Presse- erklärung zu Selbstmorden in Hamburger Abschiebehaft und Aufruf zur Demonstration am 24. April 2010 in Hamburg.
Presseerklärung vom 21. April 2010
Am 16.4.2010 starb erneut ein Mensch in Hamburger Abschiebehaft. Die 34jährige Yeni erhängte sich mit einem Gürtel in der JVA Hahnöfersand. Sie war seit dem 23.Februar 2010 inhaftiert, angeblich wegen "Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz". Vermutlich hielt sie sich ohne gültige Papiere in Hamburg auf. Dies ist in den Augen der Hamburger Behörden ein Verbrechen.
Yeni hat nichts anderes gemacht als sich das für deutsche PassbesitzerInnen selbstverständliche Recht auf Bewegungsfreiheit zu nehmen. Aber sie hatte Schlimmeres zu erleiden als das Warten deutscher TouristInnen auf europäischen Flughäfen, das z.Zt. die Medien füllt. Vermutlich hat sie, wie so viele andere MigrantInnen auch, hart und für zu wenig Lohn gearbeitet, wurde von Männern ausgebeutet und betrogen (laut Presse wurde sie "in einer Modelwohnung aufgegriffen", reiste "seit 1994 mehrfach mit verschiedenen Identitäten ein und war mit drei Deutschen verheiratet"). Seit fast zwei Monaten war sie in Untersuchungs- und dann in Abschiebehaft. Ihr Verbrechen war es, sich ein selbstbestimmtes Leben zu wünschen, in dem sie selbst entscheidet, wo sie lebt - nicht die Behörden.
Bereits am 7.März 2010 nahm sich David, ein junger Flüchtling, ebenfalls in Hamburger Abschiebehaft das Leben. Ihm drohte eine Abschiebung gemäß der europäischen Dublin II Verordnung, weil er über Polen eingereist war - deshalb wurde es ihm hier verweigert, einen Asylantrag zu stellen.
Die Hamburger Regierung aus CDU und GAL hatte genügend Zeit, Konsequenzen aus dem Tod von David zu ziehen. Sie hätte somit den Selbstmord von Yeni verhindern können. Falls sie ihre rigide Abschiebepolitik nicht ändert, wird sie auch weiterhin die Verantwortung dafür tragen, wenn sich erneut Menschen in Haft aus Angst vor Abschiebung das Leben nehmen sollten. Das haben in den vergangenen 10 Jahren 23 Abschiebehäftlinge versucht.
Nach dem Suizid von Yeni bekräftigte der innenpolitische Sprecher der CDU, Kai Voet van Vormizeele, die Notwendigkeit "verbindlicher Maßnahmen in der Abschiebung" und erklärte, es sei nicht "akzeptabel, dass Menschen nur noch den Ausweg des Selbstmords sehen. Dies muss durch geeignete Maßnahmen verhindert werden." Das heißt: Noch mehr Abschiebehaft, Überwachung und Kontrolle statt Freiheit für die Inhaftierten.
Der verantwortliche Justizsenator Till Steffen (GAL) äußerte lauthals: "Der Selbstmord von Yeni P. hat mich tief getroffen". Dabei trägt seine Partei die Abschiebepolitik seit Jahren mit. Die GAL kündigte jetzt lediglich an, einen Runden Tisch einzurichten, um über "aktuelle Fragen rund um die Abschiebepraxis" zu reden. Aber statt zu reden, müssen endlich Konsequenzen gezogen werden:
- Sofortige Abschaffung der Abschiebehaft und Freilassung der Inhaftierten!
- Rücktritt der verantwortlichen Senatoren Ahlhaus und Steffen!
- Schluss mit der rassistischen Ausgrenzungs- und Abschiebepolitik gegen Flüchtlinge
und MigrantInnen!
- Bewegungsfreiheit, Bleiberecht und gleiche Rechte für alle!
Abschlusskundgebung: 21.30 Uhr Achidi-John-Platz (Schulterblatt)
Es rufen auf: Flüchtlingsrat Hamburg | Avanti-Projekt undogmatische Linke | kein Mensch ist illegal | VVN.BdA Hamburg | Libertäre Harburg | Cafe Exil | anti(ra)²dio | AntiraKneipe | A.R.K! -AntiRassistische Kultur I Hamburger Arbeitskreis Asyl e.V. | attac Hamburg | amiga - antimilitaristische FrauenLesbenGruppe Hamburg I GEW-Bleiberechtsausschuss | GEW-Studis I Gewerkschaftliche Hochschulgruppe Hamburg | DIE LINKE - Bürgerschaftsfraktion I DIE LINKE - AG Migration und Flucht | Projekt Revolutionäre Perspektive (PRP) I S.E.N.G. Hamburg | Revolution-Hamburg | Bürengruppe Paderborn