Im Zuge der Opernballdemo wurden mindestens fünf Personen festgenommen. Um ca. 22.00 Uhr wurden bei einer KünstlerInnenaktion gegen die schwarz-blaue Regierung der Schauspieler Hubsi Kramer und Peter Siegel festgenommen. Vorgeworfen wird ihnen "nationalsozialistische Wiederbetätigung". Die beiden wurden noch in der Nacht auf den 3.3. freigelassen.
Um ca. 23.00 Uhr wurde ein Fotograf von behelmten Zivilpolizisten angegriffen, daraufhin flüchtete er sich in ein Lokal in Opernnähe. Er hatte Polizisten, die auf einen Demonstranten einschlugen, fotografiert. Seine Kamera wurde von den amtshandelnde Polizisten zersTürt. Die anwesenden Gäste konnten die Festnahme verhindern.
Um ca. 23.50 Uhr wurde eine weitere Person auf dem Nachhauseweg am Burgring von Zivilpolizisten festgenommen. Nach Zeugenaussagen kam es zu schweren Übergriffen seitens der Polizei. Die Festgenommene wurde von Beamten gegen eine Mauer geschleudert und geschlagen.
Um ca. 0.30 kam es zu einem weiteren Polizeieinsatz in der Schwarzenbergstrasse. An diesem Einsatz waren vermummte Beamte beteiligt. Vier Personen wurden mit vorgehaltener Waffe (Pistole) aus einem Taxi gezerrt, zwei von ihnen wurden festgenommen.
Obwohl alle Festnahmen im 1. Bezirk erfolgten, wurden drei der Festgenommenen in das Polizeikommissariat im 16. Bezirk gebracht. Der Rechtshilfe war es nur unter großen Schwierigkeiten möglich, diesen Aufenthaltsort der Festgenommenen in Erfahrung zu bringen, alle weiteren Auskünfte werden von der Polizei (und dem Landesgericht) nach wie vor verweigert, und zwar nicht nur der Rechtshilfe, sondern auch dem Anwalt der Festgenommenen, der ab dem 3.3. morgens intervenierte.
Die drei befinden sich derzeit im landesgerichtlichen Gefangenenhaus, vorgeworfen wird ihnen (angeblich) "Widerstand gegen die Staatsegwalt", "Sachbeschädigung", "Landfriedensbruch" etc.
Diese Festnahmen sind nicht die ersten seit Beginn der Proteste gegen die schwarz-blaue Regierung. Am 19.2. wurden vier Personen festgenommen und viel mehr polizeilich mißhandelt. Mehr als 150 Personen wurden perlustriert.
Auffällig ist, daß die gezielten Polizeieinsätze nicht während und in den Demonstrationen stattfinden, sondern während und in den Demonstrationen stattfinden, sondern vorher und nachher. Sie richten sich gegen bestimmte Zielgruppen, am 19.2. beispielsweise "jugendliche" Männer, vorzugsweise aus dem Ausland. AuffÀllig ist weiters, daß die Vorgehensweise bei Personalienkontrollen und Festnahmen immer die gleiche ist: die Betroffenen werden gezwungen, sich an die Wand zu stellen und die Beine zu spreizen wie in amerikanischen B-Movies., häufig begleitet von Schlägen und Beschimpfungen. Das ist uns ein Hinweis darauf, daß es sich keinesfalls um "Übergriffe schwarzer Schafe" handelt, sondern um abgesprochenes gezieltes Vorgehen.
Ein weiterer Hinweis darauf ist die Aussage des Innenministers Strasser, in der er das Vorgehen der Polizei bei der Demonstration am 19.2. ausdrücklich gelobt hat. Die Wiener Polizei treibt also ein doppeltes Spiel: Während die oben genannten Polizeieinsätze stattfanden, sprach Einsatzleiter Schnabl im ORF über den "gelungenen, friedlichen Polizeieinsatz".
Der ORF beteiligt sich an dieser Strategie, im Mittagsjournal vom 3.3. beispielsweise spricht er von den drei Festgenommenen als "gewaltbereite, linksradikales Potential in Wien" - andere Medien stehen dem ORF in nichts nach.
"Linksradikal" ist, scheint es, gleich "gewaltbereit" gleich "gewalttätig" und gehört festgenommen. Hierbei geht es nicht um Festnahmen wegen konkreter, strafrechtlich relevanter Vorfälle, sondern um die Verfolgung von Linken. Das zeigt sich auch daran, daß immer wieder FlugblattverteilerInnen von Zivilpolizisten belÀstigt werden, die ihnen auch die Flugblätter wegnehmen wollten.
Aber auch nicht organisierte Menschen werden von der Polizei schikaniert. So wurde ein Auto mit Leuten, die von einer Demonstration heimfuhren, gestoppt. Alle Personen wurden perlustriert und ihre Personalien aufgenommen.
Trotz und wegen dieser Erfahrungen ist umso notwendiger, weiterhin zu protestieren und Widerstand zu leisten. Die breiten Proteste sollen durch die Erfassung, EinschÃŒchterung (über Übergriffe und Mobbing) und Kriminalisierung geschwÀcht werden.
Deshalb dürfen wir uns nicht vereinzeln lassen:
Kommt nicht allein, sondern in Gruppen, geht geschlossen wieder von der Demo weg!
Anzeigen, Übergriffe etc. dürfen nicht totgeschwiegen werden, wir müssen sie öffentlich machen!
Wir müssen uns gegenseitig beim Umgang mit der Repression helfen:
Darüber, daß wir untereinander darüber sprechen! - Darüber, daß die Rechtshilfe informiert wird, die Übergriffe zueinander in Bezug setzen und veröffentlichen kann!
Die Gefangenen dürfen nicht allein gelassen werden - führen wir die Demonstrationen am Landesgericht vorbei!
Wenn ihr von der Polizei belÀstgigt werdet (Anzeigen können auch erst später erfolgen) - meldet euch gleich bei der Rechtshilfe!
Sofortige Freilassung aller Gefangenen! Sofortige Einstellung aller Verfahren!
Rechtshilfe Wien - die Rechtshilfe ist während jeder Demonstration unter der Nummer 535 91 09 erreichbar.
Presseerklärung der Rechtshilfe Wien zu den Festnahmen im Zuge der Opernballdemonstration
[zurück]
Im Zuge der Opernballdemonstration am 2. März 2000 wurden 5 Personen festgenommen. Um ca. 22.00 Uhr wurde im Zuge einer KünstlerInnenaktion gegen die schwarz-blaue Regierung der Schauspieler Hubsi Kramer und Peter Siegel festgenommen.
Um 23.00 Uhr wurde ein Fotograf von behelmten Zivilpolizisten in ein Lokal in Opernnähe gezerrt. Seine Kamera wurde von den amtshandelnden Polizisten zersTürt. Die anwesenden Gäste konnten die Festnahme verhindern.
Um ca. 23.55 Uhr wurde eine weitere Person auf dem Nachhauseweg auf dem Burgring von Zivilpolizisten festgenommen. An dem Einsatz waren sowohl Zivilpolizisten als auch uniformierte Polizisten beteiligt. Nach ZeugInnenaussagen kam es zu schweren Übergriffen seitens der Polizei. Die Festgenommene wurde von den Beamten gegen eine Mauer geschleudert und geschlagen.
Um ca. 0.30 Uhr kam es zu einem weiteren Einsatz der Polizei in der Schwarzenberstrasse Ecke Mahlergasse im 1. Bezirk. An diesem Einsatz waren vermummte Beamte beteiligt. 4 Personen wurden unter vorgehaltener Waffe aus einem Taxi gezerrt, 2 von diesen Personen wurden in weiterer Folge der Amtshandlung festgenommen. Obwohl alle Festnahmen im 1. Bezirk erfolgten, wurden 3 der Festgenommenen in das Polizeikommissariat im 16. Bezirk gebracht.
BeobachterInnen der Festnahmen, daruter ein Bezirksrat und JournalistInnen, wurden jegliche Informationen über den Grund der Amtshandlung und den weiteren Verbleib der Festgenommenen verweigert.
Unter größten Schwierigkeiten war es der Rechtshilfe möglich den Aufenthaltsort der Festgenommenen zu erfragen. Alle weiteren Auskünfte verweigert die Polizei.
Die Wiener Polizei treibt ein doppeltes Spiel: Während die obengenannten Polizeieinsätze stattfanden, sprach Einsatzleider Schnabl in ZIB 3 über den gelungenen friedlichen Polizeieinsatz.
Wir protestieren aufs schärfste gegen die Vorgangsweise der Polizei und fordern die sofortige Freilassung aller Festgenommenen und die Einstellung der Verfahren.
Rechtshilfe Wien, 3. März 2000