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[ 26. Mar 2006 ]

Melilla: der dritte Zaun

melilla

Nach dem "Sturm der MigrantInnen auf Ceuta", 2005, verstärkt Spanien das technologische Abschottungssystem der südlichen Festungsfront Europas... "zum Schutz der MigrantInnen"

 

Die spanische Regierung präsentiert der dritten Grenzaun, der den Süd-Übergang der Festung Europa bei Melilla/Marokko noch stärker abschotten wird. Nachdem es im vergangenen Jahr dutzenden MigrantInnen gelungen war, den Grenzzaun bei Ceuta und Melilla zu überwinden, wird nun mit der Installation intensivierter Sicherheitsverstärkungen begonnen, die bis Juni diesen Jahres fertiggestellt sein sollen.

Mit schon Ekel erregendem Zynismus heisst es dazu seitens der spanischen Verantwortlichen: "Der dritte Zaun diene v.a. dazu, gefährliche Elemente zu entfernen, um bei MigrantInnen, die ev. dennoch versuchen werden, nach Europa vorzudringen, Verletzungen zu vermeiden." Vergessen scheint dabei, dass 2005 die festgenommenen mehrheitlich AfrikanerInnen ohne Wasser und Nahrung in der marokkanischen Wüste ausgesetzt worden waren. Als stellte eine deratig menschenrechtswidrige Behandlung keine direkte Verletzung der physischen und psychischen Unversehrtheit der Betroffenen dar.

Vergessen scheinen auch die richtungsweisenden Worte, wie etwa die Peter Struck´s (Anm.: ehem. dt. Verteidigungsminister) : "Vor dem Hintegrund des "Sturmes auf Ceuta" und mit Blick auf weltweite militärische Operationen, gilt es deutsche und europäische Operationen genauer zu definieren: Massenfluchten können relevant werden für die Stabilität Europas. Deshalb ist in Afrika künftig ein stärkeres militärisches Engagement notwendig, um auseinanderfallende Staaten zu stabilisieren und Massenfluchten zu verhindern." Im Militärjargon heisst das Containment und Vorfeldverteidigung, die wenig mit der Sorge um die Unverletzbarkeit der MigrantInnen zu tun haben dürften.

DER DRITTE ZAUN

Der sogenannte dritte Zaun mit dessen Einbau bereits begonnen wurde, besteht aus mehreren Hightech-Komponenten, welche die Überwindung des Grenzwalls in zeitlicher Hinsicht erschweren und damit letztlich unmöglich machen sollen.

Der Regierungsabgesandte in Melilla, José Fernández Chacón, präsentierte, während einer Grenzwallbaustelleninspektion, Journalisten den laufenden Ausbau des Zaunes, der ca. 20 Millionen Euro kosten wird. Es handelt sich um ein weltweit einzigartiges System, für das sich bereits die USA interessieren, um ihr Abschottungssystem an den Grenzübergängen nach Mexiko zu perfektionieren. Der Wall erstreckt sich über 10 km Länge des Grenzgebietes, von Aguadú bis zu den südlichen Dämmen. Im Juni soll die Installation fertig sein und im August die technologische Inbetriebnahme möglich werden. Ca. 1200 km Kabel werden Cádiz und Lérida "verbinden".

Unter dem Vorwand des "Schutzes der MigrantInnen", sollen primär verletzende Elemente des Grenzwalles entfernt werden, dazu, so im allgemeinen Tenor der "Humanität" auch der Verantwortliche der entsprechenden Intstallationsfirma, César Sayen, werden u.a. die Stacheldrahtspiralen und Bandeisen entfernt.

Der dritte Zaun neigt sich nun in einem Winkel von 10 Grad Richtung Marokko, um den MigrantInnen "die Gefahr eines Absturzes zu ersparen", bzw. um ihnen die Ersteigung zu erschweren. Bei einer Belastung durch Personengewichte, spannen die Kabel sich automatisch und verhindern somit, dass jemand die Gänge zwischen den beiden ersten Zäunen durchqueren kann oder die Elemente erreichen, die zur Überwindung des dritten benutzt werden müssten. Auf diese Weise entsteht ein zeitlicher Spielraum, der es den staatlichen Sichrheitskräften ermöglicht, in der Zone zu intervenieren. Die Installationsfirma hat eigens in diesem Sinne Test mit Alpinisten vorgenommen, die das Sicherheitssystem getestet haben: Die Verletzungsgefahr sei zufriedenstellend und die Dauer zur Überwindung der Hindernisse betrage 15 Minuten.

Diese Massnahmen werden ergänzt von einer Zeitalarmanlage die einsetzt, sobald jemand sich im nahen Umkreis ausserhalb des Walls aufhält und von einer Druckanlage, die Pfefferwasser versprüht, um den "Angreifenden" die Sicht zu nehmen; "das ist nicht verletzend, aber erschwert den Migranten etwas die Sicht", so die "Designer" dieser Ab-Art-igkeit. Wird die äussere Alarmanlage in Funktion gesetzt, entzünden sich zusätzlich alle 125 Meter grelle Lichtpunkte, die Irritationen bewirken und bei Nacht zudem eine totale Verengung der Pupillen verursachen.

"Was die technologischen Systeme anbetrifft, so der Direktor des "Projektes", Francisco Vázquez, werden Radaranlagen an sämtlichen Türmen des Territoriums installiert, die es der Guradia Civil ermöglichen, wahrzunehmen wenn jemand sich im Umkreis von 2 km dem Grenzwall vom Inneren Marokkos her nähert. Das System erlaubt es unter jeden klimatischen Bedingungen "zu arbeiten" und beinhaltet mehrere Kameras, die sich sofort auf den jeweiligen Bewegungspunkt richten. Dadurch kann sofort ausgemacht werden, ob es sich um eine Annäherung von MigrantInnen, Fahrzeugen oder Tieren handelt."

Für den Delegierten der Regierung ist das System eine "Arbeit von symbolischer Tragweite", die den "klaren Kompromiss" der Exekutiven zur Sicherheit und Unverletzlichkeit des Territoriums manifestiert. Chacón wiederholte, dass die marokkanische Armee, die Spanien zu dieser Arbeit beglückwünschte, die Beobachtung in der Aussenzone der Grenze aufrechterhalten wird und unterstrich, "dass es nichts gibt, was den Kompromiss zwischen der marokkanischen und der spanischen Regierung in Zweifel stellen würde".

Unbestreitbar ist es für das "Tourismusunternehmen spanischer Staat" von Vorteil, wenn keine Nachrichten über verletzte "Grenzgänger" mehr erscheinen (es genügen ja schon wirklich die zu Hunderten Ertrinkenden vor der kanarischen Küste). Innovativer ist es da schon, wenn Hunger, Krankheiten und Massenverelendung und das menschenunwürdige "Schicksal" tausender MigrantInnen in den Auffanglagern der Herkunftsländer nicht etwa als Verletzung von Menschen in europäischen Schlagzeilen Furore machen. "Vamos a la playa" - Wollen wir das wirklich ??!!

Quelle: de.indymedia.org, 25.03.2006