer. Bisher ist immer noch völlig unklar, ob das größere Schiff ebenfalls aus Libyen oder vom ägyptischen Alexandria aus gestartet war. Zumindest einer der Überlebenden erklärte, dass er die Überfahrt nicht von Libyen, sondern von Ägypten aus angetreten habe.

Die 41 Augenzeugen der Tragödie überlebten nur, weil sie entweder noch nicht auf das größere Boot umgestiegen waren oder weil sie es schafften, auf das kleine Boot zurückzuschwimmen. Dabei handelt es sich um 37 Männer, drei Frauen und ein dreijähriges Kleinkind.


"Europas Grenzen töten"


Der erneute Tod von hunderten Flüchtenden auf dem Weg nach Italien im Mittelmeer war Anlass für Proteste. So kam es am Abend des 22. April in Dresden zu einer lautstarken Spontandemonstration gegen Abschottungspolitik mit etwa 70 Teilnehmer_innen. In den verteilten Flugblättern wurde nicht nur die derzeitige gesamteuropäische Politik der Abschottung gegenüber Geflüchteten, sondern zugleich die Teilnahmslosigkeit der Bevölkerung vor dem Hintergrund des täglichen Sterbens an den europäischen Außengrenzen kritisiert.

Bei einer weiteren Aktion in Braunschweig am Samstag, 23. April 2016, demonstrierten etwa 35 Aktivist*innen gegen die europäische Grenzpolitik und für Bewegungsfreiheit (siehe Foto). Im folgenden veröffentlichen wir ihren Flyertext:


Wie viele Menschen jeden Tag an den Grenzen Europas sterben kann niemand genau sagen. Laut IOM waren es alleine in den ersten Monaten 2016 über 1200 Menschen, die im Mittelmeer ertrunken sind. Gerade anfangs dieser Woche ertranken 500 vor den Grenzen Italiens.

Sie ertrinken, weil sie vor Krieg, Armut und Verfolgung fliehen müssen und Europa aus Furcht etwas von seinem Wohlstand teilen zu müssen die Grenzen ausbaut, anstatt Schutz zu gewähren.

Gerade verbreitet sich in Deutschland Erleichterung über die sinkenden "Flüchtlingszahlen" - eine makabere Erleichterung!

Darüber, dass die Menschen in den Lagern in Griechenland laut Aussage von vielen aus-harrenden Flüchtenden "langsam getötet werden"? Oder darüber, dass durch den EU-Türkei-Deal hunderte Fliehende wieder in die Türkei, u.a. bekannt für Menschenrechtsverletzungen ge-genüber Kurd*innen und illegale Abschiebungen nach Syrien, geschoben werden?

Die immer dichteren Grenzen werden die Menschen nicht abhalten, sondern zwingen sie immer riskantere Routen zu nehmen oder in Länder zu fliehen, in denen sie weiterhin nicht sicher sind.

Wir fordern: Solidarität mit den fliehenden Menschen, statt Abschottung und Mord!

Bewegungsfreiheit für alle!

Quelle: Zwei :: Berichte vom 23. Apr 2016 auf :: linksunten.indymedia.org, und ein Bericht vom :: 25. Apr 2016, bearbeitet von no-racism.net.