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[ 19. May 2018 ]

Flüchtlingslager Moria: Überfüllt, gefährlich und völlig unzureichende medizinische Versorgung

Moria, Griechenland, 7.2.2018: Krankenschwestern von Ärzte Grenzen klären eine Mutter über die Masernimpfung ihres Kindes auf. Foto: MSF/Julia Kourafa

Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF) warnt einmal mehr vor den katastrophalen Zuständen im Flüchtlingslager Moria.

 

Infolge der Politik Griechenlands, Migranten und Migrantinnen und Flüchtlinge auf den griechischen Inseln um jeden Preis festzuhalten, leben tausende Männer, Frauen und Kinder auf Lesbos unter erbärmlichen Bedingungen auf engstem Raum zusammen und haben nur unzureichenden Zugang zu medizinischer Versorgung. Ärzte ohne Grenzen fordert daher die griechischen Behörden auf, die Menschen von Lesbos sofort ans Festland zu bringen und außerdem die Gesundheitsversorgung auf der Insel zu verbessern.

In dem von der Regierung betriebenen Flüchtlingslager Moria, das ursprünglich für maximal 2.500 Personen errichtet wurde, leben derzeit über 7.000 Menschen. Die Lebensbedingungen und die unzureichende medizinische Versorgung stellen ein großes Risiko für Gesundheit und Leben der Menschen dar, die auf der Insel festsitzen. Jede Woche kommen etwa 500 neue Menschen auf Lesbos an. Diese Überbevölkerung und der zunehmende Bedarf an Gesundheitsversorgung und anderer Infrastruktur bringt das Lager an seine Grenzen.

„Das Lager ist unsicher und die Lebensbedingungen sind gesundheitsschädlich, vor allem für Kinder. Jeden Tag behandeln wir viele Krankheiten, die mit den hygienischen Bedingungen zusammenhängen, zum Beispiel Erbrechen und Durchfall, Hautinfektionen und andere Infektionskrankheiten. Nach der Behandlung müssen wir diese Menschen wieder in dieselbe riskante Umgebung zurückschicken. Es ist ein untragbarer Teufelskreis“ erklärt Declan Barry, medizinischer Koordinator von Ärzte ohne Grenzen. "Die Mischung an unhygienischen und gefährlichen Lebensbedingungen, die Kinderkrankheiten begünstigen, behindert den Genesungsprozess kranker Kinder.“


Alarmierende Situation


Ärzte ohne Grenzen leistet seit Ende 2017 medizinische Versorgung für Kinder und gynäkologische Betreuung für Frauen in Moria. Der Bedarf an Pädiatrie hat sich in den letzten beiden Monaten verdoppelt, und auch der Bedarf an gynäkologischer Behandlung hat sich im letzten Monat verdoppelt. In den letzten Wochen haben die Teams von Ärzte ohne Grenzen 60 Kinder pro Tag behandelt und mussten aber etwa 15 Kinder täglich wegschicken. Der steigende Bedarf an medizinischer Behandlung von Kindern im Lager konnte nicht gedeckt werden. Dies ist eine äußerst alarmierende Situation, da in der Nacht und an den Wochenenden im Lager nur sehr begrenzt medizinische Versorgung vorhanden ist und Kinder, die eine medizinische Behandlung benötigen, sehr verletzlich sind.

Außerdem steht auch nur begrenzt Gesundheitsversorgung für Erwachsene im Lager zur Verfügung, da nur sehr wenige andere medizinische Anbieter während der Woche und eine Organisation ehrenamtlich in der Nacht und am Wochenende medizinische Behandlungen durchführen. Das einzige öffentliche Spital auf Lesbos ist bereits überfüllt und personalmäßig unterbesetzt, die Patienten müssen darum kämpfen, fachärztliche Leistungen zu erhalten.

„Monatelang haben wir vor einer dramatischen Verschlechterung der physischen und psychischen Gesundheit der Menschen auf Lesbos gewarnt. Die Behörden haben auf diesen eindeutigen Bedarf nicht reagiert. Das Leid der Menschen geht weiter bzw. wird noch schlimmer: Jeden Tag sehen wir in unserer Klinik Patienten, die akut gefährdet sind – auch viele Patienten und Patientinnen mit Selbstmordversuchen und Selbstverletzungen“ erklärt Katerina Katopodi, Krankenschwester von Ärzte ohne Grenzen auf Lesbos. „Wir rufen die griechische Regierung dringend dazu auf, diese unmenschliche und unhaltbare Politik der Abschottung auf den Inseln zu beenden und die medizinische Versorgung für diese Familien, die am Ende ihrer Kräfte sind, aufzustocken.

Ärzte ohne Grenzen leistet seit 1996 medizinische und humanitäre Hilfe für Migranten und Migrantinnen, Flüchtlinge und Asylwerber in Griechenland. Die Hilfsaktivitäten wurden 2015 aufgestockt, als täglich Tausende Menschen auf den griechischen Inseln ankamen. Auf Lesbos ist Ärzte ohne Grenzen seit 2008 tätig und leistet für Flüchtlinge in den verschiedenen Lagern auf der Insel medizinische Hilfe mit Schwerpunkt Kinderheilkunde und psychologischer Betreuung.

Aussendung von Ärzte ohne Grenzen, zuerst veröffentlicht am 04. Mai 2018 auf :: aerzte-ohne-grenzen.at.