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[ 15. Dec 2005 ]

Wessen Objektivitaet?

Replik der IG BILDENDE KUNST auf die Stellungnahme von ORF Programmchef Franz Grabner zur Nichtausstrahlung von 'Artikel 7 - Unser Recht!'.

 

Sehr geehrter Herr Grabner,

ich habe Ihren Textbaustein betreffend Verschwinden von "Artikel 7 - unser Recht!" aus dem ORF-Fernsehprogramm erhalten. Dass der ORF den Film über das Film-Fernsehabkommen mitfinanziert hat, ist mir bekannt, wie Sie aus meinem Email vom 25.11.2005 entnehmen können.

ORF-Gebühren für Kinofilme, die exklusiv im Kino laufen?


Gerade dann, wenn sich der ORF an der Finanzierung von Filmen beteiligt, muss es im Interesse des ORF sein, diese Filme auch im Programm zu berücksichtigen. Insbesondere aus der Sicht der ORF-GebührenzahlerInnen ist eine Nicht-Ausstrahlung von Filmen, die u.a. aus Programmentgelten finanziert wurden, nicht einzusehen. Der Verweis auf das Kino ist müßig. Warum bittet der ORF seine GebührenzahlerInnen doppelt zur Kasse?

Wessen Objektivität?


Die Behauptung, dass "Artikel 7 - unser Recht!" in einigen Aspekten dem Rundfunkgesetz hinsichtlich der ORF-Verpflichtung zu Objektivität widerspricht, ist nicht nahvollziehbar. Nach welchen Kriterien legt der ORF welche Objektivitätsmaßstäbe - insbesondere an einzelnen Filmen - an? Wer im ORF stellt zu welchen Anlässen Objektivitätsbefunde aus?

Gerade in einem Jahr, in dem der ORF als Partner in dem vom Bundeskanzleramt veranstalteten "Jubiläumsjahr 2005" auftritt und umfangreiche Sendezeiten den (Regierungs-)Feierlichkeiten zum 50jährigen Jubiläum des Staatsvertrages widmet, ist die Sendung eines Filmes, der die Nicht-Erfüllung des Staatsvertrages thematisiert, umso unerlässlicher, um gerade die vom ORF vermeintlich angestrebten Objektivitätsgebote zu erfüllen. Der ORF hat für ein "differenziertes Gesamtprogramm" Sorge zu tragen! Das ORF-Gesetz verpflichtet den ORF dazu, eine Sicherung der Objektivität, Berücksichtigung der Meinungsvielfalt und Ausgewogenheit der Programme (sic!) zu gewährleisten.

Wankelmütige Position des ORF


Warum fördert der ORF einen Film, den er später nicht einmal senden will? Thematik und Konzept des Filmes waren dem ORF, der eine Realisierung für förderungswürdig befunden hat, selbstverständlich bekannt. Eine Redaktion hatte vorab eine Förderempfehlung ausgesprochen sowie einen Sendeplatz zur Verfügung gestellt. Die Produktion des Filmes, der auch umfangreich ORF-Fernsehbeiträge verwendet, wurde von ORF-MitarbeiterInnen begleitet. Nach Fertigstellung des Films, erfolgte die technische und inhaltliche
Abnahme durch den ORF. Bis vor kurzem war "Artikel 7 - Unser Recht!" noch im Fernsehprogramm zu finden. Was hat zu der plötzlichen Streichung und Meinungsumkehr des ORF geführt? Haben alle bislang involvierten ORF-EntscheidungsträgerInnen bei ihrer Arbeit das ORF-Gesetz außer Acht gelassen und an grundsätzlichen Vorgaben für das ORF-Fernsehen vorbeigearbeitet? Beschließt der ORF nun plötzlich den Film "Artikel 7 - unser Recht!" tatsächlich nicht auszustrahlen, werden damit auch die vorangegangenen Entscheidungen zur ORF-Förderung von "Artikel 7 - unser Recht!" in Frage gestellt.

Die Ausblendung von den in "Artikel 7 - unser Recht!" thematisierten Brüchen des Staatsvertrages führt zu Verzerrung österreichischer Geschichte! Die IG BILDENDE KUNST fordert den ORF auf, den vom ORF mitfinanzierten Film umgehend wieder im Programm zu berücksichtigen und damit einen Beitrag zur Förderung von kritischer Auseinandersetzung mit Geschichte und Minderheitenpolitik zu leisten.

Mit freundlichen Grüßen,

Daniela Koweindl
f. d. IG BILDENDE KUNST

IG BILDENDE KUNST
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