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[ 08. Jul 2005 ]

Abschiebung aus Psychiatrie im Kreis Segeberg

Die Polizei holte Murat Savas trotz ärztlicher Bedenken aus dem psychatrischen Krankenhaus Rickling ab, wo er sich zur Therapie in stationärer Behandlung befand. Bereits zum zweiten Mal binnen kürzester Zeit schiebt die örtliche Ausländerbehörde psychisch kranke Menschen in die Türkei ab.

 

In der Nacht vom 27. auf den 28. Juni holte ein Greiftrupp der Segeberger Ausländerbehörde den nach Folter in Türkischer Haft schwer traumatisierten Kurden Murat Savas aus der Ricklinger Psychiatrie, wo er sich zur Therapie in stationärer Behandlung befunden hatte. Er wurde trotz ärztlicher Bedenken zum Flughafen Düsseldorf gebracht, von wo er am nächsten Morgen um 8.40 Uhr im Rahmen einer Charter-Abschiebung in die Türkei deportiert wurde. Im gleichen Flugzeug befanden sich abgewiesene AsylbewerberInnen aus dem ganzen Bundesgebiet, die ebenfalls abgeschoben wurden.

Murat Savas lebte schon seit 1990 in Deutschland, seine Ehefrau Nurten folgte ihm vor ca. 6 Jahren. Seine Kinder Nurullah und Rojhat sind in Deutschland geboren. Trotz allem war Savas Asylantrag war abgelehnt worden.

Die fachärztlich attestierte schwere posttraumatische Belastungsstörung hatte weder asylentscheidende Behörden und Gerichte noch die Härtefallkommission überzeugen und schon gar nicht die zuständige Ausländerbehörde erweichen können, ihren rechtlichen Spielraum für die Aufenthaltsverlängerung aus humanitären Gründen zu nutzen. Im Gegenteil: Bereits am 20. Juni versuchte die Ausländerbehörde Murat Savas in Abschiebungshaft zu nehmen, scheiterte jedoch, da der Haftrichter und der beigezogener Amtsarzt den offensichtlich schwer kranken Mann als haftunfähig beurteilten.

Auf die nun durchgeführte Abschiebung folgten heftige Proteste vom leitenden Chefarzt Dr. Hans-Joachim Schwarz. "Ich habe nicht damit gerechnet, daß die Abschiebung zu diesem Zeitpunkt tatsächlich durchgeführt wird. Wir haben klar gemacht, daß der Mann in stationärer Behandlung bleiben sollte; wir wollten uns nicht an maßnahmen der Abschiebung beteiligen", wird er im Hamburger Abendblatt zitiert.

Murat Savas befand sich vier Jahre in Vollbeschäftigung bei einer Verpackungsfirma in Lentfürden. Die Weiterbeschäftigung scheiterte im Juni 2004 nach Aussage der Rendsburger Diakonie, weil die Ausländerbehörde den Entzug der Arbeitserlaubnis erwirkte und die Familie in Folge dessen wieder in abhängigkeit der öffentlichen Hand geriet.

Ähnlich wie Murat Savas ging es am 25. Mai diesen Jahres auch der Familie Özdemir in Norderstedt. Um das Abschiebe-Flugzeug in Düsseldorf rechtzeitig zu erreichen, wurde die Familie nachts mit Hilfe der Polizei aus den Betten geholt.

Unter Einsatz der örtlicher Polizei und dem SEK kam es zu einer Abschiebung die in einem Fiasko endete: die in Folge von in der Türkei erlittener polizeilicher Gewalt schwer traumatisierte Mutter wurde mit nur einem Teil ihrer Kinder nach Istanbul abgeschoben. Der suizidale, ebenfalls traumatisierte Vater, kam unterdessen in Abschiebungshaft. Die Familie wurde durch die Behörden auseinander gerissen, der 16-jährige Sohn Hadin Özdemir, der rechtzeitig vor den Abschiebe-Beamten flüchten konnte, war in der Folge auf sich allein gestellt. Bereits dieser Fall sorgte für großes mediales Aufsehen, führte aber nicht zu einer Änderung der Abschiebepraxis Segeberger Ausländerbehörde.

Quellen:
Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V.
Hamburger Abendblatt