"Neues Grenzblatt" konfrontiert die LeserInnen mit anti-rassistischen Stellungnahmen und Sichtweisen, die in bürgerlichen Medien marginalisiert werden.
Präsentation des "Neues Grenzblatt" im öffentlichen Raum
Samstag, den 12. Mai 2001, 14 Uhr, Mariahilferstrasse/Ecke Neubaugasse, am Bundesländerplatz, 1060 Wien
"Neues Grenzblatt" entstand in Kooperation mit Plattform "für eine Welt ohne Rassismus", Forschungsgesellschaft Flucht und Migration, TATblatt, Zebra, Maiz, The Voice, Kanak Attak und TschuschenPower. "Neues Grenzblatt" konfrontiert die LeserInnen mit anti-rassistischen Stellungnahmen und Sichtweisen, die in bürgerlichen Medien marginalisiert werden.
Bei der Informationsveranstaltung werden VertreterInnen beteiligter Gruppen aus Wien sowie weitere Gäste erwartet.
In Kurzvorträgen wird etwa der Dienstleistungscharakter des aufgrund der Europäischen Abschottungspolitiken notwendigen Gewerbes Fluchthilfe hervorgehoben und öffentlich gemacht.
Interessierte BesucherInnen und PassantInnen haben die Möglichkeit, bei dieser Veranstaltung gratis ein Exemplar des "Neuen Grenzblatts" mit nach Hause zu nehmen und mit den Beteiligten zu diskutieren.
"Neues Grenzblatt" wurde im Rahmen des Projekts "Dienstleistung: Fluchthilfe" von Martin Krenn und Oliver Ressler realisiert.
Die Aktion wird unterstützt von Plattform für eine Welt ohne Rassismus, TschuschenPower u.a.
Projektbeschreibung Dienstleistung: Fluchthilfe
"In fortress Europe you still have holes where we can enter, and people are still entering."
(Jean Jacques Effson Effa, The Voice)
Die restriktiven Einwanderungsbestimmungen der Staaten der Europäischen Union bedeuten für MigrantInnen, dass diese kaum eine Chance haben, legal in die EU einzuwandern und sich in einem der Mitgliedsstaaten aufzuhalten. Die Inanspruchnahme von Fluchthilfe ist daher für diese einreisewilligen Menschen oft die einzige Möglichkeit, die Grenzen der "Festung Europa" zu überwinden.
Das Projekt "Dienstleistung: Fluchthilfe" verfolgt das Ziel, die durch die dominierenden medialen Diskurse negativ besetzten Begriffe wie "Schlepper" oder "Schleuser" umzudefinieren und positive Aspekte herauszustreichen. Der Tatbestand "Schlepperei" wird dabei - im Gegensatz zu weitverbreiteten Darstellungsmustern - nicht als kriminelle Ausbeutung von Flüchtlingen dargestellt, sondern der Dienstleistungscharakter dieses aufgrund der Europäischen Abschottungspolitiken notwendig gewordenen Gewerbes hervorgehoben.
Damit verbundene Themenfelder wie Grenze, Migration und Flucht werden in Kooperation mit antirassistischen Gruppen, MigrantInnenorganisationen und Studierenden der Universität Lüneburg bearbeitet.
Das Projekt "Dienstleistung: Fluchthilfe" wird in unterschiedlichen Medien realisiert, z.B. als Postwurfsendung oder als Video, die gemeinsam mit weiteren Informationsbereichen eine Ausstellung im Kunstraum Lüneburg bilden.
Dem Projekt liegt eine prozessorientierte Herangehensweise zugrunde, die verschiedenen Rechercheergebnisse haben im Verlauf des Projekts auf die jeweiligen Projektteile wechselseitig Einfluss genommen.
Postwurfsendung "Neues Grenzblatt"
Beteiligte Gruppen: Plattform "für eine Welt ohne Rassismus", Forschungsgesellschaft Flucht und Migration, TATblatt, Zebra, Maiz, The Voice, Kanak Attak, TschuschenPower
In Kooperation mit anti-rassistischen Gruppen und MigrantInnenorganisationen wurde die Informationsbroschöre "Neues Grenzblatt" produziert, die als Postwurfsendung im April 2001 entlang der gesamten EU-aussengrenze in der Steiermark (A) an 12.000 Haushalte versandt wurde. Das Layout wurde zum leichteren Einstieg der Auseinandersetzung mit diesen Themen eher "volkstÃŒmlich" gehalten. Durch die populäre Gestaltung - Bilder der Region illustrieren die Broschöre - und mit Headlines wie "Fluchthilfe - Service mit Qualität" sollen BewohnerInnen in der Grenzregion neugierig gemacht. Die LeserInnen werden mit anti-rassistischen Stellungnahmen und Sichtweisen konfrontiert, die in bürgerlichen Medien marginalisiert werden. Alle beteiligten Gruppen haben in ihren Textbeiträgen eine Sprache verwendet, die auch theoretisch nicht so versierte LeserInnen anspricht. Die Informationsbroschöre wird außerdem auf verschiedenen alternativen Wegen distributiert (z.B. in Kooperation mit linken Gruppen) und in der Ausstellung im Kunstraum der Universität Lüneburg zur freien Entnahme aufliegen.
Video "Dienstleistung: Fluchthilfe"
Ein Video (DV, Farbe, 51 min), das in der Ausstellung ein zentrales Element bildet, aber auch unabhängig davon auf themenbezogenen Veranstaltungen und alternativen Videofestivals gezeigt wird, setzt sich mit den hegemonialen Darstellungsmustern von "Fluchthilfe" und Migration auseinander. Anhand von Gesprächen, die in Deutschland und Österreich mit politisch engagierten MigrantInnen und VertreterInnen linker Gruppierungen geführt wurden, wird die Thematik in den vier Abschnitten "Wer darf migrieren?", "Feiern und Abschotten", "Zur Fluchthilfe" und "Gegen Rassismus" analysiert und kritisch kommentiert.
So beschreibt ein Vertreter der aktivistischen Gruppe "Taxistas", wie in Deutschland TaxilenkerInnen wegen der BeFörderung illegalisierter Menschen als "Schleuser" kriminalisiert werden.
Der Abschnitt "Feiern und Abschotten" ist eine "Kurzreportage" über die neuesten Kriegsgeräte zur Grenzsicherung, die von Soldaten auf einer am Österreichischen Nationalfeiertag abgehaltenen Feier des Bundesheeres am Heldenplatz in Wien bereitwillig präsentiert wurden. Im Abschnitt "Zur Fluchthilfe" zeigt ein Gespräch mit einem leitenden Bundesgrenzschutzbeamten in Frankfurt an der Oder widersprüchliche Argumentationen auf, mit welchen versucht wird, rassistische Abschottungsmechanismen zu legitimieren.
Das Digitalvideo wurde im März 2001 auf der Diagonale, dem Festival des Österreichischen Films, im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Politik bilden!" erstmals gezeigt.
Ausstellung "Dienstleistung: Fluchthilfe"
Kunstraum der Universität Lüneburg 26.4. - 21.7.2001
Pavelhaus, Laaberg an der steirisch-slowenischen Grenze, ab 21.9.2001
Ausgehend von einem von uns durchgeführten Blockseminar an der Universität Lüneburg bildeten teilnehmende StudentInnen eine Projektgruppe. Gemeinsam mit dieser wurde ein Ausstellungskonzept entwickelt und weitere Komponenten für die Ausstellung im Kunstraum Lüneburg konzipiert. Bei einem gemeinsamen Besuch in Frankfurt an der Oder wurde an der Grenze recherchiert, Teile dieser Recherche fließen in ein von den StudentInnen produziertes Video ein, welches sich mit weiteren Facetten zur Thematik Migration und Fluchthilfe beschäftigt. Gespräche von Mitgliedern der Projektgruppe mit StudentInnen in Frankfurt an der Oder, einer MigrantInnengruppe in Hamburg und VertreterInnen des "Netzwerks gegen Rechts" in Lüneburg bilden einen Recherchepool, der Einblicke in lokale Situationen erlaubt und den Zugang der StudentInnen zur Thematik widerspiegelt.
In einer Wandinstallation wird anhand von Texten, Mail-Aussendungen und Flugblättern die Arbeit der Gruppen dokumentiert, die Beiträge für "Neues Grenzblatt" verfasst haben. Des weiteren wurden ausgehend von einem von Ulf Wuggenig an der Universität Lüneburg geleiteten parallel stattfindenden Seminar zu Rassismus aus der dort diskutierten Literatur von der Projektgruppe Zitate ausgewählt. Diese verweisen in einer Installation auf Textpassagen der Literatur, die gemeinsam mit anti-rassistischen Zeitschriften einen theoretischen Rahmen für die einzelnen Bestandteile der Ausstellung bilden.
Die unterschiedlichen Ebenen des Projekts werden in einer am Ende der Ausstellung erscheinenden Publikation dokumentiert.