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[ 27. May 2004 ]

Couleur 3/2004: 'Gegeninformationsoffensive' des MKV?

MKV-Mitglied mit Vorschlaghammer

Mit Kritik - sowohl von innerhalb als auch - vor allem von aussen durch die für kommenden Sonntag angekündigte Anti-Pennälertagsdemonstration in Baden konfrontiert, hat der offizielle MKV zu einem politischen Rundumschlag in der aktuellen Ausgabe seiner Verbandszeitschrift Couleur ausgehohlt. Ziel der Attacken sind abermals das Recht auf Abtreibung und der "linke" Feminismus. Massive Angriffe setzt es auch gegen die AKS-dominierte BundesschülerInnenvertretung, die nicht mit "sachlicher Schulpolitik", sondern dafür "umsomehr mit Demonstrationen und polemischer Gesellschaftspoltik" beschäftigt sei.

 

Ein recht prominentes Sammelsurium rechtskonservativer bis rechtsextremer persönlichkeiten und Gruppen, findet in der aktuellen Ausgabe des Couleur Platz. Kurt Krenn wird interviewt, der aktuelle literarische Erguss des Salzburger Weihbischofs Andreas Laun wird rezensiert und die antisemitische MKV-Verbindung Borussia darf ein wenig Werbung für ihre Aktivitäten machen.


Schwerpunktnummer: "Frauen"


"über Unterschiede zwischen Mann und Frau, wo es eigentlich keine geben dürfte und die Auswirkungen auf die MÀnnderbünde" - so die Titelseite. Seine persönlichen Erfahrungen zum Themenkomplex "Frauen" schildert Couleur-Chefredakteur Martin Schliefnig im Editorial:

"Mit den Worten "Hallo schönes Mädchen! Du bist sicher durstig..." konnte ich sie, als sie meinen Weg kreuzte erfolgreich abfangen und zum Nachdenken (!) bringen. "Weist du, ...ich steh nicht so auf akute Anmachen", war dann aber nach einer kurzen Pause die Antwort und für mich wieder einmal der Anstoß für eine tagelang nicht enden wollende überlegung."

Selbige "überlegung" führt Herrn Schliefnig schließlich zu dem Schluss Opfer schreiend ungerechter weiblicher Unsensibilität geworden zu sein. Die daraus resultierende Forderung lautet (schließlich müssen wir ja eine Art "Frauen-Spezialnummer" einleiten): "Der faire Umgang der Geschlechter miteinander. für den MKV als Männerbund bedeutet das im Speziellen, sich mit den Problemen und Sachfragen der Gleichberechtigung endlich ernsthaft auseinander zu setzen."

Dass selbige Auseinandersetzung im Leitartikel (ebenfalls von Schliefnig) der mit "Welch ein GlÃŒck sondergleichen, ein Mannsbild zu sein" betitelt ist, nicht wirklich antisexistischen Charakter haben wird war zu vermuten und nach zwei Seiten politisch-korrektem bla bla plus diversen politischen Zugeständnissen an feministische Emanzipationsbestrebungen, kristallisiert sich die eigentliche Stoßrichtung heraus:

"Denn gerade das verstärkte Entstehen von Frauennetzwerken kann den Verband in zumindest einem wesentlichen gesellschaftlichen Kritikpunkt stark entlasten: Was soll den nämlich bitteschön an dem Begriff "Männerbund" noch negativ hängen bleiben, wenn auf der anderen Seite ebensolche "Frauenbünde" im bestehen sind?"

Der Feminismus darf also als Rechtfertigung für die massiv-sexistischen Strukturen des MKV herhalten. Der Artikel endet mit dem einer verwirrten AusFührung zum "Binnen-I", dass keine Lösung sein könne, da es sich um ein "Konstrukt, [das] (...) nicht zur deutschen Rechtschreibung" zählt handle (während die "deutsche Rechtschreibung" in den Augen Schliefnigs offensichtlich keineswegs ein Konstrukt sein dürfte).

Auf Seite 10 holt der MKV zu einem weiteren Angriff auf das Recht auf Abtreibung aus:


"Es ist nun nach so vielen Jahren endlich an der Zeit wieder mehr Sachlichkeit in die sehr emotionale Diskussion um die Abtreibung zu bringen, fernab von jeglichem Geschlechter-Kampf-GetÃŒse und "Mein Bauch gehört mir"-Rufen von linken Demonstranten. (...) Warum darf man sich das Recht nehmen, Gott zu spielen und das Leben eines Menschen auf die Wagschale legen?"

Abschließend wird "werdenden MÃŒttern" noch die katholische "Aktion Leben", die in den 70er Jahren Unterschriften gegen die Fristenlösung sammelte als "seriÃŒse Beratungsstelle" zum Thema Abtreibung empfohlen. Doch wenigstens der Artikel auf der nächsten Seite verspricht Spannung und Spaß: Couleur zu Gast in der Abteilung VI/6 des Sozialministeriums, wo sich Dr. Johannes Berchthold, Leiter der "Männerpolitischen Grundsatzabteilung", mit Männerproblemen befasst. ;)


Rückzugsgefechte?


Die Tatsache, dass es in der gleichen Couleurausgabe Hetzartikel gegen die linke BundesschülerInnenvertretung (BSV), ein Angriff auf Frauenrechte und einen offenen Brief des MKV-Vorsitzenden Helmut Schmitt bezüglich PennÀlertag in Baden, der offensichtlich so etwas wie eine inhaltliche Linie vorgeben soll abdruckt werden, legt durchaus den Verdacht nahe, dass es sich dabei um einen Versuch eines inhaltlichen Gegenangriffs in jenen Themenfeldern, die Ziel der aktuellen Kritik am MKV sind handelt.

Das genau zum jetzigen Zeitpunkt die linke BSV so massiv (und vor allem unsachlich) kritisiert wird, steht einerseits naTürlich im Zusammenhang mit der Tatsache, dass die Aktion Kritischer SchülerInnen und die LandesschülerInnenvertretung Wien als UnterstützerInnen der Anti-MKV-Demo in Baden aufscheinen. Andererseits musste der MKV (und die in 70er Jahren von ihm gegründete "Schülerunion") in den vergangenen Jahren massive Niederlagen im Bereich SchülerInnenvertretung hinnehmen und deshalb handelt es sich hier wohl nicht zu Letzt auch um den Versuch, politisch wieder einen Fuß in die Tür zu setzen.


Finanzprobleme, Unterstützung und Kritik von Innen


Doch auch mit den Finanzen des MKV scheint es nicht zum besten zu stehen. Ein massives Nachwuchsproblem, ausbleibende Spenden und überdimensionierte Projekte in der Vergangenheit dürften die Hauptgründe hierfür sein. Kartellphilistersenior Paul Loidl zeigt in Anbetracht dessen - nach etwas Selbstlob für seine "alten Herren" - wo dass Geld im MKV herkommt:

"Die Altherrenschaft hat sich (...) mit eigenen kostspieligen Projekten zurückgehalten und ist damit fürs Erste dem Versprechen, nicht neue Lücher aufreißen zu wollen nachgekommen. (...) In Anbetracht der Subventions- und Spendensituation wird sich der Verband insbesondere durch die Hilfe der Altherren von selbst heraus finanzieren müssen."

Wie der MKV in Anbetracht der nach wie vor massiven finanziellen Unterstützung von staatlichen Stellen, der ÖVP und - siehe oben - den "alten Herren" ernsthafte Geldprobleme haben kann ist eine Frage, die sich wohl nicht so schnell klären wird. Woher die Kohle genau kommt, wird aber beim durchblättern des Couleurs präzisiert: Ganzseitige Anzeigen schalteten u.a. das Bildungsministerium, Raiffeisen, die niederösterreichische Energie-Gesellschaft EVN und das ÖVP-Unterstützungskomitee zur EU-Wahl "Pro Europa". ÖVP-Stadtverwaltungen wie etwa jene in Baden, beteiligen sich mit halb- oder viertelseitiger Tourismuswerbung an der Finanzierung des MKV.

Doch massive Kritik kommt - zumindest in der Leserbriefecke - auch aus dem Inneren des Mittelschülerkartellverbands. So wird ein Artikel zur präsidentschaftswahl im letzten Couleur als "peinliches Beispiel für ideologisch motivierte Propaganda" bezeichnet. Es wird beklagt, dass sich der MKV mehr denn je "als reine Vorfeldorganisation der ÖVP" versteht. Der Leserbrief von Thomas Kurz schließt mit einem klaren Statement in Richtung Couleur-Chefredaktion:

"Dass, wie im Editorial behauptet wird, die Motivation nur aus Religion, und nicht aus der Anhängerschaft zu einer Partei kommt, glaubt der Chefredakteur hoffentlich nicht einmal selber. (...) Ich wünsche den Autoren und Redakteuren jedenfalls viel Spaß damit, auf diese Ausgabe stolz zu sein; ich selbst schäme mich dafür."

Anm.: Alle Zitate aus Couleur 3/2004; Zeitschrift des Mittelschüler-Kartell-Verbands