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[ 18. Jul 2003 ]

Stellungnahme der GEMMI zum Tod von Seibane Wague

Was auch immer sich im Detail ergeben wird: die Zahl der in Zusammenhang mit Polizeieinsätzen Gestorbenen hat sich wieder erhöht. Die Staatsgewalt richtet sich wie immer in unverhältnismäßiger Voreingenommenheit gegen Marginalisierte.

 

Am 15. Juli 2003 verstarb Seibane Wague nach einem Polizeieinsatz im Afrikadorf im Stadtpark. Es gibt AugenzeugInnenberichte vom Einsatz massiver Gewalt seitens der Polizei. Ihm wurden Beruhigungsmittel verpasst; er verstarb im Spital. Die genaue Todesursache ist noch unklar.

Was auch immer sich im Detail ergeben wird: die Zahl der in Zusammenhang mit Polizeieinsätzen Gestorbenen hat sich wieder erhöht. Die Staatsgewalt richtet sich wie immer in unverhältnismäßiger Voreingenommenheit gegen Marginalisierte.
Wir verurteilen diese neuerliche Manifestation der mörderischen Staatsgewalt aufs schärfste. Wir trauern mit seinen Angehörigen und FreundInnen.

Seit Jahren weist die Gemmi auf den institutionellen Rassismus in Österreich hin. Dieser Rassismus zeigt sich in den vor allem zu Wahlkampfzeiten exzessiven polizeilichen Übergriffen vor allem gegen AfrikanerInnen, in der Gesetzgebung und der Bürokratie, in der Berichterstattung, und im Alltag.

Rassismus bleibt unter anderem deshalb salonfähig, weil breit propagierte Konstrukte wie das einer weltweit agierenden Drogenmafia dafür sorgen, dass einerseits rassistische Vorurteile zementiert und der Polizeistaat gerechtfertigt werden, andererseits die Entsolidarisierung vorantreiben und Ängste auf allen Seiten schören.
Seit Jahren werden AfrikanerInnen, andere Minderheiten, andere MigrantInnen kriminalisiert.

Eigentlich ist es nicht überraschend, dass wieder ein Afrikaner nach seiner Verhaftung oder bei einem Polizeieinsatz stirbt - überraschend ist eher, dass es nicht Öfters passiert angesichts der systematischen Brutalität, mit der die mittlerweile zur Routine gewordenen "Massnahmen" durchgeführt werden.

Wir wehren uns gegen den institutionellen Rassismus, gegen Klassenjustiz und Polizeistaat und müssen uns mit allen Betroffenen solidarisieren, unabhängig davon, ob jemand gegen die Gesetze der Herrschenden verstoßen hat oder nicht. Ändert Drogenkonsum etwas daran, dass es ein Verbrechen ist, wenn ein Mensch durch die Staatsgewalt ungerecht behandelt oder getötet wird?

Wir leben in einem System, wo Polizisten, die andere prügeln oder erschießen keine andere Konsequenz als ihre BeFörderung fürchten müssen, in dem konsequent Hass geschört und Ungerechtigkeit juristisch verankert ist.

Seibanes Tod ist skandalös, aber nicht, weil das Vorgehen der Polizei in seinem Fall eine Ausnahme darstellt, sondern wegen der Systematik. skandalös ist dieses System, in dem die Wega Asylheime überfallen darf, in dem nicht angepasstes Verhalten, Zorn, Widerstand einen Mord rechtfertigt, und in dem Migration ein Verbrechen ist.

So wie jeden Monat die Drogenrazzien in Flüchtlingsheimen, Wohnungen und an öffentlichen Plätzen durchgezogen werden, so führte der gleiche institutionelle Rassismus zum Tod von Seibane.

Rassismus geht uns alle an. Gerechtigkeit und Menschlichkeit sind nicht teilbar, gelten für alle. Es ist ein Trugschluss zu sagen, wer sich rechtzeitig distanziert, "sauber bleibt" und Gesetze der Herrschenden befolgt, sei nicht von Diskriminierung und Repression betroffen. Wegschauen und Stillhalten schützen einerseits nicht vor Repression und bedeuten letztendlich, die verhältnisse so zu akzeptieren wie sie sind.

Auf dass unsere Trauer und Wut nicht in Resignation und Hilflosigkeit enden, sondern unsere solidarität bestärken, auf dass unser Widerstand ein breiter und vielfältiger werde!

No justice, no peace!

Gemmi