Nach dem Tod von Yankuba Ceesay im Polizei - Anhaltezentrum in Linz am 4. Oktober 2005 wird die Polizei massiv kritisiert. Laut Obduktion soll er an einer "Verkettung unglücklicher Umstände" gestorben sein.
Am Samstag, 15. Oktober 2005, wird in Linz eine Demonstration zum Tod von Yankuba Ceesay stattfinden. Treffpunkt 13 Uhr, Schillerpark.
Nach Angaben der Sprecherin der Plattform Zivilcourage Gülcan Gigl gibt es Hinweise, dass zwei der vier Sicherungszellen im Linzer Polizei-Anhaltezentrum (PAZ) mit einem speziellen Heizsystem ausgestattet seien, um eine Raumtemperatur von bis zu 45 Grad Celsius zu erreichen.
Bestätigt werden diese Angaben auch von einem Linzer Arzt, der ungenannt bleiben möchte. Der Mediziner - ein ausgebildeter Notarzt - wurde vor zwei Jahren wegen gefährlicher Drohung verhaftet. Als die BeamtInnen die Türe der Sicherungszelle geöffnet hätten, sei unmittelbar dahinter ein "bewusstloser Schwarzafrikaner" gelegen, gab der Arzt im Gespräch mit dem Standard an. "Den haben sie dann herausgezerrt und mich in die völlig überhitzte Zelle gesperrt. Es war so heiß, dass ich mich nackt ausziehen musste und mir aufgrund einer fehlenden Wasserleitung permanent das Wasser aus dem Klo zur Abkühlung über den Kopf goss. Ich hatte Angst um mein Leben", so der Arzt.
Nach diesen Vorfällen erstattete der Arzt eine Anzeige, aus Mangel an Beweisen wurde das Verfahren aber eingestellt. Das Gericht stützte sich damals auf ein Gutachten über das Heizsystem der Zelle. "45 Grad in einer Zelle wurden als normal empfunden", kritisiert der Arzt.
Die Parallelen zum Tod von Yankuba Ceesay sind nachvollziehbar: "Der Mann war durch den Hungerstreik völlig entkräftet, da kann sich ein Hitzeschock fatal auswirken", so der Arzt. Er habe seinen Verdacht bereits beim Innenministerium gemeldet. "Freitagfrüh waren Beamte für eine Einvernahme bei mir", so der Arzt.
Die Linzer Polizei dementiert die Vorwürfe vehement: "Das sind doch alles völlig haltlose Unterstellungen. Gefoltert wird vielleicht in Gambia, sicher nicht in Linz", wehrt sich Erwin Fuchs von der Präsidialabteilung der Bundespolizei Linz.
"Natürlich haben wir aus Sicherheitsgründen eine Fußbodenheizung in den Zellen. Aber nur zum Heizen - wir wollen ja nicht, dass sich wer verkühlt", so der zynische Kommentar von Fuchs.
Im Innenausschuss des Nationalrats kamen am Dienstag, 11.10., neue Details zutage. Erich Buxbaum, Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit, berichtete, dass der Amtsarzt bereits "Austrocknungen" bei Yankuba Ceesay festgestellt und Zweifel an der Hafttauglichkeit des Mannes geäußert habe. Dennoch habe die Anstaltsleitung später beschlossen, den Mann in eine Isolierzelle zu stecken, berichtete der Abgeordnete der Grünen Peter Pilz empört.
Peter Pilz: "Wäre der Mann in eine ganz normale Zelle gekommen, hätte der Nachbar sofort feststellen können, dass da etwas nicht stimmt. Möglicherweise war also die Isolierzelle sein Todesurteil." Außerdem ist der Politiker überzeugt, dass die Unterbringung in der Isolierzelle "illegal" war. Buxbaum hingegen habe die Praxis verteidigt. Pilz findet das "skandalös" - und erregt sich auch über die Vorgangsweise der Innenministerin: "Liese Prokop hat im Innenausschuss aus dem Vorstrafenregister des Verstorbenen zitiert." Damit versuche man noch im Nachhinein, den Mann herabzuwürdigen.
Am Mittwoch, 12.10., bekräftigte die Linzer Polizei dass der Tod von Yankuba Cessay nichts mit einer überhitzten Zelle zu tun gehabt habe. Am 4. Oktober, als der Mann aus Gambia in Einzelhaft verstorben war, sei die Heizung gar nicht in Betrieb gewesen.
In der Vergangenheit gab es anscheinend immer wieder Beschwerden über die Zellentemperatur. "Bei uns sind vier Telefonate eingegangen, in denen ehemalige Schubhäftlinge von zu heißen Zellen berichteten", berichtete Gülcan Gigl von der Plattform Zivilcourage.
Ein Anwalt wurde nun von verschiedenen NGO's eingestellt, um die Rechtmäßigkeit der Schubhaft zu prüfen. "Man hat Yankuba eingesperrt, weil man seine Identität nicht kannte. Uns ist es gelungen, innerhalb von 24 Stunden seinen Bruder in Hamburg ausfindig zu machen", so Gigl.
Eine schwer zu durchleuchtende Rolle spielt auch in diesem Fall der Verein Menschenrechte Österreich, der vom Innenministerium zur Betreuung von Schubhäftlingen eingesetzt wurde. Nach Angaben des Vereins wurde Yankuba Ceesay gut betreut, die Plattform Zivilcourage kritisiert jedoch die fehlende psychologische Betreuung.
Am Donnerstag, 13.10.2005, spricht die Staatsanwaltschaft Linz nun nach der vorerst mündlich übermittelten Obduktion von einer "Verkettung unglücklicher Umstände". Der Blutfarbstoff von Yankuba Ceesay soll eine erbbedingte Anomalie aufgewiesen haben, die zu seinem Tod in der "Sicherungszelle" des Linzer PAZ geführt habe.
Im Zusammenwirken mit Flüssigkeits- und Kalorienmangel habe die so genannte Sichelzellenanämie zu einer Verklumpung des Blutes und schließlich zu Herz-Kreislauf-Versagen geführt, berichtet der Sprecher der Staatsanwaltschaft Linz, Dietmar Gutmayer.
Laut dem Gerichtsmediziner Johann Haberl dürfte Yankuba Ceesay bereits vor dem 28. September, als er in den Hungerstreik trat, sehr wenig Nahrung zu sich genommen haben. Staatsanwalt Gutmayer sagte, es sei unter anderem zu klären, ob der Schubhäftling zu Recht von einer Untersuchung im Allgemeinen Krankenhaus Linz ins Anhaltezentrum zurückgebracht wurde.
Quellen:
Plattform Zivilcourage
standard.at