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[ 02. Dec 2006 ]

Neues Fremdenrecht verstärkt Gewalt gegen Migrantinnen

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Die Abhängigkeit von Gewalttätern steigt durch die Angst vor Verlust des Aufenthaltstitels dramatisch. Die MigrantInnenorganisation maiz fordert sofortige Initiative zum Stopp von gesetzesbedingter Gewalt an Migrantinnen.

 

Seit Inkrafttreten des neuen Fremdenrechtsgesetzes (1.1.2006) sind Migrantinnen verstärkt von Gewalt betroffen und müssen mit dem Verlust ihres Aufenthaltstitels rechnen, wenn sie Gewaltbeziehungen beenden wollen.

"In der täglichen Beratungsarbeit verzeichnen wird einen deutlichen Anstieg von Abhängigkeit und damit Gewaltbetroffenheit von Migrantinnen", so Luzenir Caixeta von der Migrantinnenorganisation maiz.

Insbesonders im Fall von häuslicher Gewalt darf der Aufenthaltstitel von Frauen nicht länger von aufrechter Ehe bzw. dem Aufenthaltstitel des Mannes und dem verfügbaren eigenen Einkommen und Wohnsitz abhängig bleiben. Die Abhängigkeit von den Tätern, die keinerlei Eingreifen zu befürchten haben, steigt dramatisch. Aus Angst vor Verlust des Aufenthaltstitels und oft dem damit verbundenen Verlust der Kinder, werden Maßnahmen gegen Gewalttäter für die betroffenen Frauen zur Gradwanderung und bleiben verschwiegen.

Anlässlich des internationalen Tages zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen fordert maiz daher sofortige Initiativen zum Stopp von gesetzesbedingter Gewalt gegen Frauen.

Ein von maiz verfasstes Schreiben mit entsprechenden Vorschlägen hinsichtlich verbesserter Aufenthaltsregelungen für von Gewalt betroffenen Migrantinnen erging in diesen Tagen ans zuständige Innenministerium.


Verlust des Aufenthaltstitels bei Scheidung von Gewalttätern


Migrantinnen, die von Gewalttätigkeiten ihrer österreichischen Ehemänner betroffen sind, müssen mit dem Verlust ihres Aufenthaltstitels rechnen, wenn sie die Gewaltbeziehungen beenden wollen.

Ihr Aufenthaltsrecht ist an eine "aufrechte Ehe" und den "Willen" des Ehemannes geknüpft, durch eine Scheidung, auch wenn diese aufgrund von Gewaltverhältnissen in der Ehe eingeleitet wird, verlieren Frauen ihr Aufenthaltsrecht, wenn sie die allgemeinen Voraussetzungen, insbesondere ein ausreichendes Einkommen und einen eigenen Wohnsitz (Frauenhaus gilt nicht als Wohnsitz), nicht selber erfüllen können.


Diskriminierung am Arbeitsmarkt verstärkt Abhängigkeiten


Da Migrantinnen in Österreich unabhängig von ihrer Qualifizierung in der Regel nur prekäre Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich, und damit im Niedrigstlohnsektor zur Verfügung stehen, verfügen die meisten, von Gewalt in der Ehe betroffenen Frauen, nicht über das vorgeschriebene Mindesteinkommen oder müssen ausbeuterische Arbeitsverhältnisse -- und damit wiederum Gewalt, etwa in Form von Mobbing und Sexismus - akzeptieren, um dieses Einkommen zu erzielen.


Verstärkte Abhängigkeit auch bei Familienzusammenführung von
Drittstaatsangehörigen


Schwierig ist nach wie vor die Situation für Migrantinnen aus Drittstaaten, die aufgrund von Familienzusammenführung nach Österreich kommen und in totaler Abhängigkeit von ihrem Mann leben: Ihr Aufenthaltsrecht ist an das seine geknüpft. Verliert er das Aufenthaltsrecht -- etwa weil er eine strafbare Handlung begangen hat, also auch bei Gewalttätigkeit in der Familie -- ist das Gesetz so unklar formuliert und unersichtlich, dass es somit der Willkür der Behörde überlassen wird, ob die Frau und die Kinder das Aufenthaltrecht auch verlieren oder nicht. Durch Verlust der Angehörigeneigenschaft, d.h. auch durch eine Scheidung, können Frauen ihr Aufenthaltsrecht verlieren.

Verstärkt wird die Abhängigkeit der Frauen auch noch dadurch, dass sie keinen unbeschränkten Arbeitsmarktzugang haben und Beschäftigungsbewilligungen nicht leicht zu erhalten sind, weshalb die Möglichkeit einer legalen Erwerbstätigkeit praktisch Null ist.

Artikel aus malmoe, Dez. 2006