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[ 01. Jan 2005 ]

Judikatur des Verfassungsgerichtshofs und des UVS

1. Voraussetzungen zur Auflösung von Versammlungen bzw. Umgang mit nicht-angemeldeten Versammlungen (VfSlg.10443/85)
2. Untersagung von Versammlungen (VfSlg. B1801/98)
3. Pflichten der VeranstalterIn (VfSlg. 14869/97)
4. Auflösung von Demonstrationen - Einsatz von Zwangsmitteln bzw. Gewalt seitens der Behörde (VfSlg. 14 761/96) und (VfSlg. 11095/85)
5. Festhalten von Personengruppen und Personendurchsuchungen (UVS)

 

1. Voraussetzungen zur Auflösung von Versammlungen bzw. Umgang mit nicht-angemeldeten Versammlungen


(VfSlg.10443/85)

Eines der wesentlichsten Elemente des Versammlungsrechtes ist das Recht, daß die Versammlung nicht gegen den Willen ihrer Veranstalter aufgelöst wird. für eine behördliche Versammlungsauflösung muß also ein zureichender Grund vorliegen.

Unter welchen (weiteren) Voraussetzungen die Auflösung einer unter Verletzung der Anzeigepflicht veranstalteten Versammlung zulässig ist, welche Umstände also zur Mißachtung des §2 Abs1 VersG hinzutreten müssen, um zur Versammlungsauflösung zu ermächtigen, ist nach den Gegebenheiten des Einzelfalles zu beurteilen.

Das im jeweiligen Fall rechtmäßige Verhalten der Behörde ist vor dem Hintergrund der Versammlungsfreiheit zu beurteilen. Dieses Grundrecht ist in mehreren auf Verfassungsstufe stehenden Rechtsvorschriften verankert, insbesondere durch Art12 StGG, durch Punkt 3 des Beschlusses der Provisorischen Nationalversammlung vom 30. Oktober 1918, StGBl. 3, und durch Art11 MRK.

Zu untersuchen ist, ob die positive Rechtsordnung eine Richtlinie enthält, unter welchen Voraussetzungen die Behörde eine Versammlung auflösen darf. Nach Art11 Abs1 MRK haben alle Menschen das Recht, sich friedlich zu versammeln. Art11 Abs2 dieses völkerrechtlichen Vertrages erlaubt aber den vertragschließenden Staaten, unter bestimmten Voraussetzungen von diesem Grundsatz abzugehen: "Die AusÃŒbung dieser Rechte" (darunter des Versammlungsrechtes) "darf keinen anderen Einschränkungen unterworfen werden als den vom Gesetz vorgesehenen, die in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen und öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral oder des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind." Dieser staatsvertragliche (materielle) Gesetzesvorbehalt, wie er im Art11 Abs2 MRK umschrieben wird, gilt auch im innerstaatlichen Bereich und leitet die Vollzugsorgane an, wann sie einen zureichenden Grund für eine Versammlungsauflösung annehmen dürfen (vgl. hiezu das die Ermächtigung der Behörde, einen Verein aufzulösen, betreffende Erk. VfSlg. 8090/1977).

Die Umstände, die zur Verletzung der Anzeigepflicht hinzuzutreten haben, um eine Versammlungsauflösung zu rechtfertigen, müssen also so geartet sein, daß ohne diese maßnahme eines der in der zitierten Konventionsnorm aufgezählten SchutzgÃŒter gefährdet wäre.

Ob solche Umstände vorliegen, hat das Behördenorgan nach dem Bild zu beurteilen, das sich ihm an Ort und Stelle bietet. Dies muß der Veranstalter, der seiner Anzeigepflicht nicht nachgekommen ist, gegen sich gelten lassen; er hat in Kauf zu nehmen, daß kein eigentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt werden kann und daß es der Behörde in der Regel auch nicht mehr möglich sein wird, allenfalls erforderliche, den ungehinderten Ablauf der Versammlung sichernde Vorkehrungen zu treffen, etwa solche, die dem Schutz der Versammlung vor Gegendemonstrationen oder der Umleitung des Strassenverkehrs dienen (vgl. hiezu das Erk. VfSlg. 9103/1981, in dem die Angabe der Aufmarschroute in der Versammlungsanzeige als essentiell behandelt wurde, dies offenkundig deshalb, weil die Kenntnis dieses Weges aus den soeben erwähnten Gründen für erforderlich erachtet wurde).


2. Untersagung von Versammlungen


(VfSlg. B1801/98)

gemäß §6 VersG sind Versammlungen, deren Zweck den Strafgesetzen zuwiderläuft oder deren Abhaltung die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet, von der Behörde (§16 VersG) - bescheidmäßig - zu untersagen.

Die Behörde ist hiezu jedoch nur dann ermächtigt, wenn dies aus einem der im Art11 Abs2 EMRK genannten Gründe notwendig ist. Die Behörde hat, wenn sie eine Untersagung der Versammlung in Betracht zieht, die Interessen des Veranstalters an der Abhaltung der Versammlung in der geplanten Form gegen die im Art11 Abs2 EMRK aufgezählten öffentlichen Interessen am Unterbleiben der Versammlung abzuwÀgen (vgl. VfSlg. 10443/1985, 12257/1990). Die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Untersagung der Versammlung vorliegen, ist in einer sogenannten "Prognoseentscheidung" zu lösen. Die Behörde hat nämlich aufgrund konkret festgestellter, objektiv erfaßbarer Umstände zu prognostizieren, ob und weshalb bei Abhaltung der Versammlung etwa die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet werden (vgl. z.B. VfSlg. 5087/1965, 6530/1971, 6850/1972, 8610/1979, 11832/1988, 12155/1989, 12257/1990). ...

c) Die Einschätzung der Behörde, die Versammlungsanzeige habe den geplanten Versammlungsort derart unscharf angegeben, daß - für den Fall der Nichtuntersagung - die Versammlung zur selben Zeit und am selben Ort wie das "EU-Fest" hätte stattfinden können, war ebenso zutreffend, wie die daraus implizit gezogene Schlußfolgerung, daß in diesem Fall mit Grund eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und des öffentlichen Wohles zu befürchten gewesen wäre.

Die Behörde war nicht berechtigt, von sich aus die Versammlungsanzeige zu ändern, zu modifizieren oder zu konkretisieren. Sie hatte die Versammlung - wie sie angezeigt wurde - entweder zur GÀnze zu untersagen oder zur GÀnze nicht zu untersagen. Wenn die Behörde meinte, auch nur eine der Modalitäten der beabsichtigten Versammlung (etwa der Kundgebungsort) sei derart, daß eines der im Art11 Abs2 EMRK aufgezählten SchutzgÃŒter gefährdet würde, hatte sie die Versammlung zu untersagen; hätte sie die Untersagung unterlassen, so wäre die Versammlung in der angezeigten Form erlaubt gewesen.

Sieht sich die Behörde veranlaßt, nur wegen eines einzelnen bestimmten Umstandes die Untersagung auszusprechen, so hat sie zuvor den Veranstalter darauf aufmerksam zu machen und ihm die Änderung der Versammlungsanzeige nahezulegen (VfSlg. 9103/1981).

3. Pflichten der VeranstalterIn


(VfSlg. 14869/97)

Aus §11 VersG 1953 ergibt sich die (unter Verwaltungsstrafsanktion stehende) - primär den Leiter der Versammlung treffende - Pflicht, für die Wahrung des Gesetzes und für die Aufrechterhaltung der Ordnung in einer Versammlung zu sorgen; dies auch dann, wenn es sich - wie hier - um eine allgemein zugängliche, unter freiem Himmel stattfindende Versammlung handelt. Als zur Leitung und Ordnung der Versammlung berufene Person gilt bis zu einem allfÀlligen anderslautenden Beschluß der Versammelten der Versammlungsveranstalter (ist dieser eine juristische Person: deren verantwortliches Organ). Wenn er es zur Erfüllung der geschilderten Aufgaben für erforderlich hält, hat er ausreichend Ordner zu bestellen, die ihn bei Erfüllung seiner Aufgaben unterstützen.

Diese Regelung liegt auch im Interesse der Versammlungsfreiheit. Solange nämlich der Leiter und die Ordner ihren Aufgaben nachkommen, bleibt die Wahrung des Gesetzes und die Aufrechterhaltung der Ordnung im autonomen Bereich des Versammlungsveranstalters.

...

Der Veranstalter und Leiter einer Versammlung hat die Pflicht, alle zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um deren legalen Verlauf zu sichern. Er hat sich ernsthaft darum zu bemühen, daß die Versammlung gesetzmäßig abläuft und daß Rechte und Freiheiten von Personen, die nicht an der Versammlung teilnehmen, möglichst wenig beeinträchtigt werden, daß also die Versammlungsfreiheit nicht zu Lasten Dritter mißbraucht wird.

Nur wenn sich der Leiter der Versammlung - ungeachtet sinnvoller und zumutbarer Bemühungen - gegenüber den Teilnehmern der Versammlung nicht durchsetzen kann, ist er verhalten, behördliche Assistenz anzufordern oder selbst die Versammlung aufzulösen (s. §13 VersG 1953).


4. Auflösung von Demonstrationen - Einsatz von Zwangsmitteln bzw. Gewalt seitens der Behörde


(VfSlg. 14 761/96)

In Beurteilung der hiebei erfolgten - grundsätzlich als gerechtfertigt angesehenen - Anwendung von Zwangsmitteln kam die belangte Behörde zum Schluß, der Einsatz von körperkraft im Zuge eines sicherheitsbehördlichen Einschreitens sei zwar gesetzlich nicht geregelt, doch müsse in Analogie der tragenden Prinzipien des Waffengebrauchsgesetzes und des Sicherheitspolizeigesetzes, insbesondere der §§4 bis 6 des zuerst genannten sowie §29 des zweitgenannten Gesetzes, das verhältnismäßigkeitsprinzip herangezogen werden. Erlaubt sei in concreto, wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 12501/1990 ausgeführt habe, die "jeweils gelindeste noch zum Ziel führende polizeiliche maßnahme". In diesem Sinne sei die Vorgangsweise der Beamten bei der Festnahme der Beschwerdeführerin nicht überschießend gewesen, habe es diese doch selbst zu vertreten, "daß sie infolge ihrer konsequenten Weigerung schließlich im Kollektiv vom Versammlungsort entfernt und damit mehr geschleift als getragen bzw. bloß beim Gehen gestützt werden mußte, sodaß die Ränder der BetonrÃŒhren (an die sie sich mit vier anderen Aktivisten gekettet hatte) schmerzhaft gegen ihre Oberarme drückten". Zudem hätten die Beamten besonders sorgfältig darauf geachtet, ihr nicht die Arme zu brechen. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung erstmals vorgebrachte Behauptungen über Mißhandlungen seien jedoch offenkundig verspätet.

(VfSlg. 11095/85)

Das Versetzen von Fußtritten (vgl. hiezu auch VfSlg. 10250/1984) stellt unter den gegebenen Umständen eine die Menschenwürde beeinträchtigende grübliche Mißachtung des Betroffenen als Person dar, welche iS der ständigen Rechtsprechung des VfGH (s. VfSlg. 8146/1977, 8296/1978) einen Verstoß gegen Art3 MRK beinhaltet.

c) Der Bf. hat sich nach seinem eigenen Vorbringen den behördlichen Anordnungen beharrlich widersetzt, indem er sich auf den Boden setzte und nicht wegging. Dieses Verhalten des Bf. zeigt deutlich, daß es für die Beamten sehr schwierig war, die Auflösung der Versammlung durchzusetzen. Angesichts des nachhaltigen (passiven) Widerstandes des Bf. (und offensichtlich vieler anderer Versammlungsteilnehmer) war die Anwendung von körperkraft in der Form des Hinabdrängens vom Damm schon von der Intention her auf den Zweck der Amtshandlung (Auflösung der Versammlung ), nicht aber gegen die Menschenwürde gerichtet.

In Anbetracht der gesamten Situation und der beharrlichen Haltung einer großen Anzahl von Manifestanten, der sich die Beamten gegenüber sahen, kann auch nicht in Abrede gestellt werden, daß die Vorgangsweise der Beamten an sich maßhaltend war, um so die Befolgung der behördlichen Anordnung zu erreichen. Dem Verhalten der Beamten lag hiebei - worauf wiederholend hinzuweisen ist - der Zweck der Amtshandlung, nicht aber eine die Menschenwürde beeinträchtigende grübliche Mißachtung der Versammlungsteilnehmer zugrunde (vgl. hiezu die ständige Rechtsprechung des VfGH zu Art3 MRK im allgemeinen, zB VfSlg. 9385/1982, S 318 und die dort angeführte Vorjudikatur, sowie im gegebenen Zusammenhang insbesondere die ähnlichen ErwÀgungen über das Ziehen an den Haaren sowie heftiges Schieben und Stoßen bei beengter räumlicher Situation und passivem Widerstand des Bf. in VfSlg. 8580/1979, S 446).

Eine solche Vorgangsweise verstät jedoch, wie der VfGH bereits in seinem Erk. vom 16. Oktober 1986, B91/85 zum Ausdruck gebracht hat, angesichts der damals gegebenen Situation nicht gegen Art3 MRK. Übrigens hat der Bf. sein Vorbringen in der Beschwerde, er sei "schwungvoll" den Damm hinuntergeworfen worden, bei seiner Aussage als Partei nicht bestätigt.

Im übrigen war die Anwendung von körperkraft zwecks Auflösung der Versammlung durch Organe der bel. Beh. in Form des Hinunterdrängens bzw. Hinunterstoßens vom Damm auch sonst gerechtfertigt. Bei der bereits oben dargestellten spezifischen Situation (beharrlicher passiver Widerstand einer großen Anzahl von Personen, relativ schmaler Damm) ist nicht erkennbar, daß ein durch die behördliche maßnahme allenfalls eintretender Schaden offensichtlich außer verhältnis zum Zweck der Amtshandlung stand. Angesichts der ÃŒrtlichen Gegebenheiten sowie des Umstandes, daß die Anzahl der Versammlungsteilnehmer im Vergleich zu jener der eingesetzten Beamten es offenkundig nicht ermöglicht hätte, die passiv Widerstand leistenden - und sogleich wieder an den Versammlungsort zurückkehrenden - Personen jeweils über eine weitere Strecke wegzutragen, ist auch nicht erkennbar, daß die Auflösung der Versammlung durch ungefährlichere maßnahmen durchzusetzen gewesen wäre.

5. Es ist daher auszusprechen, daß der Bf. durch die ihm versetzten Fußtritte im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, verletzt wurde (s. hiezu oben unter Punkt 4. b) und daß der Bf. durch das inkriminierte Hinunterwerfen über die BÃŒschung weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde (s. hiezu oben unter Punkt 4. c) und die Beschwerde insoweit abzuweisen.

5. Festhalten von Personengruppen und Personendurchsuchungen


VwSen-420149/25/Gf/Km VwSen-420150/25/Gf/Km VwSen-420152/26/Gf/Km VwSen-420153/25/Gf/Km VwSen-420155/25/Gf/Km VwSen-420142/36/Gf/Km VwSen-420143/26/Gf/Km VwSen-420144/27/Gf/Km VwSen-420145/24/Gf/Km VwSen-420146/25/Gf/Km VwSen-420147/26/Gf/Km

Der Bescheid im Originalwortlaut ist über http://www.ooe.gv.at/uvs abzurufen. Im folgenden findet ihr eine gekürzte Zusammenfassung aus dem TATblatt +85, Oktober 1997:

In dem Erkenntnis des UVS vom 1. Oktober wird der Polizeieinsatz in Offenhausen (verantwortliche Behörde: Bezirkshauptmannschaft Wels-Land) als rechtswidrig erklärt und die Beschwerden bezüglich Wels (verantwortliche Behörde: Bundespolizeidirektion Wels) abgewiesen. Zu den Vorkommnissen in Offenhausen folgt Dr. Grof vollinhaltlich der Sachverhaltsdarstellung der BeschwerdeführerInnen, welche durch Videodokumentationen und einer vorgelegten Tonbandaufnahme eindeutig belegt wurde. Auch bei der rechtlichen Beurteilung der Personendurchsuchung stimmt Dr. Grof mit der Beschwerde überein. Eine solche Durchsuchung wäre nur bei einer Veranstaltung möglich gewesen, nicht jedoch bei einer Versammlung. In dem Erkenntnis wird festgestellt, daß in Offenhausen eindeutig eine Versammlung stattfand - "im vorliegenden Fall war der Wille sämtlicher Versammlungsteilnehmer von vornherein darauf ausgerichtet, lautstark eine politische Meinung kundzutun". Daher waren sicherheitspolizeiliche Befugnisse nicht gegeben. Die auf das Sicherheitspolizeigesetz (SPG) gestützte Personendurchsuchung ist nur im Rahmen einer Veranstaltung möglich. Eine Veranstaltung liegt vor, wenn "gesamtbildhaft betrachtet die passive Komponente bei der Mehrheit der Teilnehmer" überwiegt. Das sicherheitsbehördliche Vorgehen zeigte "insgesamt besehen die unverkennbare Tendenz, diese Demonstration gleichsam in eine Veranstaltung (z.B. einem Maiaufmarsch vergleichbar) "umzufunktionieren", indem die Versammlungsteilnehmer auf allen Seiten von Sicherheitskräften umgeben begleitet wurden und es somit infolge dieser scharfen Abgrenzung im Ergebnis zumindest zu keiner zufÀlligen Vermischung zwischen Versammlungsteilnehmern und Zuschauern kam". Trotz dieses Vorgehens der Behörden lag objektiv gesehen immer noch eine Versammlung vor, weshalb die Personendurchsuchungen nicht auf das SPG gestützt werden könnten.

Das Versammlungsgesetz untersagt zwar die Teilnahme von Bewaffneten an Versammlungen. Als Konsequenz sieht das Versammlungsgesetz jedoch nur die Verhängung einer Verwaltungsstrafe bzw. die Untersagung und/oder Auflösung einer Versammlung vor - "eine Personendurchsuchung ist hingegen im Versammlungsgesetz selbst nicht vorgesehen". Das auf Verfassungsebene stehende Versammlungsgesetz (VersG) unterliegt nur solchen Einschränkungen, die im VersG selbst vorgesehen sind. Daher wäre eine Heranziehung des Waffengesetzes (welche eine Durchsuchung von Kleidern von Personen aufgrund eines konkreten Verdachtes ermöglicht) nicht zulässig. Selbst bei einer angenommenen Anwendbarkeit des Waffengesetzes Wären im Fall Offenhausen die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben. "Allein deshalb, weil einen Monat vor der Kundgebung von unbekannten Tätern am sog. "Dichterstein" in Offenhausen eine Sachbeschädigung begangen und in der Folge ein entsprechendes Bekennerschreiben in einer linksgerichteten Zeitschrift veröffentlicht sowie darin gleichzeitig zur Teilnahme an der Demonstration aufgerufen wurde", kann von dringenden Verdacht nicht die Rede sein. Gerade durch die Art der Durchsuchung erfolgte "vielmehr eine pauschale Kriminalisierung aller Versammlungsteilnehmer, die dem Geist des Versammlungsgesetzes diametral zuwiderläuft".

Da das VersG eine Personendurchsuchung nicht vorsieht, war die von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vorgenommene Personendurchsuchung "sohin schon dem Grunde nach, damit aber auch in allen ihren Auswirkungen - wie z.B. Verbleiben im überhitzten Bus, Entleerung der Kleidungstaschen und sonstigen Behältnisse, Verschluß bestimmter Gegenstände im Kofferraum, Ausziehen der Schuhe - rechtswidrig". "Sämtliche Beschwerdeführer wurden daher durch diese gesetzlich nicht gedeckte maßnahme in ihrem verfassungsmäßigen Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt."

In Bezug auf das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit unterscheidet der UVS zwischen den Versammlungen in Offenhausen und Wels. In Wels sahen sich die Behörden einer Situation gegenüber, daß rechte Gruppen die Demonstration sTüren bzw. angreifen wollten. Der Vertreter der Bundespolizeidirektion (BPD) Wels brachte vor, daß schon vor der Versammlung rechte Jugendliche beobachtet wurden. "Es kann daher der BPD Wels unter dem Gesichtspunkt der verhältnismäßigkeit nicht entgegengetreten werden, wenn es zum Schutz der öffentlichen Interessen als erforderlich erachtete, die ca. 350 Versammlungsteilnehmer zunächst auf dem Parkplatz gegenüber dem Alten Schlachthof lokal abzuschirmen und sodann auf allen Seiten von Sicherheitskräften umgeben zu begleiten und dabei keinen selbständigen Wechsel in das oder aus dem Geviert, sondern einen solchen nur nach Rücksprache mit dem Einsatzleiter gestattete." Dr. Grof folgte in einem entscheidenden Punkt der Sachverhaltsdarstellung der BPD Wels, daß nämlich ein Verlassen des Parkplatzes nach Rücksprache mit dem Einsatzleiter möglich war. Die BeschwerdeführerInnen konnten keine Video- oder Tonbandaufnahmen von der vollständigen Zernierung am Parkplatz vorlegen. Auch blieb der Einwand der BeschwerdeführerInnen unbeRücksichtigt, daß es auch gelindere Mittel gegeben hätte, die DemonstrantInnen von der Gefahr rechter Gegenaktionen zu informieren. Eine Lautsprecherdurchsage wäre wohl dafür sinnvoller gewesen als daß der Einsatzleiter persönlich alle Personen, die den Platz verlassen wollen, über die Situation informiert.

In Offenhausen gab es keine Anzeichen für eine STürung der Versammlung durch Andersgesinnte. Aus dem Blickwinkel der verhältnismäßigkeit war es daher "nicht geboten, die Versammlungsteilnehmer zunächst auf dem Parkplatz neben dem Sportplatz abzuschirmen und dann den Demonstrationszug zum Hauptplatz auf allen Seiten zu umringen, sodaß dadurch Kontakte zu den aussenstehenden, wie sie dem Wesen einer Kundgebung entsprechen, unterbunden oder zumindest erschwert wurden". In Verbindung mit der Art der DurchFührung, die "vereinzelt die Menschenwürde grob beeinträchtigende Züge annahm", ergab sich "letztlich ein die einzelnen Versammlungsteilnehmer, aber auch die gesamte Kundgebung als solche geradezu kriminalisierender Effekt, weil für den objektiven Betrachter unter solchen Umständen von einer "friedlichen Versammlung" nicht mehr die Rede sein konnte". Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land handelte daher rechtswidrig und verletzte die BeschwerdeführerInnen in ihrem verfassungsmäßig gewährleisteten Recht auf Versammlungsfreiheit.

Im Erkenntnis des UVS findet sich keine Begründung für die Abweisung der anderen Beschwerdepunkte. Unverständlich ist das insbesondere bei der in der Beschwerde vorgebrachten Verletzung des Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens, da beim Sachverhalt selbst, die Durchsuchungen in Offenhausen, der UVS den BeschwerdeführerInnen vollinhaltlich Recht gibt. Nur bei dieser Grundrechtsverletzung hätten die BeschwerdeführerInnen im übrigen die Möglichkeit, eine Klage auf Schadenersatz einzubringen.

Gegen das Erkenntnis des UVS ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Beide Seiten haben die Möglichkeit binnen sechs Wochen eine Beschwerde gegen das Erkenntnis an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.