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[ 13. Aug 2002 ]

Eine Skulptur als Antwort

denkmal

Wie weit geht ein Mensch eigentlich, bis er "NEIN" sagt?

Beitrag vom Andreas Klimbacher, der die Omofuma-Skulptur anfertigte.

 

Als ich vom Tod von Marcus Omofuma am 1. Mai 1999, am Tage seiner Abschiebung hörte, war ich schockiert - schockiert darüber, wie unmenschlich und unverantwortlich diese Exekutivbeamten einen Mitmenschen behandelten.
Ich begann sofort am nächsten Tag mit einer großskulptur zu diesem Thema.

Ich war mir damals sicher, dass es in der Kunst, durch die Künstlerschaft, einen großen Aufschrei geben wird. "Dass so etwas in der heutigen Zeit überhaupt geschehen kann . . .", doch der große Aufschrei blieb aus.

Wer wen und warum in diesem Staat um das Leben bringt, dies scheint in dieser Gesellschaft nur wenige zu interessieren. Und genau so, wie Marcus Omofuma den sieben Exekutivbeamten gegenüber stand, stehen wir heute scheinbar der Bevölkerung gegenüber, die es vorzieht, es den bekannten drei Affen gleich zu tun . .. nicht sehen, nicht hören und nicht sprechen . . .
Menschlichkeit ist scheinbar nicht jedermanns oder jederfraus Sache.

Scheinbar, nach dem jetzigen Urteil zu schließen, auch nicht diskutabel, und
wie es aussieht, auch nicht erlernbar, denn es scheint für diese
Exekutivbeamten vollkommen neu zu sein, dass man einen Mitmenschen nicht
misshandelt. Die Aussage: "Sie hätten nur ihre Befehle ausgeführt, die
wahren Verantwortlichen sitzen viel höher", ist für mich nur zum Teil
richtig, denn in diesem Staat muss jeder und jede für sein oder ihr Handeln
Rechenschaft ablegen. In Wirklichkeit steckt hinter diesem "Ruhigstellen mit
Klebeband" die Unfähigkeit, eine solche "Situation" zu lösen, tiefer Hass
und Menschenverachtung.
Nur zur Erinnerung: Auch vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag stehen immer wieder Angeklagte, die nur Befehle ausgeführt haben. Wie weit geht ein Mensch eigentlich, bis er "NEIN sagt . . . "Das tue ich nicht" oder "Das kann ich meinem Mitmenschen gegenüber nicht verantworten"?

Meine Skulptur, die ich am zweiten Mai 1999 begonnen und im Juli 2001
fertiggestellt habe, sollte lediglich daran erinnern, dass es einen gro?en
Unterschied macht, ob ich aus freiem Willen, Ignoranz oder einfacher
Dummheit nicht sehen, nicht hören oder nicht sprechen will. Ich möchte es
nur nicht aufzwingen lassen - ich möchte nicht schweigen.
Eine Skulptur als Antwort.

Andres Klimbacher ist parteiloser, vereinsunabhängiger, freier Bildhauer.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Bunten Zeitung.