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[ 06. May 2007 ]

Spanien: Gegen Prekarisierung und Rassismus

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Das Kollektiv 'Queda la Palabra', das sich für die in einer Fischhalle in Mauretanien festgehaltenen Flüchtlinge einsetzt ruft zu einer europaweiten, unbefristeten Aktion gegen Prekärisierung und die rassistische Grenzabschottungspolitik der EU auf. Zeit gemeinsam zu kämpfen, Zeit für Rebelldias: alltägliche Rebellion ...

 

Aufruf zu einer zeitlich unbestimmten, friedlichen und Forderungen stellenden Aktion der Armen, Ausgeschlossenen, Obdachlosen und Rechtelosen



- MANIFEST ZUR ERFÜLLUNG DER PERSONENRECHTE -

Eine Gruppe von Personen in prekärer Situation, Obdachlosen oder Menschen ohne würdigen Wohnraum, hat gemeinsam mit Ausgeschlossenen und Marginalisierten bei verschiedenen Versammlungen (Asambleas) in den Strassen beschlossen, ab Montag dem 07. Mai eine unbefristete, Forderungen stellende und pazifistische Aktion zu starten. Wir werden nachts auf der Strasse schlafen, im Freien oder unter einer Überdachung aus grossem Karton, der wie ein Kühlschrank aussehen und mit Forderungen beschriftet sein wird ... in Gruppen von nicht mehr als 19 Personen (da 20 als eine Konzentration geahndet werden können) ... in der Nähe der Eingänge der wichtigsten, öffentlichen Institutionen ... begonnen auf dem Platz gegenüber dem Abgeordnetenkongress in Madrid.

Wir werden diese Aktion auch nicht aufgeben, wenn eine polizeiliche Repression (eindeutig von den PolitikerInnen verfügt und geleitet) erfolgt, sondern angesichts von Gesetzen die im Widerspruch zur Universellen Menschenrechtserklärung stehen, das Recht auf zivilen Ungehorsam fordern (wie z.B. klandestine aber legitime Versammlungen der "sin papeles"/"Papierlosen", die Verweigerung der Stimmabgabe bei Wahlen als Protestform, Einwandserhebung in fiskalischer Form/Verweigerung von Steuerzahlungen ...). als pazifistische Waffe gegen ein mehrheitlich korruptes und unwürdiges System und um den Triumph der Politik, die Europa und Spanien gegen die in Armut lebenden Menschen praktizieren zu verhindern; damit diese Politik geändert wird.

Wir werden mit dieser und anderen, immer friedlichen Aktionen nicht eher aufhören, bis der Regierungspräsident uns empfängt, uns zuhört und sein Regierungsteam wirksamere Mechanismen zur Erfüllung seiner verfassungsgemässen Verpflichtungen auf den Weg bringt, unter Berücksichtigung der FORDERUNGEN nach:

1. Erleichtertem Zugang zu Wohungen; strafrechtliche Verfolgung der Spekulationen der korrupten Unternehmer und bodenfressenden Aasgeier sowie die Förderung von Sozialwohnungen auf kostenfreiem Boden für alle Prekären und Obdachlosen.

2. Tägliche Essensausgabe für alle prekären und obdachlosen Personen (in Madrid ist es schon Gewohnheit, Menschen in Mülleimern nach Essen suchen zu sehen).

3. Die Schaffung würdiger Arbeit für alle Prekären und Ausgeschlossenen (insbesondere der ArbeitsmigrantInnen oder sin papeles).

4. Die Ermöglichung von Gesundheitsversorgung an den Aufenthaltsorten der prekären und obdachlosen Personen; insbesondere für AlhoholikerInnen, Drogenabhängige und Aids-Kranke (in Madrid selbst gibt es mehrere Siedlungen von Drogenabhängigen und von chabolas/ Unterkünfte aus Plastikplanen oder Karton wo manche ohne jede Hilfe der öffentlichen Gesundheitsfürsorge auf der Strasse sterben).

5. Die unverzügliche und bedingungslose Regulierung für alle Personen die sich im Staat bewegen (Papiere für @lle; kein Mensch ist illegal: verfassungswidrig und illegal ist allein das AusländerInnengesetz).

6. Keine Kriminalisierung der ArbeitsmigrantInnen die kein Delikt begangen haben; die Anwendung des im Art. 13.-1 der Universellen Menschenrechtserklärung anerkannten Rechts auf Bewegungsfreiheit, das von unserer Verfassung akzeptiert und anerkannt wird.

7. Die sofortige Einstellung der spanischen und europäischen Grenzabschottungspolitik, mit der die verarmten, afrikanischen Staaten bestochen und in Unterverträge genommen werden, damit sie zur Nichteinhaltung der Menschenrechte bereit sind, ohne dass die Verantwortung Europas augenfällig wird. Die Schliessung sämtlicher Internierungslager "für" AusländerInnen (der kleinen spanischen und europäischen "Guantánamos").

8. Die Visualisierung der minoritären Comunities (der Schwarzen, der ZigeunerInnen... bzw. hierzulande Sinti und Roma, obwohl es viel mehr Stämme gibt als nur diese beiden!), vor allem in diesem "Europäischen Jahr der Chancengleichheit".

9. Dass verhindert wird, dass unsere multinationalen Konzerne den natürlichen Reichtum / die Bodenschätze etc. der verarmten Länder ausbeuten und sich aneignen; Länder deren wirtschaftliche Situation durch uns und aufgezwungene, diktatorische Regierungen, die von Spanien und Europa durch den Verkauf von Waffen und mit zu sonstigen Transaktionen beauftragten Komissionen, verursacht ist. Diese Länder stellen die grösste Zahl von MigrantInnen, aus ökonomischen und ideologischen Gründen und aufgrund von Konflikten. Die Einstellung des Waffenhandels, insbesondere mit diesen nicht demokratischen Ländern und dass stattdessen die realen Hilfeleistungen für diese verarmten Menschen maximiert werden, als Begleichung einer historischen Schuld für diese ganze Ausplünderung und Ausbeutung (insbesondere in Afrika und Lateinamerika).

10. Das Vorwärtsbringen des legitimen Rechts eines Volkes auf Selbstbestimmung und die Fortsetzung des Dialogs ohne Repression, Gewalt oder Folter (Staatsterrorismus) und die Begünstigung politischer Abkommen, für ein Ende der Gewalt bei jeder sozialen Demonstration. (Anmkg.: gemeint ist hier der baskische sog. Friedensprozess).

11. Die unverzügliche Änderung des Gesetzes über Vereinigungen/ Ley de Asociaciones, zur Rückgewinnung einer tatsächlich sozialen und unabhängigen Bewegung, indem nicht gestattet wird, dass die Mitarbeiter der Assoziationen in den Direktionsausschüssen sitzen noch in deren Versammlungen, da diese auf freiwilliger Ebene formiert werden müssen sowie die umfassende Überwachung der Subventionen, damit diese nicht wie aktuell mehrheitlich für Gehälter oder Diäten verwandt werden und nur zu einem geringen Teil an Ausgaben für Unterhalt, wie die Anmietung eines Lokals, sondern ausschliesslich den Betroffenen, Prekären und Obdachlosen zugeführt werden.

12. Dass die 23 Arbeitsmigranten die illegal von der spanischen Regierung in einer Fischhalle in Mauretanien festgehalten werden und die misshandelt wurden, weil sie eine "freiwillige" Rückführung ablehnten, unverzüglich nach Spanien gebracht werden. Die Berücksichtung der persönlichen Forderungen jeder einzelnen dieser Personen, welche die Ungerechtigkeit erleiden, die aus den öffentlichen Versammlumngen seitens der Verwaltungs,- oder rechtlichen Autorität die die Kompetenz besitzt, hervorgeht.


Wir wünschen uns, dass alle Personen die sich mit diesen Forderungen identifizieren, gleich ob Ihr selbst prekär seid oder sensibilisiert für unsere Situation, sich diesen Protesten in Madrid oder an irgendeinem anderen Ort im Staat (Spanien) oder Europas anschliessen.

Wir wollen auf schlagkräftige und überzeugende Weise angehen, gegen die Antipersonenpolitik die Europa und Spanien in ständig wachsendem Gegensatz zu den "Rechten der Strasse", der Obdachlosen und der ImmigrantInnen ausübt; gegen uns, die wir ernsthafte Schwierigkeiten haben, zu überleben; gegen die Jugendlichen, die keinen Zugang zu einem würdigen Leben haben; gegen die einfachen ArbeiterInnen oder ausländischen Opfer von Arbeitsmissbrauch verschiedentlicher Art; gegen uns, die wir jahrelang darum ersuchten, dass die Justiz uns Gehör schenkt; gegen uns, die wir aufgrund von Rasse, Religion, Hautfarbe oder der Zugehörigkeit zu Kollektiven, die die Gerechtigkeit verteidigen, marginalisiert werden.

Wir sind davon überzeugt, dass wenn wir nicht JETZT Forderungen erheben, die Situation später noch viel schlimmer sein wird, da die sozialen Unterschiede sich verschärfen. Wir kämpfen nicht gegen die Armut, wir kämpfen gegen den ungerechten Reichtum; gegen die Reichen die das Kapital der Ausbeutung anhäufen und die uns, die wir wenig brauchen, um glücklich zu leben, berauben, bedrohen, foltern und ermorden.

Als andere Aktion um Druck zu machen, schlagen wir Euch vor, bei den nächsten Wahlen den Mehrheitsparteien (in Spanien: PSOE, PP, IU ...) als Protest gegen Handlungsweisen der Unfähgkeit, Korruption, Falschheit, Habsucht, Machtmissbrauch oder wegen ihrer Blindheit und Fühllosigkeit gegenüber den Verletzungen der Menschenrechte, zum grössten Teil seitens der politischen Klasse, die aktuell Spanien regiert, keine Stimmen zu geben. Hauptsächlich damit die politischen Parteien mit Repräsentation im Kongress, dem Senat, den Autonomien und Gemeinden zur Kenntnis nehmen, dass das, was wir fordern, die Respektierung der Universellen Menschenrechtserklärung und der spanischen Verfassung, inbesondere in ihrer Präambel und in Titel I ist.

ÖFFENTLICHE VERSAMMLUNGEN VON PREKÄRISIERTEN,- AUSGESCHLOSSENEN,- OBDACH,- und RECHTELOSEN PERSONEN

ASAMBLEAS POPULARES DE PERSONAS PRECARIZADAS, EXCLUIDAS, SIN TECHO Y SIN DERECHO

Kontakt: +34 600 85 16 33 (Luis/Andrea/Jesús )
Kollektiv Queda la Palabra:
http://www.egrupos.net/grupo/quedalapalabra
quedalapalabra (at) gmail.com

Das spanische Kollektiv lehnt sich auch an die Initiative der "Kinder Don Quijotes" - "Les enfants de Don Quixotte" an, die mit der Mobilisierung von 11.000 EinwohnerInnen in Paris erreichten, dass in Frankreich ab 2012 das Recht auf Wohnung juristisch einklagbar sein wird. In hundert Städten waren Camps in Solidarität mit Obdachlosen errichtet worden. Natürlich gibt es real Empfindenden zu denken, weshalb das Gesetz für so dringend benötigten Wohnraum und die Beendigung des akuten Leidens der 934.000 in Frankreich auf der Strasse lebenden Menschen erst in fünf Jahren greifen soll, aber es gilt eben, wie immer: Wann, wenn nicht jetzt!!! Und die Migrationspolitik Spaniens als Südgrenze der EU ist mitnichten ein nationalstaatliches Problem. KEIN Mensch ist illegal, NIRGENDWO.

Übersetzung des Aufrufs: tierr@

Wer kein Spanisch kann, aber Interesse an Vernetzung und koordinierten Aktionen hat, kann in Deutsch kommunizieren, auch und gerade auf lange Sicht, über: tierra (at) gmx.net