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[ 07. May 2005 ]

Kurdische Bootsflüchtlinge auf Santorini eingesperrt

Der Flüchtlingsrat Hamburg erfuhr zufällig von 22 kurdischen Bootsflüchtlingen, die sie seit 13. April ohne Licht auf der griechischen Insel eingesperrt sind und ohne Möglichkeit einer Asylantragstellung abgeschoben werden sollen.

 

Während eines einwöchigen Aufenthalts auf der griechischen Urlaubsinsel Santorini erfuhren zwei Mitglieder des Hamburger Flüchtlingsrates von Einheimischen, dass am 13. April 2005 eine Segelyacht mit 23 Kurden an Bord die Insel erreicht hatte. Das Schiff war zwei Tage lang antriebslos vor der Küste getrieben, bevor drei der Flüchtlinge mit einem Schlauchboot Hilfe holten, weil es weder Wasser noch Essen an Bord gab und der Kapitän nicht wie versprochen zurückkehrte.

Uns fiel auf, dass viele Inselbewohner von den Flüchtlingen wussten, aber mit Ausnahme des Roten Kreuzes und der zuständigen Stellen in der Gemeinde niemand Kontakt zu den Flüchtlingen aufnahm. Diese waren mit der Segelyacht von der Hafenpolizei an Land geschleppt worden, um dann sofort festgenommen zu werden. Dieses Vorgehen wird in der griechischen Presse als der neueste "Trick" im Umgang mit Boat-People bezeichnet (Eleftherotypia, 3.5.05). Die Polizei arrestiert die Flüchtlinge sofort nach der Ankunft in Griechenland wegen illegaler Einreise und bereitet ihre Abschiebung vor, bevor sie die Möglichkeit haben, einen Asylantrag zu stellen.

Zu unserem großen Erstaunen erfuhren wir, dass drei MitarbeiterInnen des Nationalen Flüchtlingsrates aus Athen nach Santorini gekommen waren, diese die Flüchtlinge aber nicht beraten oder ihnen juristischen Beistand vermittelt hatten. Stattdessen informierten sie die Kurden, wie nun mit ihnen verfahren werde und beobachteten nach eigenen Angaben, ob die Behörden weisungsgemäß mit den Flüchtlingen umgingen. Auch das Einsperren der 22 Männer in einem provisorischen Gefängnis verteidigte die zuständige Mitarbeiterin mit Hinweis auf die Möglichkeit, die Flüchtlinge könnten Kriminelle sein, und hob die gute Qualität der Unterbringung im Vergleich zu anderen Lagern in Griechenland hervor.

Als wir die Kurden besuchten, waren sie bereits 18 Tage in einem gerade fertiggestellten Haus eingesperrt. Alle Fensterläden waren durchgehend verrammelt, so dass kein Tageslicht ins Haus kam. Die 22 Männer schliefen in zwei Schlafräumen, in denen es nichts als Matratzen auf dem Boden gab. Die sanitären Anlagen wurden als unzureichend und teilweise nicht funktionierend beschrieben. Als Aufenthaltsraum diente ein großer Raum, in den nach Tagen ein Fernseher gestellt wurde. Die Flüchtlinge durften das Haus nur verlassen, als der Flüchtlingsrat zu Besuch war und beklagten sich auch über das Essen: täglich Reis und Fleisch, u.a. Schwein. Drei von ihnen waren krank und brauchten medizinische Versorgung. Zwar erschienen Ärzte, am folgenden Tag verweigerte jedoch die Polizei die Weitergabe der verschriebenen Medikamente.

Uns ist bewusst, dass Griechenland nicht nur ein Einreiseland, sondern für Flüchtlinge auch ein wichtiges Transitland auf den Weg in das übrige Europa ist. Umso wichtiger ist es, dass die dort lebendig ankommenden Flüchtlinge parteilich beraten und über ihre Rechte informiert werden. Flüchtlingsräte sind europaweit gegründet worden, um dies zu gewährleisten. Umso mehr hat uns die Praxis des Nationalen Flüchtlingsratens Griechenland, so wie wir sie am Beispiel der Kurden in Santorini mitbekommen haben, erschÃŒttert. Falls dieses Vorgehen die allgemeine Praxis des griechischen Flüchtringsrates ist, wäre es für die Flüchtlinge sinnvoller, wenn die Organisation die Beratung der Flüchtlinge Gruppen überlässt, die sich tatsächlich für deren Rechte einsetzen und sie nicht als möglich Kriminelle betrachten.

Wir hätten erwartet, dass der Flüchtlingsrat die Forderung der 22 Kurden auf Santorini ernstnimmt und sich für ihre Umsetzung einsetzt.

Diese Forderungen sind:

Umgehend ihre Asylanträge stellen zu können.

Frische Luft und Tageslicht und nicht eingesperrt zu sein.

Informationen über den 23. zu bekommen, der am Tag der Ankunft festgenommen wurde.

Ärztliche Versorgung der drei Männer mit gesundheitlichen Problemen.

Egal wie massiv die EU ihre Grenzen verrammelt, Flüchtlinge werden solange kommen, wie es Krieg, Unterdrückung und Ungerechtigkeit gibt. Wir innerhalb dieser abgeschotteten Grenzen müssen uns entscheiden, ob wir auf der Seite des Menschenrechts oder des Polizeirechts stehen.

Presseaussendung von Flüchtlingsrat Hamburg und Kein Mensch ist illegal