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[ 29. Jun 2004 ]

Für Bewegungsfreiheit. Anti-Lager action Tour gegen Abschiebung und Ausgrenzung

gegen Lager

Nachdem im letzte Jahr während des Grenzcamps im fürth kräftig am Zaun gerüttelt wurde, planen AktivistInnen aus Deutschland für Sommer 2004 eine Anti-Lager-/Defencing-Tour.
Unser Widerstand richtet sich gegen Lager, Abschiebung, sozialen Ausschluss und Migrationskontrolle.

 

Bramsche-Berlin-Eisenhüttenstadt-Halberstadt-Hannover-Neuss-Parchim/Tramm... heißen einige der Namen auf der Landkarte mit den Nicht-Orten, Orten des DRAUSSEN für die, die draussen bleiben sollen auch im Inneren dieses Landes.

Abschiebeknäste-Abschiebelager-Aufnahmelager-Ausreisezentren-Containerlager-Gemeinschaftsunterkünfte-Flüchtlingswohnheime-ZASTen... buchstabiert sich das Alphabet der Flüchtlingslager in Deutschland.

Abschotten-abschrecken-abwerten-ausgrenzen-demütigen-einsperren-isolieren-ignorieren-illegalisieren-unterdrücken-verwalten-vergewaltigen-verfolgen-zusammenpferchen...lautet die Deklination der Entrechtung all derer, die in Lagern leben müssen, hier und nebenan.

Seit es Flüchtlingslager in Deutschland gibt, kämpfen Menschen jeden Tag gegen das Leben im Lager: gegen die inhumanen Bedingungen, unter denen sie zu leben gezwungen werden, isoliert in Wäldern, ehemaligen Militärbaracken, Industriezonen und Containerschiffen. Der Kampf in diesen Nicht-Orten ist ein Kampf für die Rückgewinnung von würde und Selbstbestimmung. Ein Kampf gegen rassistische Gesetzgebung, gegen Verfolgung durch Spezialgesetze, die Bewegungsfreiheit versagen, Existenzmittel minimieren, im Alltag stigmatisieren und medizinische Behandlung verweigern. Ein Kampf gegen Lebensbedingungen, die einen verrückt und klein machen sollen. In deutschen Abschiebeknästen, Flüchtlingslagern und -unterkünften nehmen sich so viele Menschen das Leben wie in keinem anderen Europäischen Land.

Die Kampagne gegen die Lager ist ein Kampf gegen Grenzen, die uns
unterteilen, einteilen und voneinander isolieren, uns beherrschbar,
verwertbar und verfügbar machen sollen. Diese Einteilung und Aussonderung von Menschen machen wir nicht mit, nicht die Aufteilung der Gesellschaften und der Welt in Zonen der Armut und des Reichtums, des Zugangs zu Rechten und der Rechtlosigkeit, in Zonen des Krieges und falschen Friedens. Wir wollen diese Fundamente der herrschenden Verhältnisse, die Zäune der Lager, die sichtbaren und unsichtbaren Grenzen untergraben, unser Wissen und unsere Erfahrungen im Widersetzen verknüpfen.

Solidarität verbindet unsere kämpfe für Befreiung miteinander. Unsere Autonomie ist unsere Selbstorganisierung und die Bewegungs-Freiheit, die wir uns nehmen; unser Widerstand richtet sich gegen Lager, Abschiebung, sozialen Ausschluss und Migrationskontrolle.
Keine Lager, nicht hier und auch nicht anderswo!

Lager - überall in diesem Land gibt es diese Orte, die auf keiner Landkarte verzeichnet sind.
Wir wollen neue Karten zeichnen. Landkarten des Widerstandes, die sichtbaren Zäune und Mauern aktiv angreifen, laut herunterreißen oder leise umschiffen, unterspülen, unterlaufen, uns nehmen, was wir brauchen.
Laute und leise Neins des alltäglichen Widerstehens, das laute und entschiedene Nein - NO! Lager - Anti-Lager

Wir fordern die Schließung aller Lager: Abschiebeknäste, Abschiebelager, Sammellager und die Abschaffung des Residenzpflicht-Gesetzes! Schluss mit Abschiebungen!
Jeder Mensch hat das Recht, dort zu leben wo er will!

ANTI-LAGER-action-TOUR 2004



Freitag, 20.8. - Dienstag, 24.8.:
Camp in Bramsche/Niedersachsen

Freitag, 20.8.
12:00 Uhr Aufbau
20:00 Uhr Eröffnungsplenum

Samstag, 21.8.
12:00 Uhr Eröffnungsdemo von Bramsche-Hesepe/Bhf zum Abschiebelager Bramsche

Sonntag, 22.8.
Tagesausflug mit dem Zug: Demo in Neuss zum Frauen-Abschiebeknast

Montag, 23.8. / Dienstag, 24.8.
Aktionen in Bramsche und OsnabRück

Mittwoch, 25.8.
Tour-Konvoi nach Hannover
Aktionen/Demo beim Abschiebeknast Hannover-Langenhagen

Donnerstag, 26.8.
Tagesausflug nach Halberstadt: Aktionen/Demo beim Ausreisezentrum

Freitag, 27.8. - Dienstag, 31.8. Camp in Tramm/Crivitz
Mecklenburg-Vorpommern

Mittwoch, 1.9.
Tour-Konvoi nach Berlin /Aktionen in Berlin

Donnerstag, 2.9. - Sonntag, 5.9.
Camp in Eisenhüttenstadt/Brandenburg


In ganz Europa expandieren Lager und der Widerstand dagegen: über 17 Tage
wollen wir mit der Anti-Lager-Tour grenzüberschreitend von der
niederländischen bis zur polnischen Grenze diesen Widerspruch gegen das
System der Lager und Zonierungen hörbar und spÃŒrbar werden lassen und die
kämpfe in den Lagern mit Aktionen unterstützen. Auch die verantwortlichen
PolitikerInnen und SchreibtischTäterInnen, die nutznießenden Unternehmen und
Organisationen werden Ziele unseres Widerstandes sein.
Die Tour sowie die drei Aktionscamps sind ein experimenteller Raum, ein
Laboratorium des gemeinsamen, selbstorganisierten Lebens und Protests, das
sich speist aus den Erfahrungen der antirassistischen Grenzcamps der letzten
Jahre, der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen sowie
der Aktionstage gegen das "Ausreisezentrum" fürth im vergangenen September.
Es wird FrauenLesbenTrans-räume und -Schlafbereiche geben sowie
Ansprechgruppen bei sexistischen oder rassistischen Übergriffen. Bei
Problemen mit dem rassistischen Residenzpflicht-Gesetz wird kollektive
Unterstützung angeboten.
Aktuelles zu den Orten und genaue Termine findet sich auf der Webseite.
Damit soll die Möglichkeit gegeben sein, im Vorfeld die Tour mitzuplanen,
Aktionen zu entwickeln, Veranstaltungen und Workshops zu organisieren - denn
davon lebt die Tour.
Es wird VoKÃŒs, Sanis, und ein Infozelt geben. Bringt Zelte und Schlafsäcke
mit- zusätzliche Schlafsäcke und Zelte werden in großer Zahl benötigt für
alle, die keine Sachen haben. Bringt möglichst viele Autos mit. Zu
Busplätzen und Unterkünften während der Tour gibt es Informationen auf der
Webseite: www.nolager.de

Weitere Informationen:
anti_lager_actiontour (at) no-log.org
Infotel:0163-4634594
The Voice Refugee Forum: 03641-665214, mobile 0174-7295853
Brandenburger Flüchtlingsinitiative: 0160-98623633

Spenden sind steuerlich absetzbar, wenn ihr Namen und Adresse auf dem
überweisungsträger angebt.
überweisungen an:
Arbeitskreis Asyl
Sparkasse Göttingen
Kto: 130450
BLZ 260 500 01
Stichwort: Anti-Lager-Tour
ViSdP: Dee Fencer, Waldweg 1, 65087 Grauwacke

INFOS zu den TOURORTEN



BRAMSCHE-HESEPE


In Bramsche-Hesepe in der Nähe von OsnabRück, nicht weit von der
niederländischen Grenze, wurde mit der sog. Landesaufnahmestelle (LASt) eine
neue perfide Form des Abschiebelagers geschaffen. In der ehemaligen Kaserne
in Niedersachsen, später Grenzdurchgangslager für sog. spätaussiedlerInnen
und jüdische EmigrantInnen aus der SU, wird seit November 2001 eine
Ausreiseeinrichtung betrieben. Die 200 Plätze in diesem Abschiebelager
wurden im März 2004 auf 550 Plätze aufgestockt. Theoretisch wäre in dem
Komplex sogar eine Erweiterung auf 1200 Plätze möglich. Die massiven
Proteste im vergangenen Jahr gegen die Bedingungen im Abschiebelager führten
dazu, dass alleinstehende minderjährige Flüchtlinge jetzt nicht mehr in dem
Lager untergebracht werden. Jedoch: für die Kinder im Lager wurde im März
diesen Jahres eine Lagerschule eingerichtet, sog. "förderklassen", damit
haben jetzt auch die Kinder keine Chance mehr auf Kontakte außerhalb des
Lagers. Die Abschottung wird damit perfekt. Auf dem Gelände befindet sich
die IOM und die Ausländerbehörde, aber es gibt keine Rechtsberatung, keine
medizinische oder psychologische Betreuung. Während das Personal im Lager um
mehr als ein Drittel gekürzt wird, erhält die Bramscher Polizei mit der
Aufstockung der Plätze im Abschiebelager zwei neue Planstellen. Gegen die
Isolation und das Abdrängen von Menschen in die Rechtlosigkeit! Kein Mensch
ist illegal!


ABSCHIEBELAGER, "AUSREISEZENTREN"
Seit Anfang 1998 gibt es die ersten speziellen Abschiebelager (Projekt X,
"Ausreisezentren") in der BRD. Mit ihnen schufen die Innenministerien eine
weitere Lager-Variante im bereits bestehenden bundesdeutschen Lagersystem.
Obwohl Abschiebung oder die sog. "freiwillige" Ausreise das offizielle Ziel
ist, handelt es sich tatsächlich um Illegalisierungslager - auf die dort
eingewiesenen Flüchtlinge wird soviel Zwang und Druck ausgeübt, dass die
Hälfte es vorzieht, in die totale Rechtlosigkeit abzutauchen.

Dies ist aus Sicht der Behörde ein Erfolg, geschaffen werden weitere Papierlose und
irreguläre ArbeiterInnen. Flüchtlinge, deren Asylantrag abgelehnt wurde,
deren Abschiebung aber z.b. mangels Passpapieren nicht realisierbar ist,
werden ins Abschiebelager geschickt. "Verfügung einer
Wohnsitznahmeverpflichtung als Auflage zur Duldung" heißt im Behördenjagon,
was einer Zwangseinweisung gleichkommt. Die betroffenen Flüchtlinge, die
schon viele Jahre in Deutschland lebten, müssen ihre Wohnung verlassen,
ihren Wohnort, ihr soziales Umfeld, ggf. ihre Arbeit aufgeben, Kinder ihre
Schule, und sich viele Kilometer weit weg ins Abschiebelager begeben. Den
Flüchtlingen in diesen Lagern wird das (Taschen-)Geld gestrichen, sie werden
ständig kontrolliert, ihre Zimmer z.T. durchsucht, Gegenstände, die sie
angeblich nicht besitzen dürfen, werden weggenommen. Sie müssen sich
regelmäßig melden, werden unregelmäßig verhört, mÃŒrbe gemacht und unter
Druck gesetzt, auf dass sie Deutschland endlich verlassen. Dies bedeutet
einen permanenten Stresspegel für die Betroffenen; dem psychischen Druck und
der massiven Einschränkung der Lebensgestaltung ist schwer standzuhalten.

Die Einführung der sog. Ausreisezentren in verschiedenen Bundesländern war
von Widerstand innerhalb und außerhalb der Lagerzäune begleitet. In Bayern
konnte die Landesregierung nach permanenten Protesten bis hin zu den
Aktionstagen in fürth im vergangenen Jahr keine weiteren "Ausreisezentren"
mehr durchsetzen.

Mittlerweile sind v.a. in Bayern und Niedersachsen jedoch
neue Varianten von Abschiebelagern eingerichtet worden, die nicht mehr
offiziell als solche bezeichnet werden. In Bramsche (Niedersachsen) werden
Menschen, die erst kürzlich nach Deutschland eingereist sind und sich noch
im Asylverfahren befinden, aber angeblich keine Aussicht auf
Asyl-Anerkennung haben, dort eingewiesen.

NEUSS


In Neuss (NRW) befindet sich seit 1993 der bundesweit einzige
Frauen-Abschiebeknast. Der Knast liegt mitten in der Neusser Innenstadt in
einer ruhigen Wohnstrasse und wird kaschiert durch eine unauffÀllige Fassade.
In dem Knast sind momentan zwischen 60-80 Frauen eingesperrt, darunter immer
wieder Schwangere und Minderjährige. Die Frauen werden willkürlich in
Zweier- und Sechserzellen gesperrt. Gegessen wird in den 9 m² kleinen
Zellen. Auch das Waschbecken und die Toilette befinden sich in der Zelle,
nur durch einen Vorhang abgetrennt. Die medizinische Versorgung ist
unzulÀnglich. Einen psychologischen Dienst gibt es für sie nicht, auch keine
hauptamtliche Sozialarbeiterin und keine juristische Beratung. Der einzige
Grund für die Inhaftierung der Frauen ist ihre Migration in die BRD.

ABSCHIEBEKNAST
Abschiebeknäste sind die extremste Form von Flüchtlings(-Internierungs)lagern in der BRD.
Abschiebeknast bedeutet: Bis zu 18 Monaten eingeknastet hinter hohen Mauern und Sicherheitsdraht, bewacht von bewaffneten SicherheitsbeamtInnen. Zellen, Schließzeiten, Hofgang, eingeschränkte Besuchszeiten, eingeschränkte TelefonMöglichkeiten, ausgeliefert der Willkür des Personals, der Willkür des Rechtsstaats.

Das Warten auf die Abschiebung oder die Selbstaufgabe in Form der "freiwilligen"
Ausreise lassen keinen Spielraum. Es bleibt nur die zarte Hoffnung für die,
die anwaltlichen Beistand haben, auf positive Entwicklungen. Immer wieder
gibt es in Abschiebeknästen kollektive oder individuelle Hungerstreiks,
versuchte und auch realisierte Suizide. Deshalb: solidarität stärken! Weg
mit dem Knast! Bleiberecht für Alle!

HANNOVER


Hannover, Abschiebeflughafen - auch von hier aus werden Flüchtlinge
zwangsabgeschoben. Jedes Jahr werden in der BRD 50.000 Menschen vom
Bundesgrenzschutz abgeschoben. Dabei kommt es immer wieder zu Todesfällen,
wie zuletzt am 28.Mai 1999, als der sudanesische Flüchtling Aamir Ageeb bei
seiner Abschiebung von Frankfurt am Main nach Khartoum von Beamten des
Bundesgrenzschutzes erstickt wurde.

In Hannover-Langenhagen, direkt neben dem Flughafen, betreibt das Land
Niedersachsen seit 2000 ein zentrales Abschiebegefängnis. Dort sind bis zu
250 Flüchtlinge interniert. Gleich im ersten Jahr nach Eröffnung erhängte
sich dort am 8.Dezember 2000 der 17jährige tamilische Flüchtling
Arumugasamy Subramaniam, der nach Sri Lanka abgeschoben werden sollte.

Künftig sollen auch noch Flüchtlinge aus Bremen in den Abschiebeknast
Hannover gebracht werden, denn ÄrztInnen in Bremen ließen sich nicht als
willfährige Helfershelfer bei Abschiebungen einspannen. Die Landesregierung
in Hannover war unter Schröder für das "Projekt X", dem ersten deutschen
Modellversuch für ein "Ausreisezentrum", verantwortlich. Auch die aktuelle
CDU-Regierung propagiert ein geschlossenes Lager-System für Flüchtlinge und
würde jeden Kontakt zu potentiell solidarischen Menschen in Kommunen am
liebsten verhindern. Smash racist structures!

HALBERSTADT


In den drei 5-stückigen Plattenbaublücken mit insgesamt 1200 Plätzen wurden
bis zum Mai diesen Jahres an die 1000 Flüchtlinge in der Zentralen
Erstaufnahmestelle (ZASt) Sachsen-Anhalts untergebracht. Von dort aus wurden
bzw. werden sie in die einzelnen Landkreise "umverteilt".

Das Sammellager in den Gebäuden der ehemaligen Kaserne der Roten Armee liegt
7 km außerhalb der Stadt auf freiem Feld (ca. 1h Fußweg) und ist durch
Videoüberwachung, Wachdienst und Umzäunung gesichert. Die Ghettoisierung ist
beabsichtigt. Auf dem Gelände befinden sich aussenstellen von: Sozialamt,
Gesundheitsamt, Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge
(BAFl), Ausländerbehörde und Kriminalpolizei.

Ca. 100 Menschen befinden sich im sog. Ausreisezentrum auf der vierten Etage
des ersten Blocks. Es sind "die Flüchtlinge mit dem blauen Ausweis". Nachdem
sie meist über Jahre hinweg in den Unterkünften der einzelnen Landkreise
gelebt haben, wurden sie zwangsweise wieder in das Lager eingewiesen, wo
ihre Odyssee in Sachsen-Anhalt begann. Dieses Mal ist die Lagereinweisung
jedoch für unbestimmte Zeit.

Das "Ausreisezentrum" wurde nach zweijähriger Modellphase Anfang diesen
Jahres von der Landesregierung als Erfolg gewertet und als feste Institution
eingerichtet.
Neben den schon bestehenden Repressionsmaßnahmen wie Entzug jeglichen
Bargeldes, Essenspakete, Einschränkung der medizinischen Leistungen,
Ausstellung von Duldungen für nur wenige Tage und ständige Befragungen setzt
das Innenministerium derzeit neue Bestimmungen durch. Das Abschiebelager
wird auf 250 Plätze aufgestockt. Neben alleinreisenden Männern und
kinderlosen Ehepaaren sollen nun auch alleinreisende Frauen in einem
separaten Frauenblock eingewiesen werden. Die Flüchtlinge in der
Erstaufnahme sollen von denen mit blauen Ausweisen räumlich getrennt werden.
außerdem lockt das Ministerium mit Repressions-Erleichterungen (Aufhebung
der Wohnsitzpflicht, Auszahlung eines Taschengeldes und Erlaubnis zur
Erwerbstätigkeit), um von den Flüchtlingen eine "Mitwirkung" an der
Passbeschaffung und damit an der eigenen Abschiebung abzupressen.

Zäune runter! Wohnungen her!
Abschiebelager schließen!

PARCHIM, TRAMM/ZAPEL


In der "Gemeinschaftsunterkunft" Tramm/Zapel bei Parchim in
Mecklenburg-Vorpommern sind 200 AsylbewerberInnen untergebracht, auch
Familien. Kinder, die hier geboren sind, kennen dieses Land nur aus dem
Sammellager. In drei runtergekommenen Wohnblücken einer ehemaligen Kaserne,
mitten im Wald mit Stacheldraht-Umzäunung, Videoüberwachung,
Eingangskontrolle mit SchÀferhund und Wachdienst, wird jeder Schritt der
BewohnerInnen registriert: es ist ein gestaffeltes Kontrollsystem. Pro Block
gibt es lediglich 2 Küchen, der nächste Ort mit EinkaufsMöglichkeit ist 9 km
Fußweg entfernt, für den Bus reicht das Geld meist nicht. In dem Sammellager
kommt es immer wieder zu Protesten - gegen die Isolation, die Kontrolle, die
verweigerte medizinische Versorgung, die Ausgabe der reduzierten Leistungen
in Form von stigmatisierenden Gutscheinen. So wurden nachts Wandbilder an
die Wand gegenüber der Ausländerbehörde gemalt: eine geöffnete Tür zeigt
dahinter wiederum GitterstÀbe. überschrieben mit der Forderung
"Flüchtlingsrecht" zeigen die Bilder die Hoffnungslosigkeit und Knastgefühle
in dieser Unterkunft. Die Polizei ermittelt gegen unbekannt. Die
BewohnerInnen protestieren weiter gegen ihre abgeschiedene Unterbringung im
Wald und sprechen ironisch von "Dschungelheim". Ihre Forderung: ein Umzug in
die Kleinstadt Parchim, als ersten Schritt. Eine solche Umverteilung haben
sich die BewohnerInnen aus der ehemaligen Unterkunft in Peeschen erkämpft.
Obwohl ein Erlass des Innenministeriums von 2001 vorschreibt, dass alle
AsylbewerberInnen in der Nähe von kulturellen Zentren unterzubringen sind,
wäre auch diese Unterkunft ohne Druck von Innen wohl nie geschlossen worden.
Die damaligen BewohnerInnen verliehen ihren Forderungen z.B. Nachdruck,
indem sie die BeamtInnen der Ausländerbehörde durch eine Strassenblockade
festsetzten. Wir wollen die Proteste der Flüchtlinge in dem abgelegenen
Sammellager unterstützen und die Landesregierung in Schwerin unseren Zorn
spÃŒren lassen !

BERLIN


ABSCHIEBEKNAST BERLIN-GRÜNAU
Grünau ist ein Stadtteil von KÃŒpenick. Circa 210 Menschen werden hier
eingeknastet, um abgeschoben zu werden. Seit über einem Jahr wehren sich die
Insassen verstärkt gegen die menschenunwürdigen Zustände im Knast, Anfang
letzten Jahres gab es hier einen der größten kollektiven Hungerstreiks in
der Geschichte deutscher Abschiebeknäste.
HAUPTSTADT: Wir werden etwas Feines mitbringen nach Berlin, um in der
Bundeshauptstadt unseren Unmut kund zu tun.

EISENHÜTTENSTADT
In Eisenhüttenstadt, 120 km östlich von Berlin, befinden sich die Zentrale
Erstaufnahmeeinrichtung (ZABH) und der Abschiebeknast des Landes Brandenburg
gemeinsam auf dem Gelände einer ehemaligen Kaserne. Beides liegt in der
30km-Zone an der polnischen Grenze, die noch bis Mai diesen Jahres eine
aussengrenze der Festung Euopa war. Der Ort ist berÃŒchtigt. Im Abschiebeknast
gibt es nach wie vor einen Raum, die sogenannte "Beruhigungszelle", in dem
Menschen z.T. mehrere Stunden eingesperrt und ausgestreckt gefesselt werden.
Diese Anwendung von menschenverachtender Behandlung konnte zwar aufgedeckt
werden, jedoch hat sich trotz des Berichtes vom Europäischen Komitee zur
Verhütung von Folter (CPT) aus dem Jahr 2000 bis heute nicht viel geändert.
Lediglich die zuvor für die Fesselungen verwendeten, im Boden eingelassenen
Eisenringe wurden entfernt und durch ein "Gurtsystem" an einem Bettgestell
ersetzt. Letztes Jahr wurde z.B. ein Mann 42 Stunden innerhalb von 3 Tagen
gefesselt und rund um die Uhr videoüberwacht. für die Menschen im
Abschiebeknast ist eine ausreichende medizinische Versorgung nicht
gewährleistet: Das einzige medizinische Personal ist eine Krankenschwester,
ein Arzt kommt zweimal in der Woche und verschreibt i.d.R. nur Schmerz- und
Beruhigungsmittel. Flüchtlingen wurde mitgeteilt, dass sie auch bei schweren
Erkrankungen nicht ins Krankenhaus könnten, weil sie den Aufenthalt dort
bezahlen müssten. Die Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht des
Deutschen Anwaltsvereins bat im Jahr 2002 das brandenburgische
Innenministerium um die Genehmigung, eine regelmäßige Rechtsberatung
anbieten zu dürfen. Das Innenministerium lehnte dieses ab, angeblich
bestünde kein Bedarf.
Die maximal mögliche Haftdauer beträgt für Abschiebehäftlinge derzeit 1,5
Jahre. Auch wenn es nur einige Aktionstage sind - die Menschen drinnen
sollen wissen, dass wir da sind, um von der deutschen West- bis zur
Ostgrenze an dem System der Abschiebeknäste und Lager zu rÃŒtteln !

für Bewegungsfreiheit - ANTI-LAGER -action-TOUR gegen Abschiebung und Ausgrenzung!



Millionen von Menschen sind in der so genannten dritten Welt durch die
direkten Angriffe kolonialer Unterwerfung und deren Folgen gestorben. Heute
werden sie weiter ausgebeutet und sind den Auswirkungen neokolonialer und
kapitalistischer Machenschaften ausgesetzt. Menschen fliehen vor Krieg,
Verfolgung und weil ihnen ihre Lebensgrundlagen entzogen wurden. Andere sind
auf der Suche nach einem besseren Leben. Die reichen kapitalistischen länder
aber schotten sich immer weiter ab und rÃŒsten ihre Grenzen immer weiter auf.
Es gibt fast keine Möglichkeiten mehr, gefahrlos in die westlichen länder zu
migrieren. Viele Menschen sterben auf der Flucht. Dennoch gelingt es
zahlreichen, diese länder zu erreichen. Hier angelangt werden sie
rassistisch angefeindet, kontrolliert und oft in Lager gezwungen,
festgenommen und abgeschoben.


Ausgrenzen, kontrollieren, abschieben - das dezentrale Lagersystem in der
BRD



Weltweit werden in den letzten Jahren immer neue Typen von Flüchtlingslagern
entwickelt - auch in der BRD. Hier entstehen so genannte "Ausreisezentren",
die tatsächlich Abschiebelager sind. Die Lagerformen in der BRD reichen
heute von Pensionen in der großstadt, großen Gemeinschaftsunterkünften
irgendwo im Wald und Abschiebelagern bis zu Abschiebeknästen. Zu einem
System wird das Ganze durch rassistische Sondergesetze wie die
Residenzpflicht. Sie verbietet Flüchtlingen, ohne Genehmigung den Landkreis
zu verlassen, in dem ihre Unterkunft liegt. Insgesamt sind zur Zeit ca.
600.000 Menschen den Bedingungen im bundesdeutschen Lagersystem unterworfen.
Am Ende der Lagerunterbringung steht für Flüchtlinge der Abschiebeknast und
das Abschiebelager - und dessen Ausgang ist entweder das "Abtauchen" in die
völlige Rechtlosigkeit der so genannten Illegalität oder die Abschiebung.


Migration unerwünscht - die politische Zielrichtung des Lagersystems



Mit dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) und der Änderung des
Ausländergesetzes 1993 wurde das Grundrecht auf Asyl faktisch abgeschafft.
Im AsylbLG wird das Arbeitsverbot für AsylbewerberInnen und die Auszahlung
der - drastisch reduzierten - Hilfe zum Lebensunterhalt in Form von
Sachleistungen geregelt. Damit soll die BRD als Einwanderungsland
unattraktiv werden, wie es schon in den 80er Jahren der damalige
baden-württembergische Ministerpräsident Lothar späth zum einjährigen
Bestehen des ersten Sammellagers der BRD erklärte: "Die Buschtrommeln sollen
signalisieren - geht nicht nach Baden-WÃŒrttemberg, dort müsst ihr ins Lager.
" Dazu kommt die Effektivität stumpfer rassistischer Stimmungsmache. Erst
durch die Unterbringung vieler Flüchtlinge in alten Kasernen wird das Bild
der "überflutung Deutschlands durch die Armen der Welt" produziert.


Ausbeuten, Verwerten - die ökonomische Ausrichtung des Lagersystems



cisch gesehen ist das Lagersystem eine Art Scharnier zwischen den
regulären und irregulären Arbeitsmarktsegmenten. In den Bundesländern mit
einer niedrigen Arbeitslosenquote beispielsweise stellt das Lagersystem
billige ArbeiterInnen für unqualifizierte Jobs zur Verfügung - in
Baden-WÃŒrttemberg etwa arbeiten offiziell ca. 40 % aller AsylbewerberInnen.
Die BewohnerInnen der Lager in Ostdeutschland pendeln zwischen ihren
monatlichen Sozialamtsterminen und ihrer Arbeit im Westen - sie sind Teil
der ca.1,5 Millionen ArbeiterInnen ohne Papiere, die hier die "schmutzigen
und körperlich schweren Arbeiten verrichten.


Der Wohlstand schottet sich ab - das Lagersystem der EU



Ein EU-weites Lagersystem für Flüchtlinge befindet sich zur Zeit im Aufbau.
Bereits jetzt bestehen an den neuen EU-aussengrenzen eine Reihe von
Flüchtlingsauffanglagern. Hier werden Flüchtlinge, die auf dem Weg in die
kapitalistischen Zentren aufgegriffen werden, bis zu ihrer Abschiebung
interniert. Die EU-Administration plant außerdem sog. "Transit Processing
Center (tpc)" an den EU-aussengrenzen sowie in "sicheren" Trikontländern. In
die könnten Menschen, die in der EU einen Asylantrag gestellt haben,
bis zur Entscheidung ausgeflogen werden. Den äußersten Kreis des
Lagersystems bilden jetzt schon die so genannten "Regional Protection Areas
(rpa)": Flüchtlinge sollen direkt in den Kriegs- und Krisenregionen
Militärisch eingekreist und in Lagern "vor Ort" interniert werden. Die
Internierung erfolgt in Zusammenarbeit von Militär und NGOs, wie dem UNHCR
und der IOM (International Organisation of Migration). Das Konzept der
Internierung vor Ort wurde bereits während des Irak- und des Kosovokrieges
sowie in Teilen des afrikanischen Kontinents angewendet. Dieses Lagersystem
ist Bestandteil des Versuchs, Migration weltweit zu kontrollieren und nach ökonomischen und politischen Kriterien zu steuern.


Recht auf Rechte - die Spitze des Eisberges...



Das Lagersystem stellt die extremste Form gesellschaftlichen Ausschlusses
von Menschen ohne deutschen Pass dar: Menschen werden mit unterschiedlichen
Rechten ausgestattet und ihre Verwertbarkeit reguliert. Wir treten ein für
den unterschiedslosen Zugang zu Rechten, gegen Unterdrückung und Ausbeutung
auf allen Ebenen und entlang aller Herrschaftsstrukturen.

Jeder Mensch hat das Recht, dort zu leben, wo er es will. Wir erweitern den Begriff des politischen Flüchtlings durch die Aussage von Flüchtlingsorganisationen,
"wir sind hier, weil ihr unsere länder zersTürt". Das bedeutet die Ablehnung
einer Hierarchisierung von Flucht- oder MigrationsGründen: Egal, ob Menschen
wegen Folter oder Unterdrückung, aufgrund von Beschneidung und Zwangsheirat
oder Hunger und Armut oder einfach wegen der Hoffnung auf ein besseres Leben
geflohen sind. Zusammen haben wir die Chance, erfolgreich für ein besseres
Leben überall zu kämpfen.

Viele sind hier, wir sind hier und wir kämpfen gemeinsam gegen diese Politik
der Lager und für unsere Rechte! Recht zu bleiben, Recht zu wohnen, Recht
auf ein Auskommen, Recht auf ein würdiges Leben! Wir solidarisieren uns mit
den kämpfen aller, die die Residenzpflicht überschreiten, die sich gegen
ihre Unterbringung wehren, die gegen ihre Abschiebung und für ihr Recht zu
bleiben kämpfen!