Wer aus dem Schubgefängnis in Salzburg ohne legalen Status raus kommt sucht meist schnell das Weite aus Angst vor einem erneuten Aufgriff und einer Wiederholung der Schubhaft.
Unter erfahrenen Schubhäftlingen gilt das Polizeianhaltezentrum in der Alpenstrasse 90 in Salzburg als einer der hÀrtesten "Schubhäfn" in Österreich. österreich selbst ist unter MigrantInnen für seine Fremdenfeindlichkeit, diskriminierende PolizistInnen und eine rigide Abschiebepraxis berüchtigt.
In der Salzburger Schubhaft werden die Häftlinge ca. 23 Stunden am Tag in den Zellen eingesperrt. Bis zu 8 Menschen müssen so auf engstem Raum, ohne Privatsphäre bis zu 6 Monate verbringen. Eigentlich sollten sie 2 Stunden am Tag im Hof verbringen dürfen, das hängt aber allzu oft schlichtweg von Gnade oder Ungnade der Gefängniswache ab.
Hungerstreik
Die einzige Möglichkeit, sich gegen diese menschenunwürdigen Bedingungen zu wehren, ist in den Hungerstreik zu treten. Olga H. ist 22 Jahre alt und kommt aus der Ukraine. Sie hatte Probleme in ihrer Familie und wurde Opfer einer Vergewaltigung. Im Mai 2003 stellte sie einen Asylantrag. Einige Monate später wurde dieser als negativ eingestuft und zurückgewiesen. Nach fast einem Jahr landet sie in der Salzburger Schubhaft. Da sie auf keinen Fall in die Ukraine zurück will, sah sie sich gezwungen am 27. 07. einen Hungerstreik zu beginnen. Die WachebeamtInnen brachten sie erst nach 5 Tagen zur ärztlichen Kontrolle. Olga hungerte 17 Tage lang bis der Arzt sie für haftunfähig erklärte. In diesem Zustand wurde sie dann einfach vor die Tür gesetzt. über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt.
Seit 28. Mai 2004 sitzt Kestar Eze in der Salzburger Schubhaft. Er wurde verhaftet um seine Abschiebung nach Nigeria vorzubereiten. Dort hatte er jedoch ernste Probleme; er wurde verfolgt und sein Leben wurde bedroht. Daran hat sich nichts geändert und er weiss, dass es im Falle einer Abschiebung nur eine Frage der Zeit sein würde bis ihn seine Verfolger finden und umbringen würden.
Das war allerdings kein Grund für die Republik Österreich seinen Antrag auf Gewährung von Asyl zuzustimmen. Im Gegenteil, alle Hebel wurden in Gang gesetzt um das Heimreisezertifikat für ihn zu bekommen - wie es jetzt aussieht könnte Ende Oktober seine Abschiebung stattfinden. Kestar ist deswegen seit Freitag 8. 10. in Hungerstreik, was für ihn die letzte Chance ist der drohenden Abschiebung zu entrinnen.
Hungerstreik II
Er teilte den Antritt des Hungerstreiks am Freitag der Gefängniswache mit. außerdem bat er darum in eine Zelle verlegt zu werden wo er sich mit anderen Häftlingen unterhalten kann. Es ist also essentiell zumindest mit anderen in der Zelle kommunizieren zu können, wobei die Sprachbarriere da oft ein unüberwindbares Hindernis darstellt.
Seiner Bitte um Verlegung wurde am Freitag sogar noch nachgegeben. Am Samstag verwehrte die Wache Kestar dann den Hofgang und sagte ihm offen ins Gesicht, dass das die Antwort auf seinen Hungerstreik ist. Diese Praxis ist durchaus üblich, hängt aber von der Willkür der BeamtInnen ab. Ganz klar stellt diese maßnahme eine verbotene Disziplinierung dar, aber das scheint niemanden groß zu interessieren.
Isolationshaft
Am Sonntag erschienen dann Beamte um ihn wieder in eine andere Zelle zu verlegen, den polizeilichen Kampfhund hatten sie vorsorglich schon dabei. Damit war er wieder allein und ohne Kontakt zu anderen Häftlingen. Durch diese Art des Kommunikations-Verbots soll verhindert werden, dass eine größere Anzahl Schubhäftlinge auf die Idee kommt aus Protest in den Hungerstreik zu treten.
Montag fragte Kestar dann nach der ärztlichen Kontrolle, die an Hungerstreikenden täglich durchzuführen ist. Der Kontakt mit einem Arzt wurde ihm verwehrt, was das Fass zum überlaufen brachte. Monate der täglichen Schikane und Erniedrigung waren genug und so zersTürte er Dienstag früh die Einrichtung seiner Zelle. Beamte brachten ihn daraufhin zwar zum Arzt, sperrten ihn danach aber (unter dem Vorwand der Selbstgefährdung) in die berüchtigte, videoüberwachte Einzelzelle im Keller des Gefängnis. Seitdem gab es keinen Kontakt mehr zu ihm.
Selbstverstümmelung
Said F. kam am 20. 7. 04 in Schubhaft. für ihn war das bereits das dritte mal.
Die Zustände in der Schubhaft waren für ihn unerträglich. Er fügte sich selbst schwere Schnittwunden zu um aus der Haft entlassen zu werden. Die Polizei brachte ihn daraufhin ins Krankenhaus. Freigelassen wurde er trotzdem nicht, im Gegenteil, als Strafe für seinen Protest wurde er 3 Tage in eine sog. "Korrekturzelle" gesperrt.
Die einengende Gefangenschaft, die unzumutbaren Zustände, der psychische Druck und vor allem die Ungewissheit treiben Menschen immer wieder dazu als letzten Ausweg SelbstverstÃŒmmelung, Hungerstreiks oder Suizidversuche zu sehen. Die Gefängnispolizei reagiert auf diese Form des Protests meist mit Straf- und Disziplinierungsmaßnahmen. Sie verschärft damit die psychische und physische Krise in der sich die Gefangenen befinden.
Quelle:
www.austria.indymedia.org